Kapitel 11. Verlieren & Finden

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Er spürte die kalte Handfläche an seiner; die kraftlosen Finger. Er selbst zitterte noch am ganzen Körper. Er hatte Angst, unfassbare Angst. War es seine Schuld? War er daran schuld, dass Harry zusammengebrochen war? Harrys Gesicht war von einer leichten Blässe überzogen. Konnte er ihn hören?

„Du musst wieder zurück kommen", wisperte Draco leise. „Ich habe doch gerade nur dich."

Noch niemals hatte er solche ehrlichen Worte von sich gegeben, noch nie an jemanden gerichtet. Noch nie hatte jemand so etwas von ihm gehört, Harry war der Erste, wenn er es überhaupt irgendwie hören konnte, was er aber keineswegs hoffte.

Er war ein Malfoy. Das sagte alles über ihn aus. Er war kalt, distanziert und niemals schwach. Niemals sollte er Schwäche zeigen. Und das, was er hier zu Harry sagte, wie er in seiner Gegenwart war, war schwach. Das war eines der Dinge, die ihm schon seit seinen jüngsten Jahren eingetrichtert wurde. „Draco, ein Malfoy zeigt niemals Schwäche! Und wenn doch, dann hat er es nicht verdient, sich einen Malfoy zu nennen!"

Die Worte seines Vaters, die sich in ihn eingebrannt hatten, in sein Herz; keine Schwäche, niemals. Aber diese Zeiten waren vorbei. Seine Eltern saßen in Askaban und er, er war nur um ein Haar davon gekommen und das nur wegen Harry Potter. Eine Strafe hatte es gegeben, aber sie war mild, vielleicht zu mild. Sie war ein Nichts zu dem Vergleich, was er getan hatte. Warum war er nicht stärker gewesen? Er hätte sich wehren können, aber hatte er überhaupt eine Wahl gehabt? Sein Vater hätte ihn vermutlich enterbt und ihm den Namen Malfoy abgesprochen, aber nicht nur das: Sein Vater war nicht umsonst ein gefährlicher Mann. Warum seinen Sohn schlagen wie ein elender Muggel, wenn man doch einen Zauberstab hatte.

Schnell zuckte seine Hand von Harry zurück, als Madam Pomfrey an der Seite der Direktorin hereinschritt.

„Mister Malfoy", begrüßte McGonagall ihn mit einem Nicken.

„Professor", erwiderte Draco ihren Gruß.

Schnell wich er zurück, als die zwei Hexen auf Harry zugingen.

„Wird er es schaffen?", fragte die Professorin die Heilerin leise.

„Wenn er wieder aufwacht, ja. Wenn nicht, dann...", beantwortete diese McGonagalls Frage.

„Poppy, er wird aufwachen!", sagte die Direktorin energisch an Madam Pomfrey gewandt. „Mister Malfoy, wenn Sie wollen, können Sie die nächsten Tage noch mit Mister Potter hier verbringen, bis er wieder auf den Beinen ist. Wir brauchen jemanden, der immer ein Auge auf ihn hat. Passt Ihnen das?"

„Ähm, ja, ich-, natürlich bleibe ich hier", stammelte er etwas unbeholfen.

Das kam Draco gerade recht. Das hieße, dass er nicht zu den anderen Schülern musste, ihnen gut aus dem Weg gehen konnte und so keine Flüche und Prügeleien einstecken musste. Sich zu wehren war ihm zu riskant. Eine falsche Tat und er war weg vom Fenster und müsste wieder vors Gericht, nur um dann nach Askaban verfrachtet zu werden. Zu seinen Eltern, zu den anderen Todessern in das Loch, und die würden ihm dann die Kehle durchschneiden. Das Loch; die bekannte Hölle Askabans. Einmal drin, kam man nicht mehr raus. Nie wieder würde man das Licht des Tages erblicken. Er war schuld, dass alles schief gelaufen war, er war auf die andere Seite übergelaufen.

Die Direktorin lächelte ihn kurz an, ehe sie mit Madame Pomfrey im Büro verschwand.

„Geben Sie uns Bescheid, falls sich sein Zustand ändern sollte", befahl die Heilerin noch, bevor sie die Tür hinter sich schloss.

Mit einem wehleidigen Lächeln sah er zu Harry. „Vielleicht hat das alles ja einen Sinn", murmelte er im Stillen.

Neugierig, wie er war, näherte er sich der Tür, die den Krankenflügel von dem Büro trennte. Die Stimmen der Direktorin und von Pomfrey waren leise zu hören, aber es war zu undeutlich, um etwas verstehen zu können. Vorsichtig schlich er sich näher, um zu hören, was sie sagten. Es ging bestimmt um Harry.

Kɪɴɢᴅᴏᴍ ᴏғ Hᴏᴘᴇ ¦¦ᴰʳᵃʳʳʸWo Geschichten leben. Entdecke jetzt