Kapitel 22

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"Ria, was war das?"
Ich atmete tief durch, doch die Panik in mir konnte ich nicht abschütteln. Ich sah Jake an und überlegte krampfhaft, was ich antworten sollte. Immerhin hatte ich verdammt noch einmal selbst keine Ahnung davon, wie das passieren konnte. Meine Mum war ein Adanyi mit übernatürlichen Kräften gewesen und mein Dad war noch immer ein Lykaner und der direkte Sohn von einem der Uhrväter. Da wäre es vielleicht minimal denkbar, dass ich Selbstheilungskräfte hätte. Aber so war es nicht. Ich hatte immer nur Verletzungen gehabt, die völlig normal verheilten. Aber dieses Mal, als Brenna mir die Schulter halb zerfetzt hatte, hatte sie sich innerhalb von Sekunden verschlossen und Jake hatte es mitbekommen und weiß die Mondgöttin wer noch.
"Jake... ich weiß... ich hab selbst keine Ahnung was das war oder wie und weshalb ich das plötzlich konnte. Ich habe keine Ahnung!", sagte ich viel verzweifelter als beabsichtigt. Aus Reflex schlang ich meine Arme um meinen Oberkörper und sah beiseite. Jake ließ mir Zeit. "Das war nicht das... naja Einzige, was passiert war an dem Tag." Ich kniff mir in den Nasenrücken, um das Pochen im meinem Kopf zu unterdrücken.
"Was?"
"An dem Morgen, war ich duschen und mit einem Mal... waren meine Augen anders."
"Anders?"
Ich nickte. "Sie hatte plötzlich die Farbe von flüssigem Silber... Ich hab mich so erschrocken." Ich setzte mich vorsichtig auf die Kante meines Bettes und starrte auf den Boden. In Gedanken machte sich die Panik immer stärker bemerkbar und ich spielte alle möglichen Szenarien durch, wie dieses Gespräch hier enden konnte. Das banalste an dieser Sache war nicht nur, dass ich eigentlich keinen blassen Schimmer hatte, was hier abging, sondern auch dass ich Angst hatte, es Jake zu erzählen. Dabei war es unwahrscheinlich, dass er mich dafür verurteilte. Vor allem, weil ich dafür ja überhaupt nichts konnte. Was auch immer das war, was hier mit mir passierte.

Der Lykaner atmete tief ein und ging dann vor mir in die Hocke. Ich sah auf und mein Blick traf seinen undurchdringlichen. Er nickte, als würde er sich selbst zuerst zustimmen müssen.
"Wir werden herausfinden, was das zu bedeuten hat.", versprach er und legte leicht den Kopf schief, während er mich musterte. "Aber wir sollten es den anderen erstmal nicht erzählen. Und wenn wir gar nichts dazu herausfinden, sollten wir mit deiner Mom sprechen."
Ich stimmte Jake zu und war dankbar, dass es dabei beließ. Aber ich kam nicht darum mir Sorgen darüber zu machen, wie sein würde, es meiner Mom zu erzählen. Sie war ein unglaublich intelligenter Mensch und wusste so unfassbar viel über unsere gesamte Geschichte. Was auch nicht wirklich verwunderlich war. Immerhin war sie über 700 Jahre alt.
"In Ordnung.", sagte ich und zwang mich zu einem kleinen Lächeln.
"Gut."
"Glaubst du wirklich, dass es die anderen auch mitbekommen haben?"
Er überlegte einen Moment.
"Brenna war zu sehr in Rage, um es wirklich mitbekommen zu haben und die anderen beiden waren damit beschäftigt, mich zurück zu halten.", erklärte er. "Aber ich bin mir fast sicher, dass Yuhkai es mitbekommen hat."
Ich schloss die Augen und schickte ein kleines Stoßgebet an die Mondgöttin. Sollte doch die kleinste Chance bestehen, dass er es nicht gesehen hatte, sollte sie bitte Wirklichkeit sein.
"Zerbricht dir nicht den Kopf darüber. Ich schätze ihn nicht so ein, dass er es weiter erzählt oder es sogar gegen dich verwendet." Ich lachte trocken auf. Jake grinste ungewollt und schüttelte den Kopf.
"Du kannst den Kerl echt nicht leiden oder?"
"Ich hoffe eigentlich nur, dass er schnell wieder verschwindet. Ich meine, der Typ hat mich nicht mal mehr erkannt und hatte auch noch die Nerven mit mir... zu flirten?"
Jake lachte und setzte sich neben mich auf das Bett und die Matratze senkte sich zu seiner Seite herab. Er schob die Ärmel seines Hoodies nach oben und stützte die Unterarme auf seinen Knien ab. Der Boden schien plötzlich interessanter als ich, aber von der Seite aus, konnte ich deutlich sehen, wie er sich das Lachen verkniff. Er wurde nach einer kurzen Weile sogar etwas rot im Gesicht.
"Jake!"
Mein bester Freund schüttelte den Kopf. Er zwang sich regelrecht dazu, mich zu ignorieren.
"Jake Black!"
Wieder ein nachdrücklicher Kopfschütteln.
"Zwing mich nicht dazu deinen vollen Namen zu sagen zu müssen."
Er atmete hörbar und etwas gequält aus.
"Was?"

"Erstens...", begann er, während er versuchte so viel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen. "Sahst du damals... naja, nicht so aus, wie du eben jetzt aussiehst. Also kann ich irgendwo verstehen, dass er dich nicht erkannt hat."
Ich blinzelte.
"Zweitens..." Und er machte noch einen Schritt nach hinten. "Bist du naja... schon attraktiv und das wissen sehr viele an der Schule."
Ich sah ihn verwirrt an.
"Aber mit mir flirtet doch niemand? Außer er!"
"Weil alle an der Schule wissen, dass du mit Erik zusammen bist."
Ich seufzte.
"Und drittens?", fragte ich.
"Und zum dritten... war es Yuhkai, der dich vor mir beschützt hat, als ich abgedriftet bin und er war es auch, der deinen Eltern gesagt hat, dass es dir nicht gut ging. Und er hat mir auch erzählt, was du in den letzten Tagen durchgemacht hast. Egal wie sehr du ihn hasst oder wie stark deine Abneigung gegenüber ihm ist, solltest du das wissen."
Plötzlich fiel mir ein, dass Jake das vorhin auch schon kurz erwähnt hatte. Aber ich hatte es nicht hören wollen. Ich ließ mich nach hinten fallen und starrte an die Decke. Jetzt musste ich mich wirklich bei Yuhkai entschuldigen... und bedanken. Ich griff nach einem der Kissen und drückte es voller Frust auf mein Gesicht.
"Ria?"
"Mhhh?"
"Gib ihm ne Chance. Immerhin werden er und die anderen noch eine Weile hier bleiben müssen.", bat er mich.
"Muss ich?"
"Tu es nicht ihm zuliebe, sondern für dich. Hass zerfrisst dich irgendwann von innen und dagegen gibt es keine Medizin."
Ich legte das Kissen beiseite und richtete mich wieder auf. Jake war seit meiner Kindheit ein Teil meines Lebens und dafür war ich dankbar. Selbst in diesem Moment, wo er das sagte, wogegen ich mich innerlich sträubte.
"Und noch eine Sache.", meinte Jake und mit einem Mal hatte er diesen vollends ernsten Blick aufgelegt. "Ich weiß, dass es deine private Angelegenheit ist und ich mich da nicht reinhängen sollte, aber ich hab dich lieb und in den letzten Tagen, hat Erik sich kein einziges Mal nach dir erkundigt. Er hat auch nie nach dir gesehen und das hast du nicht verdient. Tu dir bitte selbst den Gefallen und überleg, ob es das alles jetzt überhaupt noch wert ist."
Ich schluckte. Und ich wusste, dass er damit recht hatte. Das ganze war es nicht mehr wert. Schon seit einer Weile nicht mehr.

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Hellou👾🖤

Ein neues Kapitel.☀️
Ich hoffe, euch geht es gut. Da ja mal wieder sehr viel strengere Corona Regeln gelten, versuche ich euch die Zeit so angenehm wie möglich zu machen mit neuem Lesestoff.

In letzter Zeit haben mich auch ganz liebe Nachrichten erreicht von euch und ich wollte hier einfach noch einmal Danke sagen für eure Unterstützung.❤

Mit lieben Grüßen
Jessy👾🖤

PS: 👾🖤 das sind momentan meine Lieblingsemojis😊🔥

Wolfsblut - ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt