𝐚𝐜𝐡𝐭𝐮𝐧𝐝𝐳𝐰𝐚𝐧𝐳𝐢𝐠 / Sirius

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𝐒𝐈𝐑𝐈𝐔𝐒 fiel es verdammt schwer sich auf etwas anderes als Liz Lippen zu konzentrieren. Dabei galten die Worte, die sie aussprach und die er sowieso nicht hörte, gar nicht ihm, sondern Lily. Doch er konnte seine Augen von dieser zarten roten Haut, die sich sachte und in seiner Welt fast wie in Zeitlupe bewegte, einfach nicht losreißen. Zu gerne würde er sie auf seinen spüren und schmecken. Es war fast schon hypnotisierend und so unfassbar verlockend, dass er die Finger in den Tisch krallte, um sich davon abzuhalten, aufzuspringen, quer durch den Verwandlungs-Klassensaal zu sprinten, Liz zu tackeln und ihre Lippen (oder auch jedes andere Körperteil von ihr) zu küssen, bis er keine Luft mehr bekam.

„Sag mal, gehts dir gut?"

James stirnrunzelndes Gesicht schob sich in sein Blickfeld und riss ihn somit aus seiner schwummerigen Traumwelt.

„Natürlich gehts ihm gut, er grinst doch wie ein Idiot", meinte Remus und warf Sirius ebenfalls einen Blick zu, im Gegensatz zu James jedoch amüsiert und wissend. Er schien sich denken zu können, warum Sirius so unruhig war, schließlich war er der einzige, der von seinen Gefühlen seiner besten Freundin gegenüber wusste.

„Er sieht eher aus, als würde er ein ziemlich großes Geschäft zurückhalten", gab Peter seine Überlegung kund und studierte Sirius Gesicht aufmerksam. James gluckst und nickte, als Sirius die Augen verdrehte.

„Seid ihr fertig damit, mich zu analysieren? Mir gehts super", entgegnete er zappelig. Er hatte ihnen nichts davon erzählt, was zwischen ihm und Liz in der Bibliothek passiert war. Er wusste nicht wie. Er wusste ja nicht einmal genau, was passiert war. Klar, sie hatten sich geküsst, mehr als das; wild rumgemacht, doch war es so plötzlich und ohne Anfang oder Ende passiert, dass er keine Ahnung hatte, was das nun für sie beide hieß.

Nur bei einem war er sich sicher: Nichts würde mehr sein, wie es einmal war, denn diesen Kuss konnten sie nicht ignorieren. Er war nicht wie ihr erster Kuss gewesen, er war kein Experiment gewesen. Dieser Kuss in der Bibliothek war passiert, weil sie beide es gewollt hatten. Und das mit so viel Leidenschaft und Gier, dass es Sirius noch immer die Eingeweide durcheinander wirbelte, wenn er nur daran dachte. Sein Blick huschte wieder zu Liz, diesmal jedoch bedacht darauf, sie möglichst unauffällig zu beobachten.

Sie streichelte gerade den Marder, den Lily aus einem Stück Altholz gezaubert hatte und grinste, als er an ihrem Fingernagel knabberte. Sie schien völlig sorglos und zufrieden, als würden ihr nicht tausend Dinge durch den Kopf jagen.

Doch Sirius wusste es besser. Er kannte sie lange genug, um zu wissen, dass dies nur eine Fassade sein konnte. Liz gehörte zu den Menschen, die sich über jede Kleinigkeit unzählige Gedanken machten, sei es auch nur ein Wort, das sie falsch benutzt hatte und sich dann in Grund und Boden schämte. Hinter ihrer blassen Stirn ratterte es wahrscheinlich wie in einer alten Kohlefabrik.

„Habt ihr schön miteinander gearbeitet?"

Sirius fuhr zusammen und begegnete Remus unschuldigem Blick. „Wie bitte?", fragte er verdattert und spürte, wie ihm die Hitze in den Kopf stieg.

Remus Mundwinkel zuckte, als er sein Gesicht betrachtete, auf das man vermutlich mit Edding Erwischt kritzeln konnte und es damit auch noch unauffälliger gewesen wäre. „Na, während der Nachhilfestunde. Hat es geklappt?"

„Jaah ... ja, hat alles bestens funktioniert, Moony", antwortete Sirius nachdrücklich und konnte ein kurzes Grinsen, das er sofort wieder versteckte, nicht unterdrücken. Remus hatte ein Talent dafür, seine Freunde zu durchschauen und zu lesen wie ein offenes Buch. Vermutlich hatte es seine Vorteile, eine Leseratte zu sein.

„Freut mich. Vielleicht erzählst du mir ja später, was du alles mit ihr durchgenommen hast", schmunzelte Remus und Sirius prustete, sodass sich ein paar Schüler verwirrt zu ihnen umdrehten. Darunter auch Liz, die die Augenbraue in die Höhe zog, dann jedoch schnell wieder wegsah. Sirius hatte nicht erwartet, dass Remus solche dreckigen Hintergedanken hatte und es auch noch so unmissverständlich verpacken würde.

„Wovon redet ihr zwei eigentlich?", wollte James wissen und blickte verwirrt zwischen ihm und Remus hin und her.
Die beiden warfen sich einen Blick zu.

„Tatze hat Liz doch in Zaubertränke geholfen", antwortete Remus als wäre es völlig klar, „Ich hoffe nur, du hast sie nicht zu hart rangenommen." Sein Schmunzeln verwandelte sich in ein verschmitztes Grinsen und Sirius sog die Luft ein. „Du weißt, sie hat mit dem Thema Probleme, also sei nicht zu streng mit ihr." Der Blick, der er ihm dabei zuwarf hätte dreckiger nicht sein können. Es schien ihm richtig Spaß zu machen, Sirius damit aufzuziehen.

„Remus John Lupin, du kleiner Wicht", zischte Sirius ihm grinsend zu, doch Remus blickte ihn wie ein Unschuldslamm an.

„Okay, ich hab das Gefühl, hier geht etwas völlig absurdes ab und mir wird echt schlecht, wenn ich euch nur dabei zuschaue. Ich will gar nichts weiter wissen", grunzte James und widmete sich etwas eingeschnappt wieder seinem Holzstück, das bereits auf vier haarigen Beinen auf seinem Tisch herumhuschte.

Er wirkte nicht, als wäre er in seinem Element und Sirius fiel nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen auf, dass er ziemlich schlecht gelaunt war. Normalerweise würde er Sirius nun nämlich mit versauten Fragen löchern, bis er ihm jedes kleinste Detail verraten hätte.
Er würde ihn mal darauf ansprechen müssen, doch dazu mussten sie unter vier Augen sein.
Verhalten schmunzelnd ließen Remus und Sirius das Nachhilfethema fallen und konzentrierten sich eine Weile auf ihre eigenen Holzscheite. Eher halbherzig schwang Sirius seinen Zauberstab und murmelte die Formel, die das Ding in einen schnuppernden Nager verwandeln sollte, denn so richtig konnte er seine Gedanken nicht darauf lenken. Immer wieder huschten sie zu Liz zurück, als wäre sie ein Magnet und seine Augen ein Stück Metall.

„Diese Woche ist das letzte Wochenende, an dem wir wahrscheinlich Zeit haben etwas anderes zu tun als für die Abschlussprüfungen zu lernen", warf Remus plötzlich ein und die vier Jungs hoben gleichzeitig die Köpfe, „Wir könnten im Drei Besen ein bisschen feiern, was meint ihr?"

Sirius ließ seinen Stab sinken und legte den Kopf schief.

„Was ist denn heute in dich gefahren, Moony?", grinste er, „Erst machst du versaute Andeutungen und jetzt willst du sogar Party machen? Hat dir jemand eine Gehirnwäsche verpasst oder bist du endlich in die Pubertät gekommen?"

Remus verdrehte die Augen, schnaubte jedoch amüsiert. „Ich habe nur in den letzten Wochen das Gefühl gehabt, dass wir alle so viel um die Ohren haben, dass wir das wesentliche aus den Augen verloren haben: Das ist unser letztes gemeinsames Schuljahr. Danach gibt es Hogwarts für uns nicht mehr. Ich will nicht später zurückdenken und mein letztes Jahr so in Erinnerung haben, wie es bis jetzt gelaufen ist", sagte er und sah sie alle nacheinander an. Selbst James schenkte ihm seine volle Aufmerksamkeit und ließ sein zappelndes Holzstück in Frieden.

„Du hast recht", sagte James, „Ich will mir keine Geschichten ausdenken müssen, wenn ich meinen Enkelkindern von meinem Abschlussjahr erzähle, ich will ihnen echte Geschichten erzählen."

„Geht mir genauso", stimmte ihm Peter zu, „Sollte das nicht das beste Jahr unseres Lebens sein? Wenn das so ist, dann wird der Rest meiner Tage ziemlich lahm sein."

Die Stimmung in der letzten Reihe hatte sich verändert. Nachdenklich blickte Sirius seine Freunde an, während Peter bedrückt an seinem Zauberstab herumnestelte.

Sie hatten alle versucht nicht zu viel darüber nachzudenken, doch je näher die Prüfungen rückten, desto mehr krampfte sich ihr Magen zusammen, denn die Tatsache, Hogwarts für immer zu verlassen wurde immer realer. Auch wenn erst noch Monate vergehen mussten - Sirius musste hart schlucken, wenn er daran dachte. Hogwarts war sein Zuhause, der einzige Ort, an dem er sich immer zu hundert Prozent wohl und angekommen fühlte, wo er sein konnte, wie er wirklich war. Was sollte er tun, wenn ihm sein sicherster Platz plötzlich weggenommen wurde?

„Dann lass uns das tun", durchbrach er die Stille, „Feiern wir dieses Wochenende, nur wir Vier." Er lächelte sie an. „So wie früher."

***

𝐚𝐛𝐨𝐮𝐭 𝐚𝐭𝐭𝐚𝐜𝐡𝐦𝐞𝐧𝐭 & 𝐚𝐧𝐭𝐚𝐠𝐨𝐧𝐢𝐬𝐦 | 𝐑𝐮𝐦𝐭𝐫𝐞𝐢𝐛𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt