Lange saß Harry da und versuchte, etwas Anständiges auf das Pergament zu bringen, aber durch das ständige Ein- und Ausgehen der anderen war er mehr als nur abgelenkt.
Mit einem zufriedenen Lächeln blickte er auf die Zusammenfassung. Es war zwar kein Meisterwerk, aber immerhin hatte er etwas geschafft. Mit einem Blick auf die Uhr erkannte er, dass es mehr als genug war und er sich schleunigst auf den Weg zum Abendessen machen musste, wenn er noch etwas essen wollte.
Als er seinen Blick über die Schüler gleiten ließ und darunter wie immer der blonde Haarschopf eines gewissen Slytherins herausstach, kam ihm der Gedanke, dass Draco eigentlich ziemlich gut in seine Welt passte. Harry hoffte wirklich, dass dieser ebenfalls der Meinung war und vielleicht dann auch bei ihm einziehen wollte. Immerhin gehörte Harry jetzt der ganze Grimmauldplatz 12 und der war viel zu groß für einen einzelnen Menschen.
Verträumt starrte er in die Luft und malte sich seine Zukunft aus.
Auror Potter jagte Verbrecher, Heiler Malfoy heilte jeden von seinen Gebrechen und zusammen waren sie das perfekte Team. Vor allem, wenn er Teddy noch dazu holen würde. Die perfekte Zukunft mit der perfekten Familie.
Vor wenigen Wochen hatte er erst einen Brief von Andromeda erhalten, in dem sie ihm mitteilte, wie es um Teddy Lupin stand. Anscheinend machte der Kleine schon große Fortschritte und versüßte jedem um ihn herum den Tag. Da er, Harry Potter, Pate des Kleinen war, wollte er auch seine Rolle erfüllen. Zwar hatte Andromeda sich bereit erklärt, ihn zu nehmen, solange Harry noch in Hogwarts war, aber danach würde die Vormundschaft auf Harry übertragen werden. Genüsslich biss er in die Kürbispastete.
„Harry, kommst du morgen mit nach Hogsmeade?", fragte Hermine ihn und sah dabei hoffnungsvoll in die Runde.
Ron und Neville nickten, Dean und Seamus schienen noch zu überlegen.
„Klar", willigte Harry zu.
Er hatte es sich vorgenommen und jetzt musste er sich auch daran halten - mehr Zeit mit seinen Freunden verbringen.
Das Abendessen war schnell vorbei und Harry konnte es gar nicht erwarten, Draco zu sehen. Als alle aufstanden, warf er einen kurzen Blick zu dem Slytherin, aber dieser schüttelte nur unmerklich den Kopf. Also kein Treffen heute Nacht.
Enttäuscht folgte Harry den anderen zum Gryffindorturm. Es war das erst Mal seit langem, dass er den Abend mit seinen Freunden verbrachte. Sie redeten über den Abschlussball, der anstand, über Kleider, die die Mädchen anziehen wollten und natürlich nicht zu vergessen, über ihre Begleitungen.
Das einzige Thema, das Harry schwer fiel, war die Sache mit der Begleitung. Er wollte mit Draco gehen, aber hatte der Slytherin die gleichen Vorstellungen? Harry hatte bisher angenommen, dass sie auch gleich zusammen hingehen könnten, wenn sie sich nach dem Ball outen würden.
Die Nacht kam schnell, auch ohne Draco neben ihm. Mittlerweile hatte er bemerkt, dass die Alpträume schon lange verschwunden waren, aber diese Nacht kamen sie wieder. Leise und heimlich schlichen sie sich in seine Gedanken und machten aus einer fröhlichen Feier eine Trauerfest.
Morgens wurde er unsanft aus dem Schlaf gerissen, als Seamus plötzlich gegen das Holz seines Bettpfostens knallte. Das war der Augenblick, in dem alle aufwachten und sich auf den Tag in Hogsmeade vorbereiteten.
Verschlafen rieb er sich über das Gesicht und stand auf. Seamus war auf den Beinen und die anderen murrten immer noch unter ihrer Bettdecke hervor. Eilig stand er auf und ging in das Bad. Unzufrieden starrte er in den Spiegel. Seine Haare waren zum Verzweifeln. Unbändige Strähnen, die wild in alle Richtungen abstanden.
Er griff nach seiner Zahnbürste, putzte sich die Zähne und stieg danach unter eine eiskalte Dusche.
Das Wasser lief über seinen nackten Körper, aber die Schmerzen der Nacht vergingen nicht. Sein Gewissen nagte an ihm. Er hatte Sirius vergessen. Zumindest für die letzten paar Monate.
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Kɪɴɢᴅᴏᴍ ᴏғ Hᴏᴘᴇ ¦¦ᴰʳᵃʳʳʸ
Fanfictionᴛʀᴀᴜᴇʀ. ᴀɴɢsᴛ. ᴇɪɴsᴀᴍᴋᴇɪᴛ. Gefühle, die Harry täglich begleiten. Die Welt um ihn dreht sich weiter. Und er? Er selbst bleibt stehen; schafft es nicht, sein Leben fortzuführen. Einem Leben abseits der Angst und des Todes. Noch immer sieht er sich vor...