Kapitel 24

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Die Sonne scheint mir ins Gesicht, sodass meine Augen nur noch mehr tränen. Ich halte weiterhin den Kopf gesenkt und versuche nicht, meine Mutter anzuschauen, nicht dass sie mich noch weiter misshandelt. Das war es nämlich, was sie tat. In ihren Augen tat sie mir hiermit einen Gefallen, indem sie mich so weit schwach, krank und abhängig von ihr macht, dass sie glaubt, dass sie mich gesund pflegen muss. Sie tut mir keinen Gefallen, wenn sie mich zu allen möglichen Sportarten zerrt und mich immer erniedrigt und glaubt, dass ich so, besser fürs Leben gewappnet bin. Ich hasse sie und sie denkt, dass ich ihr dafür dankbar bin.

„Steh endlich auf, du undankbares Stück", schreit sie mir entgegen, als sie gerade den Rettungssanitäter in den Rettungswagen hievt. Seine Arme hängen schlaff an der Seite und sein Kopf schlackert wie der eines Kindes hin und her, während sie ihn an den Füßen in zerrt.

„Nun mach schon, und hilf mir mit der älteren Dame, du bist doch an allem Schuld!"

Ich mache nichts und bleibe nur weiter heulend sitzen. Ich versuche mich auf meinen Atem zu konzentrieren und den Schmerz auszublenden. Mein Blut rauscht laut in meinen Ohren und ich kann nichts mehr wahrnehmen. Alle meine Sinne sind wie taub und ich bin wie weggetreten.

In dem Moment, in dem ich denke, dass es besser wird, höre ich, wie ein Auto auf dem langen geraden Asphalt aus der Ferne immer näher kommt. Ich denke an nichts mehr, nur noch daran, wie es wäre, wenn es die Polizei wäre oder irgendjemand anderer, dem mein Schicksal nicht egal wäre.

Das Auto hält mit quietschenden Reifen am Grünstreifen und ich höre, wie eine Autotür ins Schloss geknallt wird. Also doch nicht Polizei, die wären mindestens zu zweit.

„Bist du fertig?", fragt die Stimme. Ich hebe langsam meinen Kopf. Nicht mein Vater steht da, sondern jemand anderes, den ich nicht kenne. Er ist groß und hat ein großes Tribal auf seinem muskulösen und solariumbraunen Oberarm, das sich bis hinters Ohr zieht. Seine platte Nase passt zu seinem runden Gesicht und den leicht zusammen stehenden Augen. Missmutig schaut er mich, dann meine Mutter an.

„Deine Tochter?", fragt er und nimmt mühelos die alte Dame hoch, nur um sie in den Rettungswagen zu tun.

„Ja, aber wir müssen noch die andere Krankenschwester fesseln", erwidert meine Mutter und schließt die Türen des Krankenwagens.

„Da ist noch eine? Du meintest, dass da nur eine Person wäre!", die Wut in seiner Stimme kann man nicht überhören und ich bekomme Angst. Auch meine Mutter sieht so aus, als wäre es ihr lieber, wenn dieser Typ nicht ausrasten würde.

„Hab mich verzählt, kann passieren", sagt sie schnell und die beiden gehen nach vorne.

Die Welt muss verrückt geworden sein, denke ich und versuche das Geschehen zu rekapitulieren. Erst war ich mit dem Krankenwagen von Zuhause abgeholt worden, weil ich angeblich Selbstmord begehen wollte, dann ist alles schwarz geworden, bis ich wieder aufgewacht bin und der Rettungswagen einen Unfall hatte. Daraufhin ist meine Mutter gekommen und hat zwei Menschen niedergeschlagen und ein Schrank von Mann ist aufgetaucht, den ich noch nie gesehen hatte, meine Mutter aber anscheinend kennt und die jetzt eine weitere Person fesseln und anschließend flüchten wollen.

Trotz des Schmerzes muss ich auflachen. Das ganze ist so absurd, dass es doch nicht stimmen kann.

Wie konnte meine Welt sich in so kurzer Zeit drehen? Ich erinner mich noch an das letzte Gespräch mit Maja, oder hieß sie Maria? Nicht einmal an den Namen meiner eigentlich besten Freundin konnte ich mich erinnern. Wahrscheinlich machte sie sich noch nicht einmal Sorgen. Wahrscheinlich hatte sie mich sogar schon vergessen.

Jemand packt mich hart am Arm und zieht mich mühelos hoch. Es ist der unbekannte Mann. Meine Augen öffnen sich Angst erfüllt und ich bekomme Panik. Wer ist er und die noch viel wichtigere Frage, wohin komme ich?

Er trägt mich unsanft auf die Rückbank des Autos und lässt mich dort fallen. Mühsam schnalle ich mich an und lasse den Kopf trotz der Gefahr gegen das kalte Fensterglas fallen.

Meine Mutter setzt sich auf den Beifahrersitz und der Fremde fährt hinter dem Steuer los. Die Szenerie des zerbeulten Krankenwagens vor dem Baum lassen wir hinter uns, als wir weiter die Landstraße hinunterfahren.

Ich halte mein Augen geschlossen. Mittlerweile ist es mir egal, ob ich lebe oder sterbe. Leben wäre zwar schöner, aber um es mit den Worten meiner Mutter zu sagen, sollte ich mich nicht so anstellen und das nehmen, was kommt.

Sanft werde ich hin und her geschaukelt und falle schließlich in einen ungemütlichen, aber traumlosen festen Schlaf.

Ich werde dadurch geweckt, dass wir anhalten.

Die ganze Situation kommt mir ungemein bekannt vor. Mit dem Auto auf einem Rastplatz, ich hinten, meine Mutter vorne.

Ich sehe, wie der Fremde wieder ins Auto steigt und ein paar Nummernschilder auf die Rückbank wirft. Also auch noch die Kennzeichen ausgetauscht, damit die Polizei einen nicht nachverfolgen kann. Sehr schlau, denke ich ironisch und stelle mir vor, wie wir angehalten werden und der Polizist, den ich auf der Wache kennengelernt habe, die Schilder auf der Rückbank findet. Und dann mich.

Wie lang war es schon her, dass ich da war? Ich weiß es nicht. Es könnte Wochen, Tage und Stunden her sein. Wenn ich es mir aber recht überlege aber auch nur Minuten. Oder Sekunden. Es ist erstaunlich, wie schnell man sein Zeitgefühl verlieren kann und nur noch alles im Film wahr nimmt. Wenn alles an einem vorbeizieht und man nur noch passiv ins Geschehen involviert ist, dann ist es nicht mehr wichtig zu wissen, wer man ist oder wann man ist.

Ich denke noch weiter zurück. An den Tag, an dem alles angefangen hat. Es war Sommer gewesen. Oder schon Herbst? Welchen Monat haben wir nochmal?

„August", höre ich eine Stimme von vorne sagen.

„Was?", frage ich und reiße mich aus meiner von Selbstmitleid triefenden Trance.

„Wir haben August", sagt der Fremde am Steuer und mir wird klar, dass ich laut gedacht haben muss. Ich nicke in seine Richtung als stummes Dankeschön. August also. Das hieß, dass wir schon Ferien hatten. Oder doch nicht? Wann im August?

Diesmal habe ich nicht laut gedacht. Es bleibt still und nur das Motorengeräusch des alten Käfers und das laute Telefonieren meiner Mutter.

Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Haben mich alle vergessen? Vergessen, dass ich auch noch da bin, dass ich existiere? Hast du mich denn vergessen?

Ein neues Kapitel und das sogar schneller als gedacht. Es ist zwei Uhr nachts, aber ich wollte es trotzdem einfach noch veröffentlichen.

Das Folgende ist ein Art Life-Update von mir, das wahrscheinlich niemanden interessiert, mir aber wichtig ist, es irgendwie loszuwerden.

Die letzten Monate waren die stressigsten meines Lebens. Den größten Teil habe ich damit verbracht fürs Abi zu lernen und meine Bewerbungen für die Uni zu schreiben. Die Ergebnisse zu meinen Prüfungen habe ich noch nicht, aber Sorgen (haha, wie lustig xD) muss ich mir darüber zum Glück keine machen, da ich glücklicherweise schon einen Studienplatz in den USA gefunden habe und mittlerweile schon hier in Boston bin. Worüber ich mir aber im Moment mehr Sorgen mache ist der Sport. In Deutschland habe ich lange Leistungsturnen gemacht, verletzungsbedingt aufgehört und vor zwei Jahren wieder angefangen. Hier habe ich jetzt die Möglichkeit das Turnen mit der Uni zu vereinen, was mich soo glücklich macht. Jedoch hab ich für zwei Jahre lang nicht trainiert, weshalb ich jetzt Angst habe, nach hinten zu fallen. Außerdem habe ich irgendwie so viele Ideen für diese Geschichte, aber auch für andere Geschichten bekommen, weshalb ich hier fast die Decke hochgehe und alles auf einmal aufschreiben will. Lange Rede, kurzer Sinn; es werden regelmäßiger Updates kommen, worüber ich mich unwahrscheinlich freue.

Naja, wenn du bis jetzt hier gelesen habe, wüsche ich dir noch einen schönen Tag und eine schöne Woche :)))

- mister nobody

Sorgen (ASDS/Auf Streife - Die Spezialisten)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt