Nach dem Gespräch mit Yuhkai, war auf der einen Seite zwar froh, endlich Klarheit zu haben, dass ich nichts falsch gemacht hatte, aber auf der anderen Seite, war ich nun mehr verwirrt als vorher. Und das spiegelte sich auch in meiner Laune wieder. Ich hatte nur ein genuscheltes Morgen herausbekommen, als ich zu meinen Freunden gestoßen war und war geradezu in die Schule gestürmt. Hätte ich auch noch Erik vor dem ersten Unterricht gesehen, wäre der Tag echt gelaufen. Ich hatte zwar gesagt, dass wir nochmal darüber sprechen könnten, aber nach der Unterhaltung mit Yuhkai... war mir das alles andere als recht.
Die anderen bemerkten, dass etwas nicht stimmte, verstanden aber auch, dass ich gerade nicht darüber reden wollte. Ella war zum Glück zu sehr damit beschäftigt, nach ihrem Gefährten Ausschau zu halten und Liam wollte erst gar nicht wissen was los war. Lee musterte mich zwar mit etwas sorgenvoll, beließ es aber dabei... Ich hatte Jake den Morgen über mich nicht gesehen, was mir sehr recht kam. Er hätte darauf bestanden, dass ich mit ihm sprach und erzählte, was los sei. Aber ich wollte weder reden noch darüber nachdenken. Bis zur Mittagspause hatte sich der Unterricht gezogen wie ein zäher Kaugummi und und wir hatten dummerweise in Mathe einen Überraschungstest geschrieben. Wirklich, der Tag konnte nicht mehr schlimmer werden. Zum Glück gab es zum Mittag was leckeres zu essen. Süßkartoffeln und Salat. Das Dressing war super. Meine Laune wurde also ein klein wenig besser. Ich verfolgte gerade stumm die lebhafte Unterhaltung zwischen meinem Bruder und Miles - Ellas Gefährten - über die Beurteilung, ob der Hobbit oder Herr der Ringe besser war. Ich kannte Liam. Er hasste die Auffassung, dass jemand Herr der Ringe nicht leiden konnte und war dementsprechend auch lauter. Miles behielt, soviel musste ich ihm zugestehen, die ganze Zeit über einen kühlen Kopf. Mein Handy vibriert auf dem Tisch. Ich hatte eine Nachricht von einer unbekannten Nummer. Etwas skeptisch öffnete ich die Nachricht und las. Es war Elisa. Sie wollte mich dringend in der Bibliothek sprechen. Merkwürdig. Die anderen unterbrachen ihre Gespräche nur kurz, um mir nach zu sehen, doch ich war ziemlich schnell aus der Cantine heraus gegangen. Fast schon geflüchtet.Die Bibliothek war so gut wie leer. In der Nähe der großen Doppeltür saß eine kleine Gruppe von jüngeren Schülern, die an den letzten Feinschliffen ihres Plakates arbeiteten. Aber sonst war niemand weiter hier. Ich lief durch die Reihen und musterte flüchtig einige der abgenutzten Bucheinbände. Doch irgendwie fand ich Elisa nicht. An ihrem gewohnten Platz saß sie nicht. Dieses etwas in mir regte sich. Streckte vorsichtig die Fühler aus und langsam bekam ich ein ungutes Gefühl.
„Elisa", rief ich leise. „Wo bist du?"
Nichts. Ich konnte nicht einmal mehr die Schüler hören, die an ihrem Plakat arbeiteten. Lediglich meine Schritte hallten in der Bibliothek wieder. Wo war sie denn bitte nur?
„Elisa?"
„Hier hinten", antwortete sie. Erleichtert atmete ich aus, doch dieses warnende Gefühl blieb. Etwas war anders. Stimmte hier nicht. Etwas schneller lief ich zum Ende der Bibliothek. Ich war selten bis in diese Ecke gekommen. Es gab kleine Sitzgecken mit Sofas und Sesseln. Das braune Leder war schon alt und abgenutzt. Trotzdem wirkte es gemütlich. Ich erblickte Elisabeth n der hintersten Ecke. Als sie mich sah, erschrak ich. Sie war blass und Sorge, sogar Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Was war hier verdammt nochmal los. Als ich näher kam, erhob sich jemand schwerfällig und vor Anstrengung stöhnend von dem großen braunen Sofa. Jake!
„Was ist passier", wollte ich wissen, doch hielt inne, als ich ihn sah. Er war blass, hatte im Gesicht ein riesiges blaues Auge und die Haut an seinem Kinn wies fast die gleiche Farbe auf. Seine Lippe war aufgeplatzt, blutete aber zum Glück nicht. Kratzer zogen sich an seinem linken Unterarm entlang und ich konnte sehen, dass die Knöchel seiner beiden Hände blutig waren. „Fuck! Jake, was zur Hölle ist passiert?" Seine blauen Augen blickten zu mir auf, verengten sich aber schnell.
„Du zu erst. Irgendwas ist los mit dir", meinte er und versuchte aufzustehen. Er fiel jedoch genau so schnell zurück in die Polster, wie er versucht hatte aufzustehen. „Ria, was ist mit dir?"
Ich blickte zu Elisa. Sie sah völlig mitgenommen aus, hielt sich aber tapfer aufrecht. Sie hatte zum Glück keine Verletzungen.
„Es ist kompliziert und ich möchte gerade nicht darüber reden", sagte ich und setzte mich neben meinen besten Freund. Er hatte Blut auf dem weißen Shirt, zu viel, als dass es nur sein eigenes war.
„Gut, dann rede ich auch nicht", gab er nur grimmig von sich und versuchte die Finger zu bewegen. Er hatte schmerzen, versuchte aber, es sich nicht anmerken zu lassen. So ein Sturkopf!
„Jake! Ich habe heute keine Lust auf solche Kinderspielchen. Also raus mit der Sprache", drängte ich. „Jake, bitte!"„Entweder du erzählst es oder ich mache es", drohte Elisa, bevor sie sich vor ihn kniete und sanft die Hände auf seine Knie legte. Ich war überrascht, dass sie das wagte. Vor allem, da Jake sowieso schon so wirkte, als würde er gerne wieder jemanden schlagen. Mal ganz davon abgesehen, dass er körperlich kaum mehr in der Lage dazu war.
„Ich bin mit einigen von Eriks Freunden aneinander geraten", gab er endlich von sich. Es war, als entwichen mir jegliche Gesichtszüge. Er war was?
Zum Himmel. Erik seine Freunde konnten was erleben. Diese Kraft in mir vibrierte in meinen Adern. Und ich hätte wetten können, dass es mit einem Mal kälter wurde.
„Und warum", wollte ich wissen. „Was ist passiert, dass du jetzt so aussiehst?"
„Ich hab sie reden hören. Über dich und wie du mit Erik Schluss gemacht hast. Als sie mich bemerkten machten sie weiter." Ich wollte gar nicht wissen, was sie gesagt hatten. „Sie haben dich als Miststück bezeichnet und als Hure. Dann meinten sie, ob es sich wenigstens für mich lohnt, dass du deine Beine jetzt für mich breit machst anstatt für Erik. Ich war da schon auf 180, aber dann haben sie was über... sie haben meine Mate beleidigt." Fuck.
Mit entglitten alle Gesichtszüge. Diese Mistkerle hatten was getan? Schmerzhaft gruben sich meine Fingernägel in die Handflächen, als ich die Hände zu Fäusten ballte, um meine Wut zu unterdrücken.
„Ria", ertönte Elisas Stimme. „Ria, was ist los mit dir? Was..." Ich hörte sie nicht mehr. Der Druck in meinem inneren wurde stärker und das unerträglich hohe Fieben in meinen Ohren übertönte alles andere. Es wütete in mir. Die Beleidigungen gegen mich interessierten mich gänzlich wenig, aber sie hatten nicht nur meinen besten Freund damit beleidigt, sondern auch seine Mate. Sie hatten eines unserer obersten Gesetzte gebrochen. Elisa hatten sie körperlich vielleicht nichts getan, aber sie haben sie beleidigt. Sie haben Elisa gegenüber ihrem Mate beleidigt und dafür würden sie büßen. Das was Jake mit ihnen - hoffentlich - schon angestellt hatte, würde ein Segen dem gegenüber sein, was ich ihnen antun würde. Erik und seine Freunde wollten dieses Spiel spielen und ich würde nicht untätig daneben sitzen. Oh sie hatten ja keine Ahnung, mit wem sie sich angelegt hatten...
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Wolfsblut - Prophezeiung
WerewolfWeißt du wer du bist? Weißt du was du bist? Weißt du wer du werden wirst? Jahre ist es her, seitdem Kyra den dunklen Adanyi besiegt und alles aufgegeben hatte, um diejenigen zu retten, die ihr etwas bedeuteten. An diesem Tag begann sich die uralte...