Kapitel 1

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Wie alles begann.

Eines Tages las ich eine Katze auf. Damals war ich auf dem Weg vom Flughafen gewesen, denn ich plante ein Jahr lang in Japan, wo ich meine Tante besuchen konnte. Meine Eltern waren momentan viel beruflich unterwegs, und da ich etwas japanisch sprechen konnte, kamen sie auf die Idee, dass ich so meine Sprachkenntnisse erweitern konnte.

Und da lag das kleine Kätzchen, unbeachtet von den vielen Menschen, die umherhetzten, um Bekannte oder Freunde zu empfangen, Taxis zu bestellen oder ihren Flieger erwischen wollten. Sie lag auf dem Boden, kläglich miauend, so als wollte sie, dass irgendjemand sich um sie kümmert. Irgendjemand. Ich hasste komplizierte Dinge, also hob ich das Kätzchen auf und damit war diese Sache beschlossen.

"Misa-san!" Meine Tante begrüßte mich mit einer Umarmung. Sie lebte alleine in Takasaki, daher war sie sehr glücklich darüber, dass ich sie für ein ganzes Jahr besuchen kam. Allerdings war sie selber so viel unterwegs, dass sie kaum zuhause war, denn erst kürzlich hatte sie einen neuen Beruf als Krankenschwester angefangen. Und da es in Japan in letzter Zeit zu einigen seltsamen Erkrankungen kam, war sie viel zu oft im Krankenhaus beschäftigt. Aber immerhin hatte ich ein bisschen Gesellschaft mit ihr. "Konnichiwa, Tante Kana!" Ich war es gewohnt, meine Tante mit dem Vornamen anzusprechen. Sie fuhr mich zu ihrem Häuschen in Takasaki, es war eine wunderbare Gegend, voller grün und Natur. Ich war in einer Schule in Tokio angemeldet, von hier aus würde ich jeden Morgen mit dem Zug in die Großstadt fahren müssen. Da wir etwas abgelegen wohnten, bot ich an, gleichzeitig in Tokyo einkaufen zu gehen, worüber meine Tante sich riesig freute. "Ab heute Nachmittag habe ich einen Termin. Deshalb hoffe ich, dass du hier alleine zurechtkommen kannst. Ich bin nicht lange weg, keine Sorge!" Sagte Kana. Wie bereits erwähnt, sie war kaum noch zuhause.

Nachdem ich dem Kätzchen etwas zum Fressen hingestellt und mein Gepäck ausgepackt hatte, überlegte ich, was ich tun sollte. Gedankenverloren kraulte ich die Katze, die zufrieden schnurrte. "Ich habs. Du hast ein wunderschönes schwarzes Fell, deshalb nenne ich dich ab jetzt Kuro." Die Katze miaute und sah zu mir hoch. Sie schien immer noch hungrig zu sein, also suchte ich im Haus nach weiterem Katzenfutter. Nach einigem Suchen fand ich schließlich im hintersten Küchenschrank, wonach ich suchte. Ich war auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer, als ein Geräusch zu mir drang, das aus einem Fernseher zu kommen schien. Etwas verwirrt darüber öffnete ich die Tür. Erschrocken vom Anblick, der sich mir bot, fiel mir die Schale mit dem Katzenfutter auf den Boden.

Ein Junge mit eisblauen Haaren hockte vor dem Fernseher. Er trug kniehohe Stiefel, eine weiße Hose und eine hellblaue Jacke, auf der ein seltsamer Aufdruck zu sehen war. Die Kapuze verdeckte ein Teil der schwarzen Katzenohren, die er trug. Als er sich mir zuwandte, fielen mir die tiefen Augenringe auf, außerdem war er sehr blass, was die unnatürliche Farbe seiner wirr abstehenden Haare zusätzlich betonte. "Wer bist du? Wo ist die Katze...?" Ich wusste nicht, ob das alles nur ein blöder Scherz sein sollte. Er sah mich nur verschlafen an und seufzte. "Hach, das wird jetzt echt anstrengend..."

Wer war er? Ein Einbrecher? "WER BIST DU? WAS MACHST DU IN FREMDEN HÄUSERN?!" Schrie ich und schnappte mir zur Verteidigung einen Besen, der in der Nähe stand. Bevor ich reagieren konnte, ist der gruselige Typ über mich hinweggesprungen und landete hinter mir im Schatten. Warum waren überhaupt die Vorhänge zugezogen? "Beruhige dich... haach, wie ermüdent das ist. Kann man denn nicht in Ruhe den Fernseher anschalten..." ich bin zum Fenster gegangen, um den Vorhang zurückzuschieben. Kaum traf ihn das Licht, war der Typ plötzlich verschwunden. Stattdessen lag dort Kuro. "Hä..?" Hatte ich ihn mir etwa nur eingebildet? Ja, wahrscheinlich hatte ich im Flugzeug zu viele Mangas gelesen. Erleichtert nahm ich Kuro hoch und zog den Vorhang wieder zurück. Ich erschrak heftig, als ich plötzlich diesen blauhaarigen Typ vor der Nase hatte. Entsetzt schrie ich auf und schmiss ihn auf den Boden. "Auaa, geht man so mit seinem süßen Haustier um? Hach, dabei bin ich doch bloß ein herzensguter Stubenhockervampier..." er seufzte und kauerte sich im Schatten an die Wand, während er vorsichtig zu mir aufblickte. "Sagtest du 'Vampir'?" Fragte ich ungläubig. Ich glaubte nicht an Vampire. Doch seine Augen schimmerten in einer unnatürlichen roten Farbe. Der genervte Blick, den er mir zuwarf, verriet, dass er die Wahrheit sagte. "Wie erklärst du dir denn sonst, dass ich eine Katze bin? Übrigens, könnte ich ein paar Chips haben? Katzenfutter mag ich nicht besonders...hach." Ich wich zurück. "Dann bist du wohl für die seltsamen Erkrankungen verantwortlich? Bist du gekommen, um mich zu töten?" Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war entsetzt, aber gleichzeitig auch fasziniert von dem Wesen, das vor mir saß.

Kuro starrte mich verständnislos an. "Was redest du...? Das ist mir doch viel zu anstrengend. Ich bin nur ein armes, gequältes Haustier. Hach, dann hole ich mir die Chips eben selbst..." er stand auf und streckte sich gähnend. Ich versperrte ihm den Weg zur Küche. "Du bist kein Haustier! Und hör gefälligst auf, dich hier wie zu Hause zu fühlen! Verschwinde einfach!!" Völlig unbeeindruckt kratzte er sich am Kopf. "Hm, so einfach geht das leider nicht. Du hast mir einen Namen gegeben. Laut dem Vertrag muss ich jetzt noch einen ganzen Tag lang bei dir verbringen, bevor ich gehen kann." "Welcher Vertrag?" Wollte ich wissen. Ich holte einen Staubsauger, um die ganzen Krümel wieder wegzumachen. "Hach, es ist so anstrengend, das jetzt zu erklären. .. sag einfach nicht meinen Namen, wenn ich in Menschengestalt bin, dann sollte alles gut sein..." Dieser Typ war unheimlich. Erst jetzt bemerkte ich, dass er die halbe Flasche Cola verschüttet hat, die ich vorher auf den Tisch gestellt hatte. "Wah, Kuro! Pass mit dem Getränk auf!!" Rief ich entsetzt, denn wenn Kana sah, dass auf ihrem schönen Teppich diese ganzen Flecken waren....

Auf einmal wurde mir schwindelig. Ein schwarzes Etwas kreiste um mein Handgelenk, dann um Kuros Hals, bevor es verschwand und ich wieder klar sehen konnte. Kuro seufzte genervt. "Bist du nicht diejenige, die immer Sauerei macht?" Er zeigte auf das Katzenfutter. "Und was hast du jetzt wieder angerichtet... haach! Du bist so anstrengend." Ich ignorierte ihn. Was war denn das? "Du hast den 'Vertrag' jetzt noch weiter ausgebaut. Ich glaube, du musst deinem Kätzchen für immer leckeres Essen kaufen!"

Während ich die Krümel wegsaugte, lag Kuro verschlafen vor dem Spiegel, in dem seltsamerweise seine Katzengestalt zu sehen war. Er erklärte mir, dass es sieben Servamps gab, die nach den sieben Todsünden benannt waren. Kuro war die Trägheit, was ich mir aber schon hätte denken können. Außerdem hatten die Servamps Abkömmlinge, die ihnen gehorchen müssen. Jemand wie ich wurde 'Eve' genannt. "Deine Tante hat doch nichts gegen Katzen, oder?" Fragte Kuro und spielte müde mit dem Glöckchen, das ich ihm als Katze umgehängt hatte. "Meine Tante ist sowieso selten zu hause. Sie hat dich nicht mal bemerkt, als wir gekommen sind." Antwortete ich.

Plötzlich klingelte das Telefon. Ich überlegte, ob ich rangehen sollte. Mein Japanisch war noch nicht besonders gut, außerdem war der Anruf wahrscheinlich für meine Tante. Aber auf Kuros genervten Blick hin nahm ich schließlich den Hörer ab. "Hallo?" Es knackte ein paar mal, bevor ein Kichern durch die Leitung drang. "Jemand zu Haaaaauseee?" Hä? "Wer ist da?" Mehere Stimmen kamen im Hintergrund durch den Hörer. "Tsubakjuuuun, was..." "AHAHAHA!! Wie ermüdent..." KREISCH "Pass mit dem Popcorn auf, du alter Sack!!" Dann ging wieder jemand ans Telefon. "Hallo, mit wem spreche ich da?" Ich stotterte. "Äh, Misa..." "Oh, was für ein schöner Name. Ich bin Tsubaki. Ist die Trägheit bei dir? " er kicherte leise. Fragend sah ich zu Kuro. "Ein Tsubaki. Kennst du ihn?" Kuro verkroch sich zwischen den Sofakissen. "Sag, ich bin nicht da." "Er ist nicht zuhause.." sagte ich ins Telefon. "AHAHAHAHAHAA!!!!....wie gemein! Mein Brüderchen will also nicht reden? Ich sitze vor eurem Haus, ich sehe doch, dass er da ist!" Ich schluckte. Was wollte er? "Hm. Wir kommen später wieder, liebe Trääägheit!" "AHAHAHA!" KLICK. Sie hatten aufgelegt. Verdattert sah ich auf den Hörer in meiner Hand. "Ich kenne ihn nicht!" Murmelte Kuro. Aber...er sagte doch, er wäre sein Bruder??

Servamp - Another TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt