Kapitel 8

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Darcy folgte den Angaben des Navigationssystems, während sie das urbane London hinter sich ließen. Loki beobachtete, wie sich die Umgebung um sie veränderte und ländlicher wurden. Wiesen und Felder mit Schafen und schwarz-weiß gefleckten Kühen ersetzten Wolkenkratzer und Asphaltstraßen. Dreißig Minuten nach ihrem Aufbruch aus London erreichten sie das ländliche Surrey. Darcy lenkte ihr Auto durch die beschaulichen Gassen des Dorfes, an dessen Rand das Anwesen der Familie Stark lag. Loki blickte sich gelangweilt um. Sie waren umgeben von Wäldern und breiten Feldern, eine Landschaft wie es sie auch in Asgard außerhalb der Hauptstadt gab. Nebel schwebte über die feuchte Erde und tauchte die Gegend in ein blasses und trübes Licht. Es war trist, stellte Loki fest. Trist und uninteressant.

„Wir sind da!"Darcys Stimme riss Loki aus seinen Tagträumen. Unter den Rädern des Autos knirschte Kies, als die junge Frau ihren Wagen über eine kleine Auffahrt in den weitläufigen Park des Stark Manor fuhr. Vor ihnen lag ein imposantes, zweistöckiges Gebäude dessen Giebeldach in den verregneten Himmel ragte. Das Gebäude bestand aus einer ockerfarbenen Fassade mit großen Fenstern und einer wuchtigen Eichentür, unter dem Dach ragte ein Holzbau hervor. Das Anwesen war umgeben von einer Allee aus Weiden, Buchen und Linden und war das ein Fluss, den Darcy in der Ferne erblickte? Ihre Augen wurden groß. „Wow", sagte sie ehrlich beeindruckt. Loki beobachtete, wie sich die automatischen Eisentore die das Gebäude schützten, hinter ihnen schlossen.

„Ich weiß nicht,ob ich das Wort benutzen würde", bemerkte er trocken. Darcy lachte auf. „Komm schon, das ist doch beeindruckend!", sagte sie gut gelaunt. Stark Manor glich einem Märchen. Das Haus hätte früher gut der Wohnsitz einer Heldin aus einem Roman von Jane Austen sein können. Zwar war die Fassade mittlerweile verblasst und das Einhorn fehlte, aber zumindest der Prinz saß neben Darcy im Auto. Loki war gegen seinen Willen fasziniert von ihrer Begeisterung. Darcy schien das wirklich zu gefallen. Sie verstellte sich nicht und war absolut authentisch. Eine erfrischende Abwechslung zu den Oberflächlichkeiten an dem Königshof in Asgard, an dem Loki aufgewachsen war.

„Es wird genügen", sagte er knapp, ohne dabei das Haus richtig zu betrachten. Darcy spürte einen Anflug von schlechtem Gewissen. Loki war auf die Erde in das Exil geflohen, vermutlich war es ihm völlig gleichgültig, wo er lebte. „Ist alles in Ordnung?", fragte sie leise. Loki bemerkte die Sorge in ihrem Blick. Er zwang sich zu einem Lächeln. „Natürlich", entgegnete er. Ohne Darcys Antwort abzuwarten, öffnete er die Autotüre und schwang seine langen und schlanken Beine aus dem Wagen. Die junge Frau verdrehte die Augen, schwieg aber und folgte Loki aus dem Auto und sperrte die Türe zu.

Darcy ging zu dem Trickster auf die andere Seite ihres Wagens um sicher zu gehen, dass sie auf dem breiten Kiesweg richtig eingeparkt hatte. Für einen Augenblick stand sie direkt neben Loki, so dicht das sich kurz ihre Hände streiften. Auf einmal wurde ihm sehr bewusst, wie lange es her war, dass er eine Frau berührt hatte, zumindest ohne sie zu bedrohen. Loki waren Darcys sanfte Kurven, ihre vollen Lippen und ihre weiße Haut nicht entgangen. Von ihren großen, blauen Augen ganz zu schweigen. „Jetzt bin ich neugierig", sagte sie und holte den Trickster zurück in die Realität. Loki schüttelte seinen Kopf um die ungewollten Gedanken zu vertreiben. Das würde noch interessant werden ...

Loki folgte Darcy zu der großen Eichentüre. „Ladies first", scherzte er als ihn die Praktikantin fragend ansah. Darcy lachte auf und drückte auf den goldenen Türknauf. Mit einem leisen Ächzen, als wären sie bereits seit langer Zeit nicht mehr geöffnet worden, schwangen die schweren Türflügel zur Seite. Loki hörte Darcy neben sich beeindruckt keuchen. Sie traten in eine weitläufige Eingangshalle, die so groß wie ihre gesamte Wohnung in London war. Der Boden war aus schwarzen und weißen Fliesen belegt, neben der Tür stand ein kleiner Tisch aus Kirschholz auf dem eine Vase stand von der Darcy sich sicher war, dass sie mindestens aus der Ming Dynastie stammte und ein imposanter Kronleuchter mit goldenen Kerzen hing von der Decke und spendete gemütliches Licht. In einer Ecke am anderen Ende der Halle thronte ein gewaltiger offener Kamin, in dem ein behagliches Feuer brannte, das vermutlich die Haushälterin entzündet hatte als sie von den Gästen auf Stark Manor erfahren hatte. Vor dem Kamin stand eine Chaiselounge die zum Verweilen einlud, ihr gegenüber stand ein Steinway Flügel. Von der Halle führte eine schlichte Holztreppe, an der die rote und blaue Farbe bereits abblätterte hinauf in die oberen Zimmer, direkt neben den Stiegen zweigte die Eingangshalle in mehrere Räume ab: Eine professionell aussehende Küche mit Esstisch, ein behaglich wirkendes Wohnzimmer, ein antik anmutendes Bad und einen Raum, den Howard Stark einst als eine Mischung aus Bibliothek und Arbeitszimmer genutzt haben musste.

Suddenly DarcyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt