Kapitel 19

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Ich wusste nicht, wie ich es nach Hause geschafft hatte. Ich wusste auch nicht, wie ich es geschafft hatte, die Treppen nach oben zu gehen in mein Zimmer. Erst als die Tüt geschlossen und verriegelt war, fühlte ich mich leichter. Und erst als ich auf meinem Bett lag, wurde mir bewusst, dass ich zu Hause war. Nein. Irgendwie fühlte es sich nicht so an. Nicht ganz richtig. Aber es war egal. Ich schlug die Decke über mich und rollte mich unter ihr schützend zu einem Ball. Fast wie ein Embryo lag ich da und fühlte nichts. Nur diese Leere in mir war da. Trostlos starrte ich vor mich hin und alles was ich überhaupt noch wahr nahm, war mein Lufthol, diese Leere in mir und die Wärme der Decke, die mein innerstes aber nicht erreichte.
Irgendwann - ich hatte nicht einmal eine Ahnung, wie spät es überhaupt war - klingt mein Handy. Ich ging nicht ran. Alle 30 Sekunden begann das Klingeln von neuem und sollte doch kurz Pause sein, vibrierte es und ließ mich wissen, dass ich eine Nachricht hatte. Es kümmerte mich nicht. Ich hatte angefangen auf meine Tasche zu schauen, aus der die Töne kamen, aber ich drehte mich einfach um und begann es zu ignorieren. Ich wollte allein sein. Ich hatte heute nicht nur die Kontrolle über mich selbst verloren, sondern Jake auf eine Art verletzt, die ich nie für möglich gehalten hatte. Das konnte ich mir nicht verzeihen. Und zudem passierte etwas mit mir, dass ich nicht steuern konnte. Dem ich hilflos ausgesetzt war. Und das, obwohl ich nie hilflos sein wollte. Ich hatte meine Prinzipien verraten. Hatte zugelassen, dass ich mich selbst hilflos machte. Dabei wollte ich nie hilflos sein. Nur mehr, seit diesem einen Tag....
Ein leises zaghaftes Klopfen holte mich zurück. Draußen musste es schon seit Stunden dunkel sein und nur gedämpft drang das Licht der Straßenlaterne in mein Zimmer. Mir war kalt, obwohl ich unter warmen Decke lag. Wieder ein Klopfen. Genau so sanft wie das erste. Ich rührte mich nicht. Jemand versuchte von draußen die Klinke zu drücken, aber die Tür ließ nicht nach. Ich versank wiede in der Leere, die mir vor Stunden schon ein guter Freund geworden war und starrte ins nichts.
"Ria?"

Liebevoll erklang die Stimme meiner Mum hinter mir. Ich wusste nicht, wie sie es ins Zimmer geschafft hatte, es kümmerte mich auch nicht. Ich blieb einfach liegen. Die Tür wurde geschlossen und ich hörte Schritte, die meinem Bett - mir - näher kamen. Es waren zu viele, als dass sie nur von einer Person hätten sein können. Ich hob den Kopf und sah über die Schulter. Mum und Dad standen dort und sahen mich an. Nichts als Liebe spiegelte sich in ihren Augen wieder. Mein Herz wurde schwer und ich bewegte mich leicht, um mich etwas aufzurichten. Mum streifte ihre Schuhe ab und kletterte zu mir ins Bett, um mich in ihre Arme zu schließen. Dad taten ihr gleich, gab mir aber einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich zu dem großen Wolf verwandelte und sich um mich und Mum  schlang. Sie hatte mich wortlos in den Arm genommen und an dich gedrückt. Ich vergrub das Gesicht an ihrem Hals. Atmete ihren Duft ein. Geborgenheit erfüllte die Leere und ließ mich langsam zu mir kommen. Beruhigend strich sie mir 0 mein Haar und meinen Rücken, während Dad sich noch enger um uns wandt. Sein großer Körper wärmte meine kalte angeschlagenen Seele auf eine Art, die mir die Kehle eng werden ließ. Sein warmer Atem traf direkt auf die Stelle über meinem Herzen.
"Es ist okay.", flüsterte Mum mir zu. "Lass es raus, Ria. Wir sind da, um dich zu halten."
Und mit einem Mal stürzte alles auf mich ein. Ich ließ alles in mir los und weinte. Klammerte mich an meine Eltern, die mich so sehr liebten. Die mich wortlos in den Arm genommen hatten und mir alles an Liebe gaben, dass sie zur Verfügung hatten.
Ich schluchzte und heiße Tränen liefen meine Wangen entlang. Hinterließen schwarze Striemen.
"Es tut so weh!", brachte ich hervor. Meine Stimme war kaum zu hören. "Ich hab Jake verletzt. Ich hab ihm etwas genommen... ich hasse mich dafür. Ich hab ihm so weh getan. Es tut mir so leid." Ich begann heftig zu schluchzen. Die Tränen liefen noch heftiger.
"Schhh.", machte Mum und schlang noch ein wenig fester die Arme um mich. "Es ist okay. Lass es raus. Lass alles raus."
Das vergrub die Schnauze zwischen meinem Gesicht und der Stelle an Mums Halsbeuge, wo er sie damals markiert hatte. Er sandte mir Gefühle von Liebe, Zuneigung, Vetrauen und Vergebung zu. Und mir wurde klar, dass sie wussten, was geschehen war und sie verurteilten mich nicht. Sie verstanden wie weh ich mir selbst damit getan hatte, Jake so zu verletzten. Sie verstanden es und machten mir keine Vorwürfe.

Ich wusste nicht wie lange sie mich gehalten hatten. Wie lange sie meine Tränen weggewischt und mir gesagt haben, dass alles okay wäre. Ich wusste es nicht, aber als ich langsam wieder zu mir kam, schaffte ich es den Kopf zu heben und nach der Uhr auf meinem Nachttisch zu sehen. Es war mitten in der Nacht oder sehr früh am morgen. Sie hatten die halbe Nacht nur dagelegen und mich gehalten, während ich mir die Seele aus dem Leib geweint hatte. Und sie haben mir kein einziges Mal Vorwürfe gemacht.
Dad regte sich, als er sicher war, dass es  mir wieder besser ging und legte den Kopf in Mums Schoß. Liebe - bedingungslose Liebe - war nich immer in seinen Augen zu lesen. Mum lächelte ihn liebevoll an und löste einen Arm von mir, um Dad zu berühren. Sie griff sanft in sein Fell und kraulte ihn hinter seinem rechten Ohr. Diese Stelle hatte er am liebsten und Mum war die einzige, die ihn genau dort berühren durfte. Ich hatte als Kind nicht ganz verstanden, warum ich Dad in der Gestalt als großen bösen Wolf dort nicht auch berühren durfte, aber jetzt verstand ich es. Es gab Dinge, die ein Lykaner nur seiner Gefährtin oder seinem Gefährten gewährte und nur diese*r hatten das Privileg dazu. Und diese Stelle hinter seinem Rechten Ohr gehörte nur meiner Mum. Es war einzig ihr Privilig ihn dort berühren zu dürfen. Genau wie Lee meinen Bruder in als einziger die Stelle über seinem Herzen berühren lässt, denn sein Herz gehöre Lee. Es war schön, diese Geste zu sehen, ihre Bedeutung zu verstehen, gleichzeitig tat es aber unheimlich weh, weil ich Jake etwas so wichtiges genommen hatte.
Als hätte Dad meinen Gedanken gehört hob er den Kopf und legte seine Stirn an meine. Sein Fell kitzelte mich an der Nase und ich musste automatisch lächeln. Es war kein herzerwärmendes, fröhliches Lächeln, aber es bedeutete meinen Wltern viel. Es zeigte ihnen, dass es mir besser ging.
"Jetzt ruh dich aus. Wir bleiben noch eine Weile.", sagte Mum und gab mir einen Kuss auf den Scheitel. "Ich ruf später in der Schule an und melde dich frei."
"Danke!", flüsterte ich und ich meinte es auch so. Mir war es egal, wie sie es geschafft hatten in mein Zimmer zu kommen, denn ich war ihnen so ubglaublich dankbar dafür, dass sie mich einfach aufgefangen haben. Ich wusste nämlich nicht, ob ich überhaupt in der Lage gewesen wäre, da heraus zu kommen.

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Hallo😟

Ich bin ehrlich.... ich musste sowas von weinen als ich das Kapitel geschrieben habe...❤

Ich weiß nicht wieso, aber ich musste einfach weinen und hab kaum mehr gesehen, was ich eigentlich schreibe.
Also entschuldigt bitte die Fehler, sollten welche aufgetaucht sein.☀️

LG
Jessy❤

Wolfsblut - ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt