Kapitel 39

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Ich sah wie Lan Xichen bei der Fahrerseite ausstieg und freundlich auf mich zu kam, doch meine Aufmerksamkeit lag schon längst auf Lan Zhan, der auf der anderen Seite ausgestiegen war. Nur am Rande bekam ich mit, wie mein Lehrer mich begrüßte. Mit einem sanften lächeln kam Lan Zhan auf mich zu und ich spürte ein angenehmes Gefühl des Schwindels an meinem ganzen Körper, als er mir gegenüber trat. Unschlüssig, wie ich ihn begrüßen sollte stand ich vor ihm und war erleichtert, als er mir die Entscheidung abnahm. Behutsam schloss er mich in eine warme Umarmung, in der ich kurz verharrte, bevor auch ich meine Arme um ihn schloss.

Nachdem Lan Zhan sich von seinem Bruder verabschiedet hatte und dieser wieder losgefahren war betrat ich zusammen mit Lan Zhan den Lotus Pier. Ich merkte, wie er sich aufmerksam umguckte. Es erinnerte mich daran, wie ich den Lotus Pier gesehen hatte, nachdem ich meine Erinnerungen wieder hatte und den Lotus Pier aus der Vergangenheit mit diesem abgeglichen hatte. "Es hat sich sehr verändert, nicht wahr?" Durchbrach ich die Stille. "Mmh..." Sein Blick wanderte zu mir. "Alles hat sich verändert." In seiner Stimme schwang etwas gedankenverlorenes mit sich, wie als wäre er ganz wo anders. "Woran denkst du?" Fragte ich nach einer kurzen Pause. Wir waren auf dem Hof stehen geblieben. "Ich erinner mich daran, als ich das letzte Mal den Lotus Pier betreten habe." Neugierig sah ich zu ihm rüber. "Wann war das?" Er wand seinen Blick ab, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte, doch kurz zeigte sich mir eine traurige Miene, die ich bei ihm nicht erwartet hatte. "Es liegt in der Vergangenheit. Es ist nicht wichtig." Verschloss er sich. Mir fiel auf, dass die Stimmung anfing zu kippen. "Wollen wir ein wenig raus? Es ist noch Zeit, bis zum Abendessen." Zustimmend nickte er. Ich überwand jeden Zweifel, der in mir herangewachsen war und griff todesmutig nach seiner Hand. Sie war noch warm von der Autofahrt und schmiegte sich perfekt in meine. Ohne weiter darüber nachzudenken zog ich ihn hinter mir her und verließ über einen Seitenausgang den Hof. Wir befanden uns auf der Südseite des Lotuspier, bei der ein Weg auf eine Wiese mit mannshohem Gras führte, die sich direkt an der Seenplatte befand. Der raue Wind zog über die Wiese und verwuschelte mein Haar, als ich mit Lan Zhan an der Hand über den Weg rannte. Der hart gefrorene Schlamm war an manchen Stellen nicht mehr festgefroren und schmatzte nun bei jedem Schritt den man tat.

"Warum rennen wir?" Wurde Lan Zhans Stimme vom Wind zu mir getragen. Grinsend drehte ich mich während des rennens um, sodass ich rückwärts joggte und ihn ansehen konnte. Der Wind blies ihm das weiche Haar aus der Stirn. Ein leichtes lächeln hatte sich auf seinen Lippen gebildet und er hielt auch nicht an; er rannte einfach mit. Es hatte etwas befreiendes durch den Wind zu rennen und es fühlte sich an, als gäbe es nur uns beide auf dieser Welt. In so welchen Momenten vergisst man seine Umgebung und nimmt nur noch diesen einen Menschen wahr, sowie das Serotonin, dass durch den Körper schießt, wie als wäre man auf Drogen. "Keine Ahnung..." Antwortete ich nach Luft hechelnd auf seine Frage. Ich sollte vielleicht mal wieder an meiner Ausdauer arbeiten schoß mir als erstes in den Kopf, doch verdrängte sofort wieder den Gedanken. Eine alles erfassende Ruhe machte sich in mir breit zusammen mit diesem überglücklichen Gefühl, als er loslachte. Es war nicht eines dieser verhaltenen lachen, sondern eines das seinen Körper erfasste und ihn durchschüttelte. Wir stolperten und landeten im nassen Gras, doch Lan Zhan hörte nicht auf zu lachen. Ich merkte, wie ich mit einstieg in sein lachen. Mir machte es nichts aus, dass der Boden kalt und nass war, das einzige was jetzt für mich zählte war dieser Moment.

Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kehrte wieder Stille ein, wenn man davon absah, wie laut der Wind war. Ruhig lag Lan Zhan neben mir. Langsam drehte ich meinen Kopf so, dass ich ihn von der Seite ansehen konnte. Sein schwarzes Haar war vom Wind zerzaust und war nun an allen Seiten verwuschelt. Seine Augen waren geschlossen, sodass seine Wimpern fast seine Wangenknochen berührten. Sanfte Züge, die zu perfekt schienen, hatten sich entspannt und sein normalerweise neutraler Ausdruck war einem seeligen gewichen. Alles in allem strahlte er etwas beruhigendes aus. Mein Blick wanderte weiter über den leicht geschwungenen Nasenrücken zu den leicht geöffneten Lippen. Dort blieb mein Blick hängen. Könnte ich jetzt diese dumme Idee riskieren oder würde es alles wieder durcheinanderbringen und mich von Lan Zhan entfernen? Kurz zögerte ich noch, bevor ich mich leicht erhob und zu ihm vorbeugte.

until we meet again (modern AU)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt