Im Himmel™ herrscht große Aufruhr. Engelscharen poltern mit Tumult durch alle Sphären und sorgen dabei selbst bei den systemfreundlichsten Himmelsbewohnern für gewisse Gefühle der Missbilligung. Manche empfinden das Getue als unnötig militärisch, man beschwert sich über diese Ruhestörungen, man fühlt sich als eigentlich Unbeteiligter grässlich beobachtet!Aber solchen Beschwerden kann der Erzengel Michael momentan kein offenes Ohr schenken. Später würde er sich mit all der Unzufriedenheit befassen müssen, doch seine Sorge darum ist in dieser Sekunde zweitrangig.
Er hat die restlichen Erzengel zusammengetrommelt und das in ihrer wohlverdienten Mittagspause.
"Was für frevelhafte Zustände hier schon wieder herrschen! Solch Unverschämtheiten hab ich seit Sodom und Gomorrha nicht mehr erlebt!" schimpft Michael vor sich hin, als er die Gruppe der restlichen Erzengel ansteuert, die ihn schon mit reichlich verdrossenen Gesichtsausdrücken erwarten und dabei zusehen, wie er vor Verärgerung recht ungelenk auf der Wolke landet, auf der sie sich versammelt hatten.
"Ein Teil unserer Heere haben die Festnahme der Unbefugten bekannt gegeben." informiert Uriel, die sich ganze drei Espressos hinter der Koffeinration befindet, welche sie durchschnittlich einnehmen muss, um überhaupt zu funktionieren. "Ich will ja keine Verschwörungstheorien aufstellen, aber mir scheint, es ist nicht das erste Mal, dass sie hier oben aufkreuzen."
"Was führt dich zu solchen Hypothesen?" fragt Michael. Uriels Blick verfinstert sich. "Diesen Geruch von Schwefel und Ruß würde ich im Schlaf wieder erkennen."
"Es ist mir dennoch schleierhaft, wie es überhaupt dazu kommen konnte, wir haben fest verriegelte, streng bewachte Tore! Da müssen doch mehrere Fraktionen gepennt haben!" echauffiert sich Michael.
"Ich würd's diesem Petrus zutrauen, dass er geschludert hat. Guck dir an, was in manchen Kirchenämtern getrieben wird, die sich auf ihn berufen." meldet sich Raphael zu Wort, worauf Michael sofort ganz empört mit den Händen vorm Gesicht herum wedelt. "Verdammt geehrter Kollege, wieviele Seminare muss ich noch darüber halten, dass es sich nicht schickt, auf der Arbeit zu saufen?"
Währenddessen schleicht sich mit achtsamen Schritten ein niederrangiger Engel an die Szene heran und wirkt ausgesprochen nervös. "Ähm...Erzengel Michael?" piepst er vorsichtig und geht schon gleich in Deckung, als der Angesprochene wütend auffährt. "Was ist denn jetzt? Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?"
"Jaja, doch, dass bin ich mir durchaus bewusst." piepst der Engel schnell und flattert dabei erratisch mit den Flügelchen. "Es ist nur...da am Eingang ist jemand, der Euch sprechen will."
"Was? Mich? Ach, ich hab keine Zeit für solch Firlefanz." meint Michael gereizt und winkt heftig ab. "Ich bin beschäftigt."
Der Engel schluckt und richtet sich recht nervös den Kragen, bevor er ziemlich heiser fortfährt: "Verzeiht meine Hartnäckigkeit, aber ich...Ich denke, Ihr solltet Euch das wirklich ansehen."
Das allein überzeugt den Erzengel selbstverständlich nicht, er hat doch momentan wirklich besseres zu tun, als sich um irgendwelche angereisten Seelen zu kümmern, von denen die meisten noch nicht einmal ganz begriffen haben, dass sie tot sind und am liebsten hätte Michael dem Engel all das hingebrüllt, als da plötzlich eine hohe Stimme durch den gesamten Himmel™ echot: "Miiiichii!"
Michael fährt augenblicklich zusammen. "Oh nein."
"Michi?" turtelt die Stimme erneut. "Komm zeig dich, du alter Sack."
Widerwillig späht Michael über den Rand der großen Wolke, auf der er steht und entdeckt da unten auf einer tiefliegenderen Wolke eine schnieke Limousine mit scharlachrotem Lack, getönten Fenstern und zwei gebogenen Hörnern über den Autoscheinwerfern, welche glühen wie Grillkohle. Eine kleine Gestalt war aus dem Wagen getreten. Eine Gestalt, die Sonnenbrille und Halstuch trägt wie ein vor kurzem geschiedener Hollywood-Promi. Es umgibt sie eine eigenartig zwielichtige Aura sowie ein Gefolge aus winzigen Kobolden, die sich um ihre gefeilten Hüflein ansammeln. Die rotblondschopfige Gestalt nimmt ihre Sonnenbrille ab und grinst spitzzähnig zu dem Erzengel hinauf. "Guten Tag! Haste mich vermisst?"
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Keine Ruhe in Frieden [Roman]
General FictionEigentlich hätte sich Emanuel ja denken können, dass ihn keineswegs das Paradies erwartet. Nach seinem plötzlichen Tod sollen auf einmal alle möglichen himmlischen und höllischen Mächte darüber entscheiden dürfen, was mit seiner Seele passiert! Tat...