Vorsichtig löste ich mich aus der Umarmung des Lykaners. Gefühle, die viel zu groß und zu überwältigend waren, um sie in Worte fassen zu können, flossen durch dieses Band zwischen uns. Wir beide hatten aufgehört Tränen zu vergießen. Langsam lösten sich seine Arme und seine Hände fuhren über meinen Rücken entlang in Richtung meiner Rippen. Ich sah ihm fest in die Augen, als sich seine Hände vorsichtig auf den Bund meines BH's legten. Nur der Stoff meines T-Shirts lag zwischen seiner Haut und meiner Narbe. Schmerz blitzte für einen winzigen Moment in seinen Augen auf. Ich schluckte.
„Ich wollte dir nicht weh tun, Yuhkai", begann ich. Noch immer stand ich zwischen seinen Knien. „Ich... Ich wurde nur sehr lange nicht mehr auf diese Weise berührt." Verwirrt verzog er die Augenbrauen.
„Aber du und Erik hattet doch Sex? Oder etwa doch nicht? Meintest du das damit im Supermarkt?"
Das er sich an unsere Unterhaltung vor ein paar Wochen erinnern konnte, nahm mir mein aufkommendes Unbehagen. Ich war fest dazu entschlossen, Yuhkai alles zu erzählen und fürchten tat ich mich nicht. Trotzdem war da etwas, was mich meine Worte behutsamer sagen ließ. Die Angst, dass Yuhkai auf sich selbst wütend würde und abtriftete, sobald er alles erfuhr. Ich wollte nicht, dass er sich von mir abschottete. Nicht wegen dieser Sache.
„Es ist komplizierter", antwortete ich. „Als wir zehn Jahre alt waren oder elf - ich weiß es nicht mehr ganz - da haben Liam und du mich an Halloween die ganze Zeit geärgert und erschreckt."
Aufmerksam hörte der Lykaner mit zu.
„Am Abend, saßen unsere Eltern dann im Wohnzimmer und haben einen Horrorfilm geschaut." Einer seiner Mundwinkel zuckte nach oben. Er konnte sich an den Abend erinnern. Es war der letzte Abend, den unsere Familien zusammen verbracht hatten. Danach waren Mum und Dad nur noch alleine hingefahren. Ihre Freundschaft war noch immer wie früher, aber durch meinen Unfall hatte sich die Situation etwas geändert. Ich hatte nicht die Heilungsfähigkeiten von Lykanern. Jedenfalls hatte ich sie damals noch nicht und je älter wir wurden, desto mehr machten sie sich sorgen, die Jungs könnten mich durch ihre Wildheit verletzten und es würden weitere Narben bleiben.„Wollte gerade nach unten in die Küche, um mir etwas zu trinken zu holen. Die Geräusche vom Film haben mir die ganze Zeit Angst gemacht. Deswegen habe ich mich beeilt und wollte mit dem Glas Wasser dann wieder nach oben. Da hast du mich plötzlich vom oberen Treppenabsatz aus erschreckt und das aufs übelste. Ich hab geschrien und durch den Schock ist mir das Glas aus der Hand gefallen und ich bin dann die Treppe herunter gestürzt."
Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. Ich konnte förmlich sehen, wie er sich die Bilder dieses Abends wieder ins Gedächtnis rief. Die Emotionen drohten mich mit einem Mal wieder, wie ein Tsunami, zu erfassen. Aber ich versuchte sie herunter zu schlucken. Ja, es waren keine schönen Erinnerungen und die letzten Jahre waren irgendwie dadurch traumatisch gewesen, aber ich hatte damit abgeschlossen. Yuhkai war nicht Erik und das sagte ich mir immer wieder. Er ließ seine Hände ein Stück nach unten gleiten. Yuhkai schien genau zu wissen, worauf das alles hier hinaus lief.
„Liam und ich haben die ganze Zeit gelacht, bis wir das Blut gerochen haben. Unsere Eltern waren plötzlich aus dem Wohnzimmer gestürmt, um zu sehen was los war.", führte er meine Erzählung fort. Die Muskeln seines Kiefers zuckten und für einen kleinen Moment, wurde der Griff seiner Hände etwas fester. Aber triftete nicht ab. Er blieb bei mir.
„Ja", hauchte ich. „Ich hab an der Kante einer Stufe die linken Rippen angebrochen. Die Haut war schlimm aufgeplatzt. Im Krankenhaus haben sie zwar ihr bestes getan, aber es blieb eine wulstige Narbe zurück." Ich beobachtete, wie Yuhkai seinen Blick auf meine Seite heftete, als könnte er direkt durch den Stoff meines T-Shirts schauen. Er presste seine Lippen fest aufeinander zu einer dünnen Linie.Ich ließ meine Hände zu seinem Hals wandern und zwang ihn, mit einer sanften Bewegung, much anzusehen. Die Muskeln seines Kiefers waren noch immer angespannt und der Ausdruck auf seinem Gesicht war kaum zu deuten. Es war eine Mischung aus Wut, Schuld, Trauer und Hass.
„Bei meinem ersten Mal - mit Erik - ist er aus Versehen an die Narbe gekommen und hat sich davor geekelt. Er versuchte es noch irgendwie zu überspielen, aber ich hab den Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen. Seitdem hat er mich nie wieder... auf diese Art und Weise berührt, wie du vorhin. Ich hab kein einziges Mal daran gedacht, dass diese Narbe existiert, bis du sie..."
„Berührt habe", beendete er meinen Gedanken. Ich nickte und sah ihn entschuldigend an. Aber der Lykaner schien es zu verstehen. Er verstand, was diese Narbe mir bedeutet und es tat ihm leid. Ich hatte diese Narbe, die er mir zugefügt hatte, jahrelang verabscheut. Sie gehasst. Aber sie war ein Teil von mir und diese ganzen negativen Gefühle hatte ich nur wegen Erik. Weil er zu unreif war, um mich so zu akzeptieren wie ich war. Und nun stand ich hier, in den Armen dieses Lykaners, den ich seit meiner Kindheit kannte und in den ich mich nun verliebt hatte und verstand. Ich war Yuhkais Mate und er würde diese Narbe lieben, denn sie war ein Teil von mir. Ein Teil meiner Geschichte. Unserer Geschichte. Ich trat einen Schritt zurück und ließ meine Hände von seinem Hals gleiten. Abwartend sah er zu mir auf. Noch immer mit diesem entschuldigendem Ausdruck in den Augen. Ich war mir jeder meiner Bewegungen bewusst, als ich den Saum meines T-Shirts anhob und es auszog. Mein Herz begann heftiger zu schlagen. Dabei sah Yuhkai mir noch immer fest in die Augen. Ich war überrascht, wie ruhig meine Hände blieben, als ich seine Hand nahm und zum Bund meines BHs führte, der einen der Teil der Narbe auf meinen Rippen verdeckte. Seine Finger fuhren zaghaft über den Stoff, warteten darauf, dass ich einen Rückzieher machen würde, aber ich tat es nicht.Ich wollte berührt werden und ich wusste, dass Yuhkai sich nie vor dieser Narbe würde ekeln. Sanft nickte ich ihm zu. Es reichte ihm als Bestätigung um seinen Blick endlich auf die Stelle an meinen Rippen zu heften. Immer wieder streiften seine Finger am Bund entlang. Musterten die Haut darum. Er konnte die Erhebung der Stelle spüren, aber er fuhr immer und immer wieder darüber. Prägte sich das Gefühl und die Stelle dieser Narbe ein.
„Erik ist ein Vollidiot, dich wegen so etwas nicht mehr berühren zu wollen", sagte er und ließ endlich die Hand unter den Stoff gleiten. Gänsehaut breitete sich aus. Seine raue warme Hand lag ruhig auf der Narbe. „Es tut mir leid, was ich dir damals angetan habe, aber ich würde es immer wieder tun, solange es mich zu dir führt. Zu dir als meine Mate." Mein Herz sprang vor Erleichterung. Yuhkai war in diesem Moment alles was ich je gewollt hatte. Jemanden der mich liebt und akzeptiert wie ich bin. Jemand der sich nicht vor mir oder meiner Narbe scheut oder ekelt. Yuhkai war genau das. Also trat ich wieder näher zu ihm. Das warme Licht umgab und wie eine Aura, als ich meine Hände flach auf seine Schultern legte. Seine Hand glitt über die nackte Haut meiner Taille und legte sich auch meine Hüften. Sanft zog er mich auf seinen Schoß. Verlangen legte sich in seinen Blick, als er zwischen meinem Gesicht und meinem BH hin und her sah. Ich lächelte und umfasste wieder seinen Hals. Langsam löste er den Blick von meinen Brüsten und sah mich an. Blaue Augen blickten mir entgegen. Ich sandte Yuhkai über dieses Band zwischen uns Gefühle zu, die mehr als eindeutig waren. Er hob die Augen brauen und ein verführerisches Grinsen umgab seine Lippen.
„Bist du dir sicher", fragte er. Seine Stimme rau und heißer vor Verlangen. „Wenn wir diesen Schritt gehen Ria, gibt es kein Zurück mehr."
„Drohst du mir etwa", neckte ich ihn und bewegte meine Hüfte leicht, als ich sprach. Scharf zog der Lykaner die Luft ein und der Griff seiner Hände verstärkte sich an den leichten Polstern meiner Hüfte. Sein Blick glitt langsam von meinen Augen über meinen Mund, den Hals entlang bis zu der Wölbung meiner Brüste, bevor der dunkle Stoff des BH's sie verdeckte. Meine Haut schien in Flammen aufzugehen.
„Vielleicht", gab er in dem gleichen, Ton wieder wie meine Worte. „Aber ich werde nichts tun, bis ich dein volles Einverständnis habe. Du bist meine Mate und es gibt Dinge, die ab sofort geschehen werden..."
Ich unterbrach ihn mit einem kurzen aber heftigen Ja. Ich war mir all dem bewusst. Der Markierung, der Gefühle, dem Band - allem, was jetzt folgen würde und ich wollte verdammt noch Mal nicht mehr warten. „Ja Yuhkai, ich will es. Ich will dich! Ich will alles, was du mir geben kannst und willst."
Und das reichte ihm vollkommen.____________________________________
Hallo 🙋🏻♀️
Ich habe echt länger gebraucht, um das Kapitel zu schreiben. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mich die ganze Zeit wiederhole...
Ich hoffe, es gefällt euch.
Liebe Grüße
Jessy🥰
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Wolfsblut - Prophezeiung
WerewolfWeißt du wer du bist? Weißt du was du bist? Weißt du wer du werden wirst? Jahre ist es her, seitdem Kyra den dunklen Adanyi besiegt und alles aufgegeben hatte, um diejenigen zu retten, die ihr etwas bedeuteten. An diesem Tag begann sich die uralte...