-NINE-

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Keith

Der gestrige Abend mit Ivy und Nolan war besser gewesen, als ich erwartete hatte. Ich war davon ausgegangen, dass ich irgendwann von ihrer Anwesenheit genervt wäre, jedoch war das den ganzen Abend über nicht der Fall gewesen. Langsam, aber sicher gestand ich mir selbst ein, dass ich sie attraktiv fand. Attraktiver als mir lieb war. Umso mehr hatte ich mich gestern gefreut, als sie meinte, dass Cooper nicht ihr Typ war. Gestern Abend nachdem wir zurück zu Hause waren, hatte ich noch mit Nolan geschrieben, denn nach Ash war er es, dem ich am meisten vertraute. Nolan hatte gesagt, dass ich mit Ash reden sollte, auch wenn es nur eine reine Vorsichtsmaßnahme war. Ich würde Ivy ganz sicher nicht nach einem Date fragen, doch Nolan hatte Recht, wenn er sagte, dass Vorsorge besser war als Nachsorge. So kam es also, dass ich an einem Freitag um 10 Uhr bei meinem besten Freund vor der Tür stand. Ich hatte Ash gestern Abend schon gefragt, ob ich heute vorbeikommen konnte. Hope war heute Morgen arbeiten, was hieß, dass wir uns ungestört unterhalten konnten. „Morgen", begrüßte ich meinen besten Freund, sobald er mir die Tür öffnete. „Morgen." Ashton trat einen Schritt zur Seite, sodass ich die Wohnung betreten konnte. „Also was führt dich an einem Samstagmorgen zu mir?", wollte mein bester Freund von mir wissen, während wir uns im Wohnzimmer auf die Couch setzten. „Was hast du dir dabei gedacht Ivory in die WG einziehen zu lassen?", sprudelte die Frage, die mich seit ihrer Ankunft beschäftigte aus mir heraus. „Sie hat eine Unterkunft gebraucht, also war die WG der beste Ort", antwortete er mir. War das sein Ernst? Mehr hatte er sich dabei nicht gedacht? Ich schwieg einige Zeit, denn ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Am einfachsten wäre es wahrscheinlich, wenn ich Ash einfach die Wahrheit sagen würde, aber was war die Wahrheit? „Okay, spuck's aus", forderte mein bester Freund mich auf. „Ich finde Ivy attraktiv", sagte ich einen Ticken zu schnell. „Erzähl mir zur Abwechslung doch mal etwas neues", sagte Ashton grinsend zu mir. Er wusste es, er hatte die ganze Zeit über gewusst, dass sie mein Typ war. „Willst du mich verarschen? Du weißt, dass sie mein Typ ist und steckst sie mit mir in eine WG?", wollte ich von ihm wissen. Ja, ich war gerade ein bisschen genervt von ihm. „Natürlich wusste ich, dass sie dein Typ ist, Keith. Ich hätte sie aber nicht bei dir einziehen lassen, wenn ich dir nicht vertrauen würde." „Was soll das jetzt heißen?", hakte ich nach. „Das heißt, dass ich dir vertraue und weiß, dass du kein Scheiß bauen wirst, Keith. Ivy und du seid zwei erwachsene Menschen. Und ich habe euch beiden nicht vorzuschreiben mit wem ihr etwas habt oder wen ihr liebt", sagte Ash zu mir. Kurz dachte ich, dass ich mich verhört hatte. Ich hatte mit vielem gerechnet, doch nicht damit. Wo blieb der Part, wo er mich umbringen möchte, weil ich seine kleine Schwester attraktiv fand? „Und was ist, wenn doch? Ashton, du kennst mich."

„Das ist der Punkt, Keith. Ich kenne dich und ich weiß, dass du meiner Schwester niemals absichtlich wehtun würdest." „Und was ist, wenn ich ihr unabsichtlich wehtue?" Wie schön, dass ich mir über sowas Gedanken machte, obwohl ich Ivory quasi gar nicht richtig kannte. „Keith, es kann genauso gut sein, dass Ivy dich verletzt. Das kann keiner voraussagen", seufzte mein bester Freund. Er hatte Recht. Niemand von uns wusste, was die Zukunft bringen würde. Es stand in den Sternen, ob sich zwischen Ivory und mir etwas entwickeln würde, oder eben nicht. Zumindest musste ich jetzt kein schlechtes Gewissen haben, falls zwischen Ivy und mir etwas passieren sollte. „Hör auf dir über Sachen Gedanken zu machen, die sowieso niemand richtig beeinflussen kann", fügte er hinzu. „Ich bemühe mich", seufzte ich. Ich war wirklich bemüht nicht so viel nachzudenken, doch ich dachte grundsätzlich viel nach. Das kam davon, wenn dein Leben eine unerwartete Wendung genommen hatte. Ash war die einzige Person in meinem Freundeskreis, die die ganze Geschichte kannte. Ich vertraute ihm wie keinem anderen. „Ivy war gestern Abend mit Nolan und mir am Strand", wechselte ich das Thema. „Ich weiß, sie hat mir gestern ein Foto geschickt auf dem man die Golden Gate Bridge sieht. Ich freue mich, dass sie mit euch allen so gut zurechtkommt." „Hattest du Bedenken, dass sie nicht mit uns zurechtkommt?", wollte ich von meinem besten Freund wissen. „Nein, nicht wirklich. Ich wusste, dass ihr Ivy gegenüber offen sein würdet, aber manchmal ist Ivy verschlossen", antwortete er mir. „Also ich hatte bis jetzt noch nicht das Gefühl, dass sie verschlossen ist", sagte ich. Bis jetzt wirkte Ivy die meiste Zeit über glücklich und unbeschwert. Natürlich kann es sein, dass sie innerlich mit sich kämpft, jedoch ließ sie das niemanden sehen. „Das ist gut. Ich habe wirklich Angst gehabt, dass sie sich in der Gruppe nicht wohlfühlt. Ivy braucht grundsätzlich immer etwas, bis sie Leute an sich ranlässt. Wir sind uns dabei absolut ähnlich, wenn wir jemandem nicht vertrauen können, dann wird es für die Person schwer uns besser kennenzulernen", sagte Ashton. Ich verstand, was er meinte, denn ich war auch so. Wenn ich einer Person nicht zu 100% vertrauen konnte, dann würde diese Person nie etwas von mir und über mich erfahren. Ich hatte meinen Kreis mit Leuten, denen ich zu 100% vertraute, abgesehen von meiner Familie. Ashton und Nolan. Ace vertraute ich auch, jedoch nicht so sehr wie Nolan und Ash. Von Cooper brauchen wir gar nicht erst reden, ich kannte ihn zu kurz, um ihm vertrauen zu können. „Ich glaube du musst dir keine Sorgen mehr darum machen, dass sie keinen Anschluss findet, Ash. Zumindest versteht sie sich mit Cooper extrem gut und mit den anderen kommt sie auch klar." Ash stieß einen Seufzer aus. „Ich hoffe, dass das zwischen Cooper und ihr eine rein platonische Freundschaft ist." „Sie hat gestern Abend gesagt, dass er nicht ihrem Typ entspricht. Ich glaube da musst du dir keine Sorgen machen", beruhigte ich ihn. „Ich weiß, dass er nicht ihr Typ ist. Aber ich kann Cooper nicht einschätzen und das macht mich unruhig." Ich verstand was er meinte. Cooper war neu. Wir kannten ihn noch nicht sonderlich gut. Klar, Ace ist sein großer Bruder und wir kennen ihn seit dem Anfang am College, aber selbst Ace hatte zugegeben, dass Cooper und er von Grund auf verschieden waren. „Ich glaube das kann keiner von uns so richtig. Trotzdem solltest du dir deswegen nicht den Kopf zerbrechen, Ash." Wir konnten sowieso nichts ändern. Cooper war so wie er war. Und solange er Ivory nicht verletzten würde, würde Ash wahrscheinlich auch nichts gegen ihn machen. Was sollte er auch großartig machen? Ivory war alt genug, um selbst entscheiden zu können, mit wem sie befreundet war und mit wem nicht.

„Vielleicht solltest du mal was mit Ivy machen, Keith", schlug Ash mir plötzlich war. „Was?", erwiderte ich überrumpelt. „Keine Ahnung, macht halt irgendwas zusammen." „Was ist, wenn sie nichts mit mir zu tun haben will und mich unattraktiv findet?", wollte ich von meinem besten Freund wissen. Natürlich malte ich mir im Kopf direkt die schlimmsten Szenarien aus. Ash fing an zu lachen. „Sie hat dich als ihr euch zum ersten Mal gesehen habt, quasi mit ihrem Blick ausgezogen, Keith", sagte er, nachdem sein Lachanfall abgeebbt war. Seufzend ließ ich mich gegen die Couchlehne sinken. „Ihr musst ja nichts Spezielles machen. Für den Anfang würde es schon reichen, wenn ihr gemeinsam ein Film schaut", warf Ash ein. „Ich werde drüber nachdenken", versicherte ich ihm. Innerlich jedoch fing ich schon an zu planen. 

Strong SideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt