Jacky sah Franco ernst an und stieg nach vorne in den Rettungswagen zu Neles Mutter. Diese war immer noch ganz wütend und ignorierte sie so gut es ging.
„Würden Sie sich bitte anschnallen?", sagte sie gereizt zu Neles Mutter.
„Wieso? Bin ich doch schon!", antwortete sie und starte stur weiterhin auf ihr Handy, das sie verdeckt in ihrer Hand hielt.
„Ähm, nein, sind Sie nicht?", erwiderte Jacky etwas irritiert, da der Gurt offensichtlich nicht geschlossen war. Will sie mich veräppeln?, dachte die junge Sanitäterin und wollte schon etwas sagen, doch Franco, der hinten eingestiegen war, kam ihr zuvor.
Er hatte die kleine Klappe, die den Rettungswagen in zwei Teile teilte aufgeschoben und sprach nun mit erzürnter Stimme.
„Mein Geduldsfaden ist kurz davor zu reißen! Erst behindern Sie unsere Maßnahmen und geben uns falsche Auskünfte, die das Leben ihrer Tochter gefährden und nun verhindern Sie, dass wir losfahren, indem Sie sich nicht anschnallen, während Nele hier liegt und es ihr echt nicht gut geht. Ich würde doch sehr bitten, wenn Sie den Anweisungen meiner Kollegin Folge leisten und sich nicht so anstellen würden!"
Zum Ende hin war er laut geworden und Jacky hatte Gänsehaut auf den Armen bekommen. Bis dato hatte sie nicht gewusst, dass der sonst so besonnene und ruhige Franco auch so aus seiner Haut fahren kann.
„Na gut, wenn es sein muss", sagte Neles Mutter und verdrehte die Augen übertrieben.
„Ja, muss es", erwiderte Jacky. Obwohl sie mit fester Stimme sprach, fühlte sie sich neben Franco ein wenig machtlos.
Demonstrativ langsam schnallte sie sich an und Jacky war kurz davor sie noch einmal anzuschreien. Aus irgendeinem Grund war diese Frau nicht besonders erpicht darauf, dass ihrer Tochter geholfen wird., dachte sie im Stillen und versprach sich, dass sie noch herausfinden würde, weshalb, denn insgesamt, glaubte sie, würde so keine Mutter mit ihrem Kind umgehen, die sie kannte.
Die junge Sanitäterin atmete tief durch und drehte den Schlüssel in der Zündung, sodass das Fahrzeug startete.
Mit viel Vorsicht fuhr sie durch den dichten Verkehr der nahen Grundschule. Sie regte sich mehrfach im Stillen über Eltern auf, die ohne jegliche Rücksicht ihr Auto auf den Schulhof fuhren und so fast andere Kinder mitgenommen hätten. Bestimmt war diese Frau neben mir auch so ein Elternteil., nahm sie an, doch sagte nichts.
Als sie aus dem Getümmel heraus waren, kamen nur noch Bäume, Büsche und Felder, die sich nahtlos in die Landschaft einreihten.
„Können wir anhalten?", fragte Neles Mutter Jacky.
„Weshalb?", antwortete diese ein wenig überrascht, doch fuhr weiter, ohne Rücksicht darauf zu nehmen.
„Weil ich es sage", erwiderte die Frau in so einem herablassenden Ton, dass der jungen Sanitäterin kurz schlecht wurde. Wie kann ein Mensch nur so gestört sein!
„Das ist sicherlich kein Argument. Und falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten, ihrer Tochter geht es nicht gut und sie braucht dringend Hilfe, die sie ihr dadurch verwehren!"
„Genau darum geht es ja", sagte sie immer noch in diesem herablassenden Tonfall.
Das machte Jacky stutzig. Offenbar wollte diese Mutter, dass ihre Tochter keine Hilfe bekam. Aber, weshalb?
„Was meinen Sie denn damit?", hakte sie nach.
„Ach nichts, das sagt man nur so"
„Das tut man ganz sicher nicht. Was meinen Sie damit?!", jetzt war sie wieder lauter geworden, sodass Franco wieder das Schiebefenster öffnete und nach vorne sah.
„Wo liegt denn jetzt das Problem?", erkundigte er sich genervt und sah Jacky an.
„Sie möchte, dass wir einfach anhalten und ihre Tochter so keine weitere Hilfe in der Klinik bekommt und nennt mir nicht einmal den Grund dafür!", antwortete sie. Vielleicht lag es daran, dass es erst ihre erste Woche war, aber sie reagierte sehr viel emotionaler, als alle anderen Kollegen von Franco, vielleicht aber auch daran, dass Nele im etwa im selben Alter war und sie sich daher ganz gut in sie hineinversetzen konnte.
„Ist das so?", fragte er und wandte sich wieder an die Mutter, die wieder unschuldig tuend auf ihr Handy schaute und darauf eintippte.
„Was? Natürlich nicht! Bei ihrer jungen Kollegin gehen da die Emotionen durch, ich würde so etwas niemals sagen, denn natürlich ist mir das Wohlbefinden meiner Tochter auch wichtig", zum Ende hin wurde sie künstlich traurig und verdrückte eine falsche Träne.Jacky konnte es nicht glauben. Jetzt tat diese Frau auch noch so, als würde sie sich das alles ausgedacht haben, nur weil der Fall ihr nahe ging. Zudem verstand sie nicht, warum diese Frau so ein falscher Mensch war und so anders bei ihr war, als bei allen anderen.
„Entschuldigung?", rief Jacky entrüstet, „Natürlich haben Sie das eben gesagt! Außerdem haben Sie mich dazu aufgefordert, dass ich anhalte, damit es länger braucht, bis ihre Tochter ins Krankenhaus kommt. Das waren Ihre Tochter, genau das haben Sie gesagt!"
„Ich verbiete mir...", begann Neles Mutter, doch sie wurde von Franco direkt unterbrochen, „Nein, ich glaube meiner Kollegin. Sie haben uns bisher nur Probleme gemacht, vorhin, als wir noch bei Ihrem Haus waren und eben auch noch das Theater mit dem Anschnallgurt. Es ist an der Zeit, dass Sie hier mal ihre Ansprüche runterschrauben und sich normal verhalten, damit wir Ihrer Tochter helfen können."
„Na gut, wenn es sein muss", antwortete Neles Mutter ganz pikiert und starrte weiterhin auf den schwarzen Bildschirm ihres Handys.
„Ich habe das Gefühl, dass Sie absichtlich unsere Behandlungsmaßnahmen behindern wollen, jedoch kann ich, bei bestem Willen, das einfach nicht nachvollziehen", sprach Franco mit nun etwas ruhiger und gesenkter Stimme weiter.
„Ich, ich, ich muss das einfach machen!", stammelte sie vor sich hin und sah nun aus dem Fenster, „Sie würde das eh nicht verstehen!"
„Ach, ja? Wir vielleicht nicht, aber das Jugendamt wird das sicherlich verstehen, da wir dieses informieren werden, wie extrem Sie gegen uns vorgegangen sind", sagte nun Jacky wieder etwas. Trotz der Wut in ihrer Stimme sprach sie ruhig und wurde nicht laut.
„Nein!", rief Neles Mutter, „Das Jugendamt darf mir meine Nele nicht wegnehmen!"
„Wirklich? Das hätten Sie sich echt vorher überlegen müssen", antwortete Franco und wandte sich kurz um, um nach Nele zu schauen.
Just in diesem Moment schrie ihre Mutter laut auf und griff Jacky ins Lenkrad.
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Sorgen (ASDS/Auf Streife - Die Spezialisten)
FanfictionNele ist 15 Jahre alt und ihre Eltern sorgen sich (zu) viel um sie. Sie steht ständig unter Beobachtung von ihnen und wird abhängig gemacht von ihnen... Durch einen Zufall lernt sie die Spezialisten kennen, die ihr Leben verändern werden... {medium...