Heidenspaß

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Vor etwa 2000 Jahren bildete sich im römisch besetzten Palästina eine Gruppe aus sehr einfachen und zugleich sehr interessanten Leuten. Das Interessante an ihnen war, dass sie trotz ihrer ungünstigen Position im Zeitstrang der menschlichen Geschichte sehr viel später auf unzähligen Gemälden abgebildet werden würden. Denn man hat sie in Verbindung mit Heiligkeit in Erinnerung behalten. Zumindest die meisten von ihnen.

Der gemeinsame Nenner in ihrem Leben war ein ganz bestimmter jüdischer Wanderprediger, der sie dazu aufgefordert hatte, das Fischernetz an den Nagel zu hängen und ihm zu folgen.

Nach vorherrschendem christlichen Glaubensverständnis soll dieser Mann der Sohn eines Gottes (ggf. des einzig wahren Gottes) und zugleich selbst wahrer Gott und wahrer Mensch sein. In der Menschwerdung in seinem Sohn, soll sich dieser Gott der in der Sünde verstrickten Menschheit zugewandt haben.

Es mag viele unterschiedliche Vorstellungen davon geben, wie sich der Alltag dieses vermeintlichen Sohn Gottes gestaltet. Das ist selbstverständlich nur eine von vielen Fragen, die sich zu dieser Person stellen lassen. Andere beinhalten beispielsweise Überlegungen dazu, ob er nun Jesus, Jeschua, Jeschu oder Jehoschua zu nennen sei; ob ihm der Titel als Sohn Gottes aufgrund einer tatsächlichen Verwandtschaft* zu Gott oder lediglich als eine Art Herrschertitel zugeteilt wurde, wie es zu Zeiten üblich war; ob er eines menschlichen Todes gestorben war oder doch nicht oder irgendwie schon, aber nicht ganz; wann er Geburtstag hat; ob er trotz aller Logik ein kaukasisches Aussehen aufwies et cetera, et cetera.

Der Einfachheit halber wird ab hier von Jesus die Rede sein.

Von seiner Geburtsstätte erzählt man sich, sie sei ganz symbolisch ein altbackener Stall für Ochs und Esel gewesen. Hin und wieder kommt die Überlegung auf, was dieser Jesus, sollte er je zur Erde zurückkehren, davon halten würde, dass man an der Stelle, auf der sich dieser Stall befunden haben soll, eine prächtige Kirche hatte errichten lassen, die als Touristenmagnet Karriere macht.

Es folgt darauf oftmals die Befürchtung, dass dies im Widerspruch steht zu den Lehren, die er geäußert haben soll, etwa das Verkaufen des eigenen Besitzes und das Verteilen des dadurch erhaltenen Geldes an die Armen der Gesellschaft oder der Überlegenheit des Kamel gegenüber eines Reichen, was das Durchwandern eines Nadelöhrs betrifft (Das Nadelöhr ist hier symbolisch mit dem Reich Gottes zu vergleichen)

Andererseits hätte er womöglich Verständnis dafür haben können, immerhin lag und liegt es den Menschen sehr nahe, Dankbarkeit zu zeigen für das, was sie dachten, das er für sie getan hatte. Er soll die Menschheit erlöst und gerettet haben, auch wenn die Details, ob und inwiefern ihm das gelungen war, eher unscharf ausfallen.

Von dem Tod am Kreuz, den vor ihm schon so viele gestorben sind und der ein an sich unbestreitbar grausamer, langsamer und qualvoller Tod war, könnte man behaupten, er gelte heute als heilig gesprochen.

Das Symbol des Kreuzes hält in wahrhaftig vielen Haushalten der Welt als Teil der Inneneinrichtung her, was einen Zeitreisenden des römischen Reiches prompt zu der Schlussfolgerung treiben könnte, sämtliche Kulturen der Nachwelt fänden Gefallen an ihren äußerst kreativen Foltermethoden. Entweder dies oder er käme zu dem Fazit, die durchschnittliche Körpergröße des modernen Menschen habe in den letzten Jahrtausenden deutlich abgenommen.

In Wahrheit ist mit dem Symbol heutzutage beabsichtigt, den blutenden Mann zu ehren, der meistens daran befestigt ist. Inzwischen behaupten so derart viele Kirchen, ein Stück Holz des einstigen Kreuzes als Reliquie zu besitzen, dass man glauben könnte, man hätte den sogenannten Heiland damals portionengerecht in Stücke zersägt und diese an über dreißig Kreuzen festgetackert.

Wer genau soll dieser Jesus eigentlich sein?

Jesus sitzt an einem tiefliegenden Tisch und trinkt Tee, wobei er ungleich dem Gemälde von DaVinci auf dem Boden sitzt.

Keine Ruhe in Frieden [Roman]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt