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„Ich hätte nicht gedacht, dass er so weit geht. Das er jemand angreifen lässt, der eigentlich unbeteiligt ist. Ich kann nicht begreifen, warum es immer so gegen euch geht. Irgendwann sollte ihm doch aufgehen, dass ihm das nichts bringt. Und warum er nicht eine Person nimmt, dich ich nicht mag, weil er es mir in die Schuhe schieben will, ist mir ein Rätsel." Tom sah Vicca entschuldigend an.

„Weil das alles seine Leute wären. Und erstens, die will er nicht verletzten. Er hat schon wenig genug davon. Und zweitens könnte man das zu einfach aushebeln. Weil man dann einfach sagen könnte, ihr möchtet dem und jenem etwas anhängen. Und wenn der Angegriffene auf deiner Seite steht und das rauskommt, dann hat er den Salat." murmelte Vicca und blätterte eine Seite um. „Hier ist etwas zur Balance der Magie. Deutsche Literatur, zitiert nordische Quellen." Sie schob Tom das Buch zu.

Er beugte sich über die neue Quelle und über seinen gebeugten Rücken trafen sich Viccas und Abraxas Blicke. Sie halfen Tom dabei seine Theorie zu recherchieren und waren mittlerweile an seine Ablenkungsversuche gewöhnt. Es schien, als könne er sich nicht auf etwas anderes konzentrieren, wenn etwas an seinem Gewissen nagte. Vicca schmunzelte und Abraxas verdrehte die Augen.

„Das ist dasselbe, was wir aus alten mesoamerikanischen Texten haben, aus dem arabischen Raum und aus Ägypten. Auch wenn sie die Magiearten alle unterschiedlich benennen." stellte Tom schließlich fest.

„Zeigt an, dass sie das alles selbst festgestellt haben. Sie haben nicht bei den anderen Kulturen abgeschrieben. Also ist es unwahrscheinlicher, dass es falsch ist. Immerhin haben alle diese alten Kulturen das festgestellt." meinte Abraxas und wendet sich den Stammbäumen zu, auf die sie Zugriff bekommen hatten. Überraschenderweise hatten einige Familien ihnen Kopien zur Verfügung gestellt, als sie ihren Grund erläutert hatten.

„Deliah. Haben wir Unterlagen für das Jahr 1820 oder um dieses Jahr. Um diese Zeit gibt es eine Verschiebung zu mehr schwarzmagischen Kindern." wollte er dann wissen.

„Ich nicht. Tom, hast du etwas dazu?" Sie überflog ihre Notizen, schüttelte dann aber den Kopf und wand sich Tom zu.

„Um 1820? Warte, ja. Hier war doch, ach hier. Spät in 1818 wurde ein Gerücht verbreitet, dass das Wirken von schwarzer Magie zu Unfruchtbarkeit führen würde. Es ging so weit, dass der damalige König eine Untersuchung anordnete und durchführen ließ. Sie kam zu dem Schluss, dass dies nicht stimmen würde und dass das Wirken schwarzer Magie keinerlei Auswirkung auf die Fruchtbarkeit habe. Er hat eine Menge Leute ausgesandt, um die Leute zu informieren."

„Aber es war eben 1820 und es dauerte, bis die Leute ihnen glaubten, oder nicht?" Vicca schmunzelte.

„Wäre ja nicht so, als wäre das heute anders. Die Leute glauben nur, was sie glauben wollen. Bei allem anderen muss man wirklich Arbeit leisten, um sie zu überzeugen. Und damals musste man einen anderen Grund für die Unfruchtbarkeit nennen. Und heute heißt, dass eine möglich Lückenloses Theorie zur Vergiftung der Magie aufzustellen. Warum müssen Leute so sein?" Tom rieb sich genervt das Gesicht und seufzte.

„Weil Menschen Menschen sind. Und so sind Menschen eben. Leider. Aber meckern bringt uns auch nicht weiter. Hat dir das jetzt eigentlich geholfen, Abraxas?"

„Ja. Und es hilft der Theorie auch noch. Bei solchen Gerüchten würde kaum jemand schwarze Magie wirken, sie würde also weniger genutzt. Als Konsequenz wurden mehr Kinder mit der Veranlagung geboren, damit diese dann schwarze Magie wirken und die Balance wieder herstellen. Nachdem sich die Panik gelegt hatte, hat sich auch das Geburtenlevel wieder normalisiert."

„Also gab es nach einer Einschränkung der schwarzen Magie eine erhöhte Geburtenzahl von Schwarzmagiern und kaum das schwarze Magie wieder normal gewirkt wurde, war die Geburtenzahl zurück zu wie es davor auch schon war?" harkte Tom nach. Abraxas nickte ihm zu.

Tom machte sich auf seinen Zetteln Notizen und fragte immer wieder nach Details, die Abraxas ihm gab. Vicca vertiefte sich selbst wieder in den staubigen, selten genutzten Büchern, die sie in der Tiefen der Bibliothek gefunden hatte. Abraxas sah ihr einen Moment dabei zu, wie sie eines der Bücher mit einem Tuch abwischte, ehe er seinen Zauberstab griff und einen Säuberungszauber auf die Bücher wirkte.

„Danke." Sie lächelte ihn an und öffnete dann das saubere Buch. „Was für ein Chaos."

„Wie meinst du das? Zeig her." Neugierig lehnte sich Tom zu ihr, um ein Blick in das Buch erhaschen zu können.

Vicca verdrehte die Augen, schob das geöffnete Buch aber in seine Richtung, sodass er hineinsehen konnte. Das Buch war nach einer Einleitung nur Stückhafte Abschriebe anderer Texte, die zusammenhangslos eingetragen waren. „Es sind Textpassagen, die jemand aus einem Text der großen Bibliothek in Alexandria abgeschrieben hatte. Nach dem Brand wurden solche Zitate gesammelt, um möglichst viel von dem verlorenen Wissen zu bewahren."

„Von der bekannten Bibliothek von Alexandria? Wirklich?"

„Ja, Tom. Zumindest steht das hier im Vorwort. Ob alle Passagen tatsächlich aus der Bibliothek von Alexandria sind, konnte niemand beweisen. Daher steht hier auch eine Warnung." Vicca deutete auf die Einleitung und Tom schien alles Interesse an dem Buch zu verlieren. Er schob es wieder Vicca zu und vertiefte sich in seinen eigenen Unterlagen.

Kopfschüttelnd begann Vicca das Buch selbst zu lesen und verlor sich in den alten Texten und ihrer komplizierten Formulierung. So zuckte sie zusammen, als jemand sich laut auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches fallen ließ. Sie riss den Kopf hoch und erkannte Harry, der frustriert das Gesicht in den Händen vergrub.

„Was ist los?" fragte sie alarmiert.

Harry rieb sich das Gesicht energischer und ließ seine Hände dann in seinen Schoss sinken. „Ich habe ein paar von Toms besten Freundinnen kennengelernt. Angeführt von Evelynn. Oder zumindest haben sie sich selbst so bezeichnet. Ich würde sie als vollkommen übergeschnappt bezeichnen, aber sie haben mir sehr eindrücklich erklären wollen, dass ich Tom gefälligst in Ruhe zu lassen habe."

„Bitte was? Ich habe keine Ahnung, was die meinen. Aber ich mag es, wenn du bei uns bist." Tom sah Harry eindringlich an. Der senkte den Kopf und sah auf seine Hände. Ab und an linste er durch seine dichten Wimpern, doch immer, wenn er Toms Blick begegnete, der ihn so aufrichtig ansah, senkte er den Kopf sofort wieder.

Vicca schmunzelte, doch dann runzelte sie die Stirn. „Ha...Yuan. Schau mal bitte zu Abraxas."

„Ich... ich... okay." Langsam drehte Harry den Kopf und Viccas Blick verfinsterte sich.

„Welche von denen hat dich geschlagen?"

FatumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt