Zu sagen, wie lange ich hier schon liege, ist für mich unmöglich. Es könnten Tage, Wochen, Monate oder auch Jahre sein, ich weiß es nicht. In Wirklichkeit sind es wahrscheinlich nur ein paar Stunden, doch diese fühlen sich so endlos an, wie die immer größer werdende Leere in mir selbst.
Es tut weh. Sehr weh. Er ist rücksichtslos und achtet nicht auf mich, packt mich überall an und reißt mir an den Haaren, in der Hoffnung, dass es mir gefällt. Das tut es mit Sicherheit nicht.
Als er fertig ist, lässt er mich fallen. Meinen schmutzigen, gebrauchten Körper, den er nicht mehr benötigt. Ich gebe keinen Mucks von mir, aus Angst, dass er noch auf schlimmere Ideen kommt und noch weiter macht. Tränen rollen mir weiterhin über meine Wangen. Ich will sie mit meinen zitternden Händen wegwischen, doch ich habe nicht die Kraft, mich irgendwie zu bewegen. So wird meine Sicht immer verschwommener, bis ich nur noch Fetzten von Farbe und Formen sehe.
Ich höre, wie er sich die Hose wieder hoch zieht. Befriedigt und ohne Reue lässt er mich alleine zurück. Langsam höre ich auf zu weinen, habe keine Tränen mehr zur Verfügung. Mir ist kalt, ich ziehe meine Knie an die Brust und rolle mich auf dem Sofa zusammen, suche Schutz vor dem kühlen Windhauch, der durch ein offenes Fenster pustet.
An den dreckigen Fenstern im Raum stehen schon seit längerem Männer, die alles mit angesehen haben. Wenn man schon selbst nicht kann, dann kann man es sich wenigstens anschauen, denke ich mir und versuche das Pfeifen, Klopfen und Rufen auszublenden.
Noch mehr als sonst muss ich hier raus, sage ich mir und setzte mich langsam auf, hebe meine Kleidung vom Boden auf, um den gierigen Augen nicht noch mehr Haut zu zeigen. Es ist gruselig hier zu sein. Während es Nachmittag wird, werden die Schatten immer länger und ich fühle mich so alleine, wie noch nie zuvor.
Irgendwann kommt jedoch mein Überlebensinstinkt wieder hoch, sodass ich darüber nachdenke, was und warum alles passiert ist.
Vielleicht ist Mama und Papa ja irgendetwas zugestoßen, sodass sie mich jetzt nicht mehr beschützen können. Oder sie wissen noch gar nichts hier von. Oder sie haben das sogar veranlasst...
Ich verwerfe den Gedanken sofort wieder. Wer würde denn sein eigenes Kind, um das man sich an sich schon zu viele Sorgen machen, vergewaltigen lassen? Eben.
Ich stehe langsam auf und muss mich sofort wieder hinsetzen. Mein gesamtes Blut ist in die Füße geflossen und mir ist schwindelig, sodass ich fast vom Sofa falle. Einige Augenblicke sehe und fühle ich nichts, hyperventiliere. Ruhig atmen, ruhig atmen, rede ich mir ein und versuche mich auf meinen Atem zu konzentrieren, der wieder regelmäßig wird und mich normal sehen lässt.
Ich muss hier weg. Schon wieder dieser eine Satz. Finde ich denn nirgends ruhe und kann dort blieben? Zwar kann ich hier bleiben und mich benutzen lassen, ich kann aber auch eine Flucht wagen, zurück nach Deutschland, dort zur Polizei und dann... Ja, und dann? Ich kann schlecht meine Eltern verraten, es sind immerhin meine Eltern, oder soll ich doch etwas sagen, nach all dem, was passiert ist? Bin ich hieran Schuld?
Mein zweiter Versuch mich aufzusetzen, war erfolgreicher, als der erste. Langsam mache ich mit zitternden Knien Schritte und gehe wankend zur Tür hin, die ich aufstoße.
Auf dem Flur herrscht Totenstille, nur ein paar Zimmer weiter ist ein, offensichtlich, wütendes und lautes Gespräch zu hören, dessen Fetzen jetzt auch zu mir hinüber kommen.
„Wieso musstest du das auch machen? Nur weil sie nicht rechtzeitig geliefert haben, muss man doch niemanden töten!", sagt eine Person lautstark.
„Es war doch nicht das erste Mal, dass etwas nicht dem richtigen Wert entsprach oder ein paar Nummern vertauscht wurden. Außerdem haben sie diese Rotzgöre mitgebracht. Was hat die hier zu suchen? Richtig, absolut gar nichts!", wird sie von einer anderen Person wütend unterbrochen.
Ich schleiche mich heraus und näher an die andere Tür. Was da gesagt wurde mag zwar für jede andere Person interessant sein, doch für mich könnte es die Antwort auf eine Menge Fragen sein.
„Das Beste wäre, wenn wir das Miststück nehmen, es über die Grenze bringen und in einem von unseren Geschäften unterbringen, es wäre zumindest ein jemand, den wir nicht bezahlen müssen. Zudem sind da sicher einige, die auf frisches Fleisch stehen.", sagt die erste Person wieder.
Schweigen. Ich kann förmlich sehen, wie die andere Person nachdenkt. Ich bin mir sicher, dass ich mit „Rotzgöre" und „Miststück" gemeint bin, ganz ohne Zweifel. Aber wer getötet werden musste, da bin ich mir nicht sicher, besser gesagt, habe ich nicht einmal eine Idee, wer gemeint sein könnte.
Ich erstarre zur Salzsäure, als mich jemand von hinten packt und mich in einer Sprache, die ich nicht verstehe, anschreit. Ich bin zu geschockt um mich irgendwie zu verteidigen, geschweige denn einen Fluchtversuch zu starten, sodass ich am Ende in einem schwarzen, fensterlosen Transporte lande, ohne zu wissen, wie ich dort überhaupt hingekommen bin. Ich meine mich vage zu erinnern, dass ein Bär von Mann mich in den Raum gezerrt hat und die sich beiden unterhaltenden Personen etwas befohlen haben, von dem ich nicht verstanden habe, was es war.
Und jetzt? Jetzt sitze ich wieder im Dunkeln mit ein paar anderen Frauen, die, wie ich, nur schweigend dasitzen, und fürchte mich vor dem, was kommen wird. Wir fahren über schlechten Untergrund, sodass ich in dem kaum gefederten Wagen ordentlich durch geschüttelt werde, bevor es für lange Zeit nur noch geradeaus geht.
An einer Raststelle bei Dämmerung lässt der Fahrer und kurz raus. Ich habe Mühe bei verknoteten Beine zu bewegen und es fühlt sich an, als würden tausend Stecknadeln auf einmal in meine Füße stechen. Ich trinke einen Schluck lauwarmes Wasser aus einer Flasche, die herum gereicht wird und setzte mich wieder in den Transporter zur Weiterfahrt. Keine von uns traut sich, wegzulaufen, denn der Fahrer, ein unangenehmer Kerl, hat ganz zu Anfang klar gemacht, dass jeder Versuch zu fliehen, unschön enden wird und dann die Waffe im Holster an seinem Gürtel gezeigt. Um ehrlich zu sein, bin ich mir sogar sicher, dass er sie verwenden wird, falls es tatsächlich jemand wagen sollte.
Ich muss weg gedämmert sein, denn ich werde von einer Frau geweckt, die mich sacht an den Schulter ruckelt. Ihr besorgter Blick scheint nichts gutes zu heißen und als sie sagt, dass wir das sind, verstehe ich, was sie meint;
Obwohl es Nacht ist, kann ich im Licht einer Straßenlaterne und bunten Neonschildern die Tanzclubstraße in Köln erkennen, vor der mich meine Eltern immer gewarnt haben.
Und wir sind wieder am eigentlichen und wichtigsten Handlungsort des Geschehens ;)
Ratet mal, wer sich nach einem Massachusetts-Vermont-New York-New Jersey-Pennsylvania-Maryland-D.C.-Trip sich so eine derbe Erkältung zugezogen hat, dass sein beiden Nasenlöcher beim Ausatmen sich wie eine Panflöte anhören? Genau, ich.
Deshalb gibt es ein neues Kapitel, denn in nicht weniger als einem Monat (bitte was?!) fängt der Stress des Medizinstudiums an, auf das ich mich aber unglaublich freue. Davor werde ich aber noch mit ein paar Freunden nach Harwich Port und Nantucket Island reisen, bevor es dann (endlich) nach Cambridge in Boston geht. Wie war euer Sommer bisher und was habt ihr noch vor? :)
Das nächste Kapitel (btw dann das 30te!!) wird hier hochgeladen werden, danach wird es dann aber bei meiner anderen Geschichte (Wenn nicht jetzt, wann dann?) weitergehen.
Liebe Grüße,
- mister nobody
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Sorgen (ASDS/Auf Streife - Die Spezialisten)
FanfictionNele ist 15 Jahre alt und ihre Eltern sorgen sich (zu) viel um sie. Sie steht ständig unter Beobachtung von ihnen und wird abhängig gemacht von ihnen... Durch einen Zufall lernt sie die Spezialisten kennen, die ihr Leben verändern werden... {medium...