Vicca war dem Verzweifeln nahe, denn einmal mehr wollte ihre Magie nicht tun, was sie wollte. Sie kannte den Spruch, sie kannte die Theorie dahinter und sie hatte alle Voraussetzungen. Der Wille war da, die Absicht war da, der Wunsch, den Zauber zu wirken. Doch einmal mehr schaltete ihr Unterbewusstsein sich ein, spielte ihr erneut die Bilder vom Tod ihres Bruders vor und blockte ihre Magie.
Es war nicht das erste Mal, dass sie sich fragte, ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, wenn sie keine Magie gehabt hätte. Dann musste sie sich jetzt nicht so quälen, doch sie wollte ja auch nicht in der Welt leben, in der ihr Bruder für seine Magie zu Tode kam. Es gab einfach keinen Platz, an dem sie akzeptiert wurde, wie sie war, keinen, an dem sie sich wirklich wohl fühlte.
Wachsame Augen lagen auf ihr, dass spürte Vicca genau, und sie ahnte auch, wem sie gehörten. Tom beobachtete sie die gesamte Zeit so wachsam, als würde er nur darauf warten, dass sie einen Fehler begehen würde. Da sie nun in eine Klasse gingen, hatte er dazu auch mehr als genug Möglichkeiten. Allerdings saß er nicht neben ihr, sondern sie teilte sich hier in Verwandlung einen Tisch mit Abraxas Malfoy, der vor sich natürlich bereits ein wundervolles Gedeck aus feinstem Porzellan stehen hatte.
Vor Vicca selbst stand noch immer der Stein, den sie in ein Gedeck verwandeln sollte, doch so sehr sie sich auch anstrengte, es tat sich nichts. Sie spürte sich selbst immer unruhiger werden, denn auf gar keinen Fall durfte auffallen, dass sie einen ganz besonderen Grund hatte, warum sie nicht auf ihre Magie zugreifen konnte. Das würde ihre Lügen sofort enttarnen und nicht nur sie, sondern auch Harry in große Gefahr bringen.
„Miss Green. Sie sind neu in der Klasse und schon hängen sie hinterher. Ich kann nicht glauben, dass man sie in diese Klasse eingeteilt hat. Ich denke, ich muss noch einmal mit den betreffenden Stellen sprechen, so kann das auf keinen Fall bleiben." Vicca mochte den Professor nicht, der sie so herablassend ansah. Sie wusste, dass sie nicht gut war, aber man musste es ihr auch nicht vor alle n unter die Nase reiben.
„Professor MacCalister. Deliah hatte bisher nur Hausunterricht. Ich nehme an es ist die Aufregung und die Tatsache, dass sie noch nie vor so vielen Menschen gezaubert hat. Ich werde mit ihr daran arbeiten." Viccas Kopf, den sie zunächst etwas sinken hatte lassen, schnellte hoch und zu Tom herum, der nun stand und den Professor fest ansah. Er wirkte charmant und zuvor kommend, doch man sah in seinen Augen, dass er seinen Willen bekommen würde.
„Immer so hilfsbereit Tom. Aber vielleicht hast du Recht und das ist das beste für alle Anwesenden. So kann sie dann hier wenigstens niemanden mehr aufhalten." Damit drehte sich der Professor um, ging nach vorne und schob dabei eine der kürzeren, blonden Locken, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten, hinters Ohr. Tom setzte sich und alle sahen brav nach vorne, wo sich der Professor neben dem Pult wieder zu ihnen umdrehte.
Die dunkelblauen Augen, die immer wieder Mädchen für dieser Professor schwärmen ließen, schweiften über die Klasse. Vicca hasste es, dass sie sie ständig zu fixieren schienen. „Nun, sie schreiben mir eine 10 Inch lange Ausführung über den Zauber und weitere fünf Inch über das daher stehende Prinzip." Damit entließ er die Klasse und während die Schüler mit den roten Krawatten aus dem Raum rannten, ließen sich die Schlangen etwas mehr Zeit.
Vicca wollte nicht auffallen, doch auch sie wollte weg. Das lag nicht nur an den Blicken, die noch immer ständig auf ihr lagen, sondern auch an dem Tuscheln ihrer weiblichen Klassenkameraden. Sie gab sich alle Mühe all die stichelnden und gemeinen Kommentare zu überhören, aber sie konnte es nicht. Schon vor ihrer Reise hatte sie das immer und immer wieder erleben müssen und nun kamen sie wieder, wenn auch aus Gründen, die sie noch weniger mochte.
„Ihr reicht Abraxas offensichtlich nicht. Jetzt krallt sie sich auch joch Tom und Professor MacCalister." „Dabei kann sie doch gar nichts. Nicht einmal den Spruch heue hat sie hinbekommen." „Sie ist einfach nur hübsch anzusehen." Neid, hinter diesen Worten, steckte nichts als Neid und Verachtung. Neid, weil Tom, Abraxas und der Professor ihr Aufmerksamkeit schenkten, um die sich andere stritten, die sie aber überhaupt nicht haben wollte.
Den Kopf gesenkt lief sie mit der Gruppe, denn Slytherins waren nie allein. Das hatten sie schnell gelernt und besonders weil Tom ihr noch immer zu misstrauen schien, ließ der sie sowieso so gut wie nie aus den Augen. Sie hörte das genervte Zischeln ihrer beiden Begleiter und beschloss sie nach der Freistunde in ihrem Wasserbecken zu lassen, damit sie sich etwas erholen konnten.
„Also, da ich dich nun als Nachhilfeschülerin habe, fangen wir am besten gleich an." Vicca seufzte lautlos, bei Toms Kommentar und atmete einmal tief durch. „Können wir das auf nach dem Unterricht verschieben? Ich würde gerne unsere Hausaufgaben erledigt haben. Zudem fühle ich mich auch nicht sonderlich wohl." Nicht, dass sie das je in Toms Nähe tun würde, aber vielleicht würde das nach dem Unterricht besser werden. Zudem, Vicca hatte Angst, dann wenn sie tatsächlich auf ihre Magie zugreifen würde, dass sie sich dann zu sehr verausgaben würde.
„Wenn du dich damit besser fühlst, ich denke es wäre nur hinderlich, wenn wir deinen Zugriff noch verschlechtern würden. Und es ist natürlich immer löblich, erst einmal seine Aufgaben erledigen zu wollen. An deinem Zugriff musst du aber schnell arbeiten, sonst kannst du recht schnell Probleme bekommen." Vicca nickte nur stumm und kletterte hinter ein großen, stillen Junge, Alexander Nott, wie sie mittlerweile gelernt hatte, in den Gemeinschaftsraum.
Während sich ihre Klassenkammeraden auf den Sesseln und an den Tischen verteilten, durch querte sie den Raum und verschwand in dem Zimmer, dass sie sich mit Harry teilte. Dort stand auch das große, mit Meerwasser gefüllte Aquarium, in das sie ihren Arm hielt. Beide Schlangen lösten sich, zischelten behaglich und suchten sich dann den bequemsten Platz zum Ausruhen.
Einen Moment beobachtete Vicca ihre Beiden, kleinen Lieblinge, dann stand sie auf und ging zu ihrem Bett. Sie hatte Tom nicht angelogen, sie wollte ihre Hausaufgaben wirklich jetzt schon erledigen, dann hatte sie das hinter sich. Nur wollte sie es in Ruhe machen. Sie zog ein Pergament, Feder und Tinte hervor und begann das Blatt mit ihrer engen, sauberen Schrift zu füllen.

DU LIEST GERADE
Fatum
FanfictionHarry und seine beste Freundin Vicca spielen Anfang seines sechsten Jahres das Spiel Fatum, dass sie in der Kammer des Schreckens gefunden haben. Mit der Gewissheit jederzeit zu sterben stürzen sie sich in das Spiel.