𝐧𝐞𝐮𝐧 / Liz

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𝐒𝐎 enthusiastisch Liz auch gewesen war, als Snape ihr erklärt hatte, dass er ihr helfen würde, so schnell verzweifelte sie am Ende. Die Nachhilfestunden entpuppten sich in eine turbulente Sache.
Snape gab sich größte Mühe ihr mit Geduld und ruhiger Stimme jede Einzelheiten der Zaubertrankkunst beizubringen, zählte jedes Mal dutzende und dutzende von Zutaten auf, erklärte ihr jede Wirkung, jede Gefahr, doch Liz Frustrationstoleranz war einfach nicht hoch genug.

Genervt raufte sie sich die Haare und fühlte sich noch dümmer als zuvor sowieso schon. Sie konnte sich einfach nichts merken, verwechselte Dinkelkrötenkraut mit Flohalgen oder Kürbiswurzelsaft mit Himmelserlenblättern, mixte die Folgewirkungen jedes Trankes durcheinander.

Snape pflichtete ihr zwar immer wieder bei, dass Rückschläge nichts Schlimmes seien und sie sich die Dinge irgendwann schon würde merken können, wenn sie sie nur oft genug wiederholte, doch dafür hatte Liz nur ein müdes Nicken übrig. Er als Musterschüler konnte das leicht sagen.

Im Unterricht bei Slughorn lief es nicht unbedingt besser. Ihre Tränke waren zwar keine Katastrophe mehr, doch von der Wertung gut waren sie noch sehr weit entfernt.

Die seltsamen Blicke, die Sirius ihr vom anderen Ende des Kerkers immer wieder zuwarf, halfen ihr auch nicht im geringsten. Sie machten sie nur noch nervöser. Natürlich wusste sie, dass es ihm vermutlich nicht gefiel, dass sie mit dem Jungen Zeit verbrachte, den er und seine Freunde am liebsten ärgerten, doch wenn sie ehrlich zu sich selbst war, war ihr das herzlichst egal. Hier ging es um Liz und ihre Noten, nicht um Sirius und seinen Erzfeind. Das musste er akzeptieren. Leider wusste Liz, dass Sirius nicht der Typ für das einfache Hinnehmen war.

Als sie nach einer anstrengenden und nervenraubenden Nachhilfestunde mit Snape die Bibliothek verließ, wurde sie jedoch nicht von Sirius, sondern von Lily aufgehalten. Überrascht blieb Liz stehen, als die rothaarige Schönheit aus einem der Mädchenbäder trat, sie entdeckte und auf sie zujoggte. Als sie vor ihr stehen blieb, warf Lily einen kurzen Blick auf die geschlossene Bibliothekstür.

„Hey, Liz", begrüßte sie sie, „Ich darf dich doch Liz nennen oder? Ich meine, ich kenne nur die Namen, die Sirius dich immer nennt, also ..."

Etwas überrumpelt nickte Liz und Lily folgte ihr, als sie sich wieder in Bewegung setzte. „Kann ich dir helfen?", fragte Liz schüchtern, als Lily ein paar Momente lang nichts gesagt hatte und die Stille zwischen ihnen gewachsen war.

Lily's Anwesenheit machte sie unheimlich nervös, schließlich war sie eines der beliebtesten Mädchen auf der Schule und das nicht nur weil sie vermutlich auch das Schönste war. Lily Evans war die junge Frau, die wahrscheinlich jede sein wollte. Intelligent, mutig, schlagkräftig, hübsch und gütig. Noch nie hatte jemand schlecht über sie gesprochen, jedenfalls hatte Liz es noch nie mitbekommen.
Und ausgerechnet mit ihr wollte Lily sprechen?

Seltsamerweise schien Lily ein wenig unbehaglich. Mit ihren Fingern zupfte sie im Gehen an einem Knopf ihrer weißen Bluse. „Ich ... also ich weiß nicht genau, wie ich dir das sagen soll, ohne, dass es so klingt, als wäre ich ein Stalker", fing sie an und lachte nervös, „aber ich habe gemerkt, dass du ziemlich viel Zeit mit Severus Snape verbringst. Seid ihr Freunde?"

Liz runzelte ein wenig die Stirn. Weshalb interessierte Lily sich für Snape? War sie nicht mit James zusammen? „Er gibt mir Nachhilfe. Freundschaft würde ich das nicht nennen", antwortete sie verwirrt.

Lily schien sich ein wenig zu entspannen, leise stieß sie die Luft aus. „Gut", sagte sie leise und blickte dabei auf den Bode zu ihren Füßen. Als die beiden die vielen Treppe erreichten, blickte sie Liz in die Augen und Liz war von dem stechenden Grün fast sofort fasziniert. Es war wie das Blätterdach eines Waldes im Frühling, wenn die Sonnestrahlen der untergehenden Sonne hindurchschienen. Beneidenswert.

„Weißt du", begann Lily, „Du sollst dir deine Meinung über Severus selbst bilden, doch ich würde dich gerne warnen. Er interessiert sich wirklich sehr für schwarze Magie. Gefährlich stark sogar. Du solltest das wissen, bevor du dich auf ihn einlässt."

Ein trauriges Lächeln erschien auf ihren elegant geschwungenen Lippen und Liz überkam das drückende Gefühl, dass da noch mehr sein musste. Sie musste eine Vergangenheit mit ihm gehabt haben. Der Schmerz blitzte dunkel in ihren Augen auf, als sie den Blick abwandte und lieber die Bilder an der Wand betrachtete, während sie die Stufen hinunterstiegen.

„Ich habe davon gehört. Dass er zur dunklen Seite geneigt sein soll, meine ich", murmelte Liz und versuchte sich an einem Lächeln, „doch ich habe kein Interesse daran, mich mit ihm anzufreunden. Ich nehme nur seine Hilfe in Zaubertränke an und er gibt sie mir. Mehr ist es nicht."

Sie hatten den Gang erreicht, der zum Gryffindorturm führte. Sie blickte Lily nochmals in die Augen. „Dann hoffe ich mal, dass du weißt, was du tust", sagte Lily letztendlich.

Lächelnd wandte sie sich ab, doch zögerte kurz und berührte Liz kurz sachte am Arm. „Hast du schon ein Kostüm? Für die Party am Wochenende?"

Liz schüttelte peinlich berührt den Kopf. „Ich bin in sowas leider sehr unkreativ." Noch etwas, was sie nicht konnte. Die Liste wurde länger.
Lily lachte erleichtert. „Geht mir genauso. All meine Freundinnen haben schon ihre Outfits geplant, aber versuche dich mal als Reh zu verkleiden. Ein verdammtes Reh!"

Liz grinste ebenfalls schüchtern. Mittlerweile fühlte sie sich gar nicht mehr so unsicher in Lily's Nähe, auch wenn sie die Perfektion in Person war. „Ein Rabe ist nicht gerade besser, oder?", meinte sie und Lily riss begeistert die Augen auf.

„Dein Patronus ist ein Rabe? Oh, wie schön! So geheimnisvoll ... das passt zu dir."

Liz stockte. Lily hielt sie für geheimnisvoll? Das wäre das letzte Adjektiv, mit dem sie sich beschrieben hätte. Tollpatschig, unsichtbar oder planlos - aber geheimnisvoll?

„Hey", sagte Lily plötzlich und riss Liz aus ihren Gedanken, „Ich habe eine Idee. Wollen wir uns gegenseitig helfen? Du hilfst mir bei meinem Kostüm und ich dir bei deinem. Eine Hand wäscht die andere?" Erwartungsvoll blickte sie sie an und verblüfft sah Liz zurück. Dann nickte sie langsam.

„Ich werde dir aber keine große Hilfe sein, ich habe keine Ahnung von Mode", gab sie zu, doch Lily winkte ab. „Das wird schon, keine Sorge."

Mit diesen Worten verabschiedete Lily sich und lief lächelnd und mit wehendem roten Haar Richtung Gryffindor-Gemeinschaftsraum. Liz sah ihr noch ein paar Sekunden hinterher. Hatte sie es gerade tatsächlich geschafft mit einem Mädchen zu reden, ohne dass sie sie für unheimlich oder seltsam hielt? Und dann auch noch mit Lily Evans.
Liz konnte das Lächeln nicht verstecken.

Vielleicht wurde die Party doch nicht so unglaublich schrecklich, wie sie sie sich vorstellte.

***

𝐚𝐛𝐨𝐮𝐭 𝐚𝐭𝐭𝐚𝐜𝐡𝐦𝐞𝐧𝐭 & 𝐚𝐧𝐭𝐚𝐠𝐨𝐧𝐢𝐬𝐦 | 𝐑𝐮𝐦𝐭𝐫𝐞𝐢𝐛𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt