𝐞𝐢𝐧𝐬 / Liz

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𝐒𝐈𝐄 hörte es schon wieder. Genervt drehte sie sich im Bett herum und starrte gegen die Wand, in der Hoffnung, er würde es aufgeben und sie schlafen lassen. Natürlich tat er das nicht. Ein weiteres Klack an ihrem Fenster.

Ein tiefes Stöhnen verließ ihre Kehle und sie drehte sich auf den Rücken, bereitete sich innerlich darauf vor, gleich ihr warmes Bett zu verlassen. Ein weiteres Steinchen knallte gegen die Scheibe und jemand rief ihren Namen.
Mürrisch strampelte sie schließlich die Decke von ihren Beinen und riss das Fenster auf. Genau in dem Moment traf sie sein Geschoss mitten auf die Stirn. „Au!"

Ihr Störenfried prustete und lachte leise auf, während sie sich hinausbeugte und den Stein zurückschleuderte. „Das mit dem Treffen üben wir nochmal", rief er zu ihr hinauf, als sie knapp daneben warf und ein fettes Grinsen zierte sein Gesicht.

„Liebend gerne, wenn dein Gesicht die Zielscheibe sein wird", zischte sie zurück, schwang ihr Bein über die Fensterbank und begann die alte Holzleiter hinunterzusteigen. Die letzten drei Stufen ließ sie aus und landete sanft im Gras.

„Geht klar, schließlich triffst du sowieso nicht", sagte Sirius, nahm sie in die Mangel und rubbelte ihr mit seiner Hand über den Kopf, sodass er ihre Haare völlig verknotete. Genervt versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien, sodass die zwei in einer kleinen Rangelei endeten und ihren Weg zu ihrem Ziel eher stolperten, als liefen. Endlich ließ er sie los und sie schubste ihn von sich.

Pustend wischte sie sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht und versuchte sie wenigstens wieder halbwegs in Ordnung zu bringen. „Du bist so ein Idiot", sagte Liz grimmig und folgte ihm einen kleinen Pfad entlang durch Gestrüpp und Dornen.

„Und du bist ein Miesepeter", rief Sirius ihr zu, der schon viel weiter war als sie. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Liz  kämpfte sich durch die letzten Sträucher und Äste und erreichte endlich den kleinen Teich, vor dem Sirius im Schneidersitz saß und ungeduldig auf sie wartete.

„Du machst im Wettlaufen deiner Oma ziemliche Konkurrenz, Lizzie", höhnte er, als sie bequemlich die letzten Meter überbrückte und sich neben ihm ins Gras fallen ließ. Amüsiert schüttelte sie den Kopf. „Nein, nein, sie war schneller als ich an den Toren des Todes", sagte sie mit überschwänglich dramatischem Unterton.

„Du bist herzlos. Ein kaltes herzloses Stück ... ehm", er dachte nach und runzelte die Stirn.

„ ... einer unglaublich intelligenten und bezaubernden jungen Dame?" Ein Grinsen blitzte ihr über die Lippen als Sirius die Augen verdrehte und in seinem Rucksack kramte, anstatt ihr zu antworten. Eine große rote Flasche kam zum Vorschein und ihr Grinsen erstarrte.

„Das ist doch nicht dein Ernst, Sirius."

Sein Blick wurde streng und er stellte die Feuerwhiskyflasche vor Liz ab. „Oh doch, selbstverständlich ist das mein Ernst. Schließlich ist das hier heute unser allerletzter Abend vor dem ersten Schultag. Wir werden nie wieder einen Abend davor haben. Wie kann man das am besten feiern als mit ein bisschen ... Feuer?" Ein dümmliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und er unterstrich seine Worte, indem er auf den Flaschendeckel tippte.

Skeptisch sah sie ihn an und hob eine Augenbraue. „Du weißt, dass ich nicht trinke", erinnerte sie ihn und er verdrehte dabei die Augen, „Außerdem ... hältst du es wirklich für eine gute Idee, dich vor dem ersten Schultag zu besaufen?"

Er machte eine abwinkende Handbewegung und öffnete die Flasche. „Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, du Moralapostel." Mit diesen Worten prostete er ihr mit der Flasche zu, aus der es gefährlich rauchte. „Auf unseren letzten Abend davor", sprach er feierlich und setzte die Flasche an die Lippen. Sofort darauf verzog er das Gesicht und schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund.

Ergeben seufzte Liz und nahm ihm die Flasche aus der Hand. „Auf unseren letzten Abend davor", sprach sie ihm nach und kippte einen großen Schluck hinunter.

Tränen traten ihr in die Augen und sie fing an zu husten, als ihr der Whisky wie flüssiges Feuer die Kehle hinunter rann, doch als sich gleich darauf angenehme Wärme bis in ihre Fingerspitzen ausbreitete, entspannte sie sich wieder. „So, das war das erste und letzte Mal, dass ich mit dir trinke", krächzte sie und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln.

„Das werden wir noch sehen. Ich hab einiges geplant für das letzte Jahr." Mit einem geheimnisvollen Grinsen zwinkerte er ihr zu, eher er sich auf den Bauch legte und es sich im Gras gemütlich machte.

Milde lächelnd schüttelte sie leicht den Kopf. Liz wollte gar nicht wissen, was er sich schon wieder ausgedacht hatte. Sie ließ sich neben ihm ins Gras fallen und sah hinauf in den mit Sternen übersäten Nachthimmel. Schon seit ihrer Kindheit hatte er sich die hirnrissigsten Ideen ausgedacht. Ein Glück, dass Liz mit ihrer Großmutter neben dem Haus seiner Eltern eingezogen war, denn sonst hätte er damals vermutlich ein anderes Kind mit seinem verrückten Köpfchen belästigt.

„Irgendwie ist es seltsam, dass morgen unser letztes Jahr auf Hogwarts anfangen soll", sagte sie leise, „Ich meine, kannst du dir das vorstellen? Nie wieder nach Hogwarts zurückzukehren?"

Liz wandte ihm den Kopf zu und ihre Blicke trafen sich. Sie betrachtete seine sanften Gesichtszüge und sein Haar, das er seit letztem Jahr hatte wachsen lassen. Es reichte ihm nun fast bis zu den Schultern und sie musste zugeben, dass es nicht schlecht aussah, auch wenn sie ihn anfangs deswegen geärgert hatte. Aber zu ihrer Verteidigung - es sah damals wirklich danach aus, als hätte er sich einen Topfschnitt verpasst und erst seit ein paar Monaten konnte sich seine Frisur sehen lassen.

„Ich will es mir gar nicht vorstellen", antwortete Sirius und riss sie aus ihren Gedanken, „Hogwarts ist mein Zuhause und wird es immer bleiben. Nirgendwo habe ich mich mehr angekommen gefühlt." Er brach den Blickkontakt ab und begann an den Grashalmen vor seiner Nase zu zupfen.

Ein sachte Windhauch wehte über die beiden hinweg und ihre Haare kitzelten an Liz' Wange. „Geht mir genauso", flüsterte sie und streckte ihre Hand aus, um ihm aufmunternd gegen das Kinn zu tippen. „Aber schon vergessen, was wir nach der Schule vorhaben?", lächelte sie und auch seine Mundwinkel hoben sich.
Er nickte. „Urlaub mit meinem Motorrad."

„Genau", sagte sie, „Du, ich, dein Baby und sonst nichts." Liz richtete ihren Blick wieder gen Himmel und lächelte verträumt. „Kein stundenlanges Rumsitzen in den Klassensälen mehr, keine nervigen Mitschüler und vor allem keine Ophelia Green mehr."
Beim Gedanken an das schwarzhaarige Mädchen, das es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihr Leben zur Hölle zu machen, verzog sie das Gesicht und Sirius lachte auf.

„Lass uns die letzten Tage auf Hogwarts noch genießen, Lizzie. Der Ernst des Erwachsenwerdens kommt noch früh genug und dann wünschen wir uns die Zeit zurückdrehen zu können." Er tat es ihr gleich und drehte sich auf den Rücken. Zusammen sahen sie den strahlenden Sternen entgegen und er griff nach ihrer Hand, die er fest drückte.

„Das Schuljahr wird fantastisch. Das spüre ich", seufzte er und sie musste lächeln. So wie er das sagte, musste sie ihm glauben. Er konnte ihr das Goldene vom Himmel lügen - wenn dieses Strahlen in seinen Augen erschien, glaubte Liz ihm Alles.

„Wirst du dieses Jahr mehr Zeit haben?" Sie dachte an all die Zeit, in denen sie Sirius das Jahr zuvor manchmal zwei Wochen am Stück nicht zu Gesicht bekommen hatte. Sie wollte es nicht unbedingt zugeben, doch sie war sehr einsam gewesen. Liz nahm es ihm nicht übel, schließlich hatte er im Gegensatz zu ihr unzählige Freunde, zu denen er die Freundschaft pflegen musste.

„Auf jeden Fall, Lizzie. Letztes Jahr war ... turbulent", antwortete er und sein Lächeln wurde auf seltsame Art und Weise traurig. Dachte er an seinen Auszug aus seinem Elternhaus? „Das siebte Jahr wird unvergesslich", fügte er hinzu und sein übliches Lächeln legte sich auf sein Gesicht.

Liz hob die Hand und spreizte den kleinen Finger ab.
Sie brauchte ein Versprechen, sie brauchte etwas, woran sie sich klammern konnte.

„Kleiner-Finger-Schwur?", fragte sie.
Grinsend hakte er seinen Finger bei ihrem ein.
„Kleiner-Finger-Schwur."

***

𝐄𝐫𝐬𝐭𝐞𝐫 𝐄𝐢𝐧𝐝𝐫𝐮𝐜𝐤? (:

𝐚𝐛𝐨𝐮𝐭 𝐚𝐭𝐭𝐚𝐜𝐡𝐦𝐞𝐧𝐭 & 𝐚𝐧𝐭𝐚𝐠𝐨𝐧𝐢𝐬𝐦 | 𝐑𝐮𝐦𝐭𝐫𝐞𝐢𝐛𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt