Kapitel 43

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„Das wirst du nicht", ertönte gerade noch rechtzeitig Lee's Stimme. „Manchmal kann ich kaum glauben, dass ich mit so einem ungehobelten Vollidioten zusammen bin." Ich verkniff mir gerade so das Lachen, als sich der Mate meines Bruders an ihm vorbei ins Zimmer schob.
„Wie bitte? Der Bastard hat meine kleine Schwester, im meinem Zimmer, flach gelegt!"
„Na endlich", rief Lee aus und zwinkerte mir zu. „Wurde auch endlich Zeit, dass ihr die Sache zwischen euch klärt." Verdutzt sah dich den Mate meines Bruders an, bis mir klar wurde, was Lee damit meinte. In meinem - erbärmlichen - Versuch, Yuhkai zu hassen und meine Gefühle für ihn zu unterdrücken, hatte ich überhaupt nicht mitbekommen, wie das alles auf die anderen wirken musste. Vor allem, weil Lykaner so etwas offensichtliches schneller begriffen als Menschen. Oder Liam. Ja, mein Bruder kam wirklich nicht gut mit neuen Dingen klar.
„Ja, fand ich auch. Das wurde wirklich Zeit", antwortete mein Gefährte und kam grinsend zu mir.
„Würde mir verdammt nochmal einer erklären, was hier vor sich geht? Was soll das bedeu.... oh. Oh no. Nein. Nein. Nein. Ihr wollt mich doch verarschen!"
Ich atmete tief ein, bevor ein Stück auf meinen Bruder zu ging. Irgendwie hatte ich die Befürchtung, dass der Junge gleich anfängt zu hyperventilieren. Mit verschränkten Armen blieb ich vor Liam stehen. Eine der Adern an seinem Hals pulsierte.
„Keiner will dich hier verarschen, Liam.", begann ich und sah kurz über die Schulter zu meinem Gefährten. Meinem Mate. „Yuhkai und ich haben die Zeit genutzt und ehrlich miteinander gesprochen. Zwischen uns war schon länger... etwas, was keiner von uns so richtig wahrhaben wollte. Oder naja, ich wollte es nicht wahrhaben."

Ich spürte, wie sich eine warme Hand auf meinen unteren Rücken legte. Yuhkai blieb direkt neben mir stehen und sprach für mich weiter: „Ich habe schon vor einer Weile gemerkt, dass sich mein innerer Wolf zu Ria hingezogen gefühlt hat und vor ein paar Tagen habe ich dann endlich verstanden, dass sie meine Gefährtin ist. Ganz unabhängig davon, hatte ich mich schon irgendwie in sie verliebt." Mein Herz zersprang mir vor Freude fast in der Brust. Zu hören, wie sanft Yuhkai über uns sprach, war so unglaublich schön. Auch mein Bruder verstand, dass das zwischen uns nicht nur Sex gewesen war und beruhigte sich endlich. „Liam hör zu, vor einer Weile wäre ich deiner Schwester gerne noch an die Kehle gesprungen, so wie wie versucht haben uns zu hassen, aber anscheinend hat die Mondgöttin andere Pläne für uns. Ria ist meine Gefährtin und egal was passiert, sie ab sofort mein ganzes Leben. Und wenn du in deiner Rolle als großer Bruder damit nicht einverstanden bist, ist mir das recht, wir können das nämlich gerne draußen klären. Mir wäre es aber lieber, wenn du es einfach akzeptierst." Lee grinste noch immer wie ein Honigkuchenpferd und schlang die Arme um Yuhkai und mich. Vorsichtig zog ich den Saum des T-Shirts etwas nach unten, während er uns fast erwürgte. Zum Glück schien Yuhkai sich genau so unbehaglich zu fühlen wie ich.
„Schon gut. Ihr seit Gefährten und das steht an erster Stelle", kam es nach einer Weile von meinem Bruder. „Irgendwie hatte ich schon so ein Gefühl, dass ihr irgendwann etwas miteinander anfangt. Die Spannung war echt kaum mehr auszuhalten und sehr unangenehm, aber anscheinend war ich mal wieder der Letzte, der verstanden hat warum." Mit einem leichten Klopfer auf Kai's Schulter drehte sich Liam um und trat zur Tür. „Ach ja, die neue Matratze für mein Bett geht auf euch zwei!"
„Ich hab dich auch lieb", rief ich meinem Bruder hinterher und streckte seiner Zimmertür die Zunge heraus. Ja, wir beide waren wirklich sehr erwachsen.

„Das mit der Matratze war kein Scherz, dass ist euch doch klar", hackte Lee nach. „Aber es hat mich etwas Zeit. Wir wollten eigentlich nur sehen, ob du wieder fit bist und anscheinend geht es dir ja hervorragend." Hitze stieg in meine Wangen und hätte schwören können, dass sie die Farbe von reifen Tomaten annahmen. Peinlich. „Willst du es den anderen erzählen oder soll ich es übernehmen?"
Nachdenklich sah ich zu dem Lykaner neben mir und wog die Option ab, die mir Lee bat. Die anderen hatten es auch wahrscheinlich schon denken können und würden ausrasten - vor Freude - wenn sie es erfahren würden und auf diese überschwänglichen Gefühlsausbrüche war ich, um ehrlich zu sein, nicht besonders scharf.
„Das ist lieb danke", gab ich zu verstehen. „Aber Jake würde ich es gerne selbst erzählen."
„Klar. Er ist übrigens bei Elisa zu Hause. Ihm gehts langsam wieder gut." Ich nickte und sah dem Lykaner kurz hinterher, bevor ich mich aufs Bett fallen lies und die Decke anstarrte. Das war wirklich ein gelungener Start in den Tag. Super. Plötzlich überkam Wärme meinen Körper und Bilder der letzten Nacht tauchten wieder in meinen Gedanken auf. Doch diese Erinnerungen kamen dieses Mal nicht von mir, sondern von Yuhkai. Ich stemmte mich grinsend hoch auf die Unterarme und musterte den männlichen Lykaner vor mir. Jeder Zentimeter von ihm strahlte Kraft aus und selbst mit wirren Haar und oberkörperfrei bestätigte sich meine Annahme, von vor ein paar Wochen. Yuhkai strahlte alles von einem Alpha aus. Aber darüber würde ich mir später einmal Gedanken machen.
„Es ist echt unfair", war das erste was aus mir heraus kam. Grinsend fuhr sich der Lykaner durch die Haare und zog eine Augenbraue nach oben. „Es ist echt unfair, dass du so früh am Morgen schon so gut aussiehst. Wirklich mies."  Yuhkai lachte nur.

Wolfsblut - ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt