Kapitel 13. Keine Tränen

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Kalter Schweiß breitete sich auf seiner Stirn aus. Es durfte nicht schon wieder so sein. Er konnte sich noch genau an das Gefühl erinnern, als keiner ihm geglaubt hatte. Keiner wollte ihm, einem kleinen Jungen, Glauben schenken. Keiner wollte ihm glauben, dass Voldemort wieder auferstanden war. Sein Körper stand in Flammen. Wenn er falsch lag, was dann?

Ron, der seine volle Aufmerksamkeit auf Malfoy lenkte, der gerade von dem Bad heraus kam, bemerkte nicht Hermines misstrauischen Blick, den sie Harry zuwarf. Draco ignorierte bewusst Rons eisigen Blick und ließ sich, ohne die Drei zu beachten, auf sein Bett fallen.

Fast unmerklich drehte Harry seinen Kopf in Richtung Malfoy. Er hörte nur das Quietschen des Lattenrosts, mehr nicht. Er konnte nicht einmal sagen, wo er sich genau im Zimmer befand.

Am Anfang konnte er noch sagen, wo er war, indem er die Schritte zählte und abwog, wo er sich jetzt befand. Aber nach und nach verschwamm alles um ihn herum und er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er gerade war. Die Schwärze um ihn herum verschluckte ihn einfach und mit ihr kam die Unsicherheit. Aber nicht nur das; er war abhängig. Abhängig von der Hilfe, die ihm die Anderen anboten.

Beruhigend legte Hermine ihre Hand auf Ron Schulter und drehte ihn zu sich um.

„Hey", sagte sie, „er ist es nicht wert. Wir sollten gehen. Bestimmt kommt gleich sowieso McGonagall mit Kingsley."

Mit einem missmutigen Ausdruck im Gesicht, drehte Ron sich um und nahm Hermine an der Hand.

„Wir gehen dann mal, Harry", verabschiedete er sich bei seinem Freund mit einem Schulterklopfen, „Wir können bestimmt später nochmal bei dir vorbei schauen."

Die Tür hinter ihnen fiel in das Schloss und ihre Schritte entfernten sich immer weiter, bis sie nicht mehr zu hören waren. Erschöpft lehnte Harry sich an das Kopfende seines Bettes und schloss die Augen. Am liebsten würde er einfach schlafen, bis endlich alles vorbei war oder sich zumindest wieder alles normalisierte. Immer wieder dachte er, er könnte wieder etwas sehen, aber jedes Mal hatte er sich nur getäuscht und die Bilder vor seinen Augen lösten sich im Nichts auf.

Er vergrub seinen Kopf in den Händen und wie immer spürte er seine Narbe auf seiner Handfläche. Es durchzuckte ihn wie ein Blitz. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten, an bessere Zeiten. Das erste Jahr. Er konnte sich noch genau erinnern, mit welchen Gefühlen er Hogwarts das erste Mal betreten hatte. Mit welcher Ehrfurcht er Dumbledore begegnet war, mit welcher Faszination er die Magie erlernte.

Er spürte einen kühlen Windhauch in seinem Nacken, Draco musste wohl ein Fenster geöffnet haben. Abgelenkt durch Draco merkte er nicht, wie McGonagall eintrat und auf Harry zusteuerte. Kingsley und ein Auror betraten hinter der Direktorin den Krankenflügel.

„Mister Potter, darf ich Sie bitten, mit uns zu kommen?", fragte McGonagall ihn.

Der Gryffindor runzelte die Stirn, begriff dann aber, dass es sich vermutlich um den vermeintlichen Todesserangriff handeln musste. Mit schwitzigen Händen stand er auf.

„Nehmen Sie meinen Arm", forderte die Professorin ihn auf und streckte ihm ihren Arm entgegen.

Dankbar nahm er ihre Hilfe an und ging an der Seite von McGonagall in das nebenanliegende Büro. Obwohl er den Auror nicht sehen konnte, spürte er die Blicke im Rücken.

„Setzen Sie sich", sagte sie und legte seine Hand auf die Lehne, sodass er sich eigenständig hinsetzen konnte. Er hörte, wie gegenüber und neben ihm Stühle zurechtgerückt wurden.

„Sie können ja nochmal genau anfangen, uns die Situation am See zu schildern", sagte der Auror, den Kingsley als Craxon vorgestellt hatte.

Zum wiederholten Mal rief Harry sich diese Nacht in Erinnerung. „Wie Ihnen Professor McGonagall bestimmt schon gesagt hat", fing er an zu erzählen, „bin ich nachts am See gewesen. Dort konnte ich beobachten, wie Todesser aus dem See aufgetaucht sind. Als erstes dachte ich, es wären nur die Seewesen, aber auf dem Unterarm konnte man ganz deutlich das Dunkle Mal erkennen. Ich bin ohne Umwege zu McGonagall gegangen und den Rest kennen Sie ja." Dabei deutete er auf die Direktorin, die vor ihm Platz genommen hatte, auf der anderen Seite des Schreibtischs.

Kɪɴɢᴅᴏᴍ ᴏғ Hᴏᴘᴇ ¦¦ᴰʳᵃʳʳʸWo Geschichten leben. Entdecke jetzt