Die Beherrschung nicht verlieren

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„Bitte WAS?!" Tom war aufgesprungen und sein Stuhl knallte hinter ihm auf den Boden. Ein lautes, ermahnendes Geräusch erklang, waren sie doch in der Bibliothek. Tom aber schien es komplett zu ignorieren. Er starrte Harry an, ohne auch nur zu blinzeln.

Harry machte sich auf seinem Stuhl klein, schaute auf seine Hände und rutschte hin und her. Je länger Tom ihn anstarrte, desto kleiner versuchte Harry sich zu machen. Toms Hände waren auf der Tischplatte abgestützt und er beugte sich immer weiter nach vorne.

„Wir sind in der Bibliothek. Wir können es uns leisten hier rausgeschmissen zu werden. Benimm dich." zischte Abraxas Tom an und stellte dessen Stuhl wieder auf.

Tom setzte sich in den Stuhl, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Zunächst sah er zur Seite, dann fokussierte er wieder auf Harry. „Sag mir, wer es war! Wer und was sie gemacht haben!" Toms Augen leuchteten rot wie Blut und Harry fühlte sich davon zum ersten Mal wirklich eingeschüchtert. Bisher hatte er immer Wärme in ihren Tiefen erkennen können, doch nun waren sie hart und eiskalt.

Dass Tom mit einer Fußspitze auf den Boden tippte, machte es für Harry noch schlimmer. „Ich... kenne sie nicht alle bei Namen. Ich weiß das Evelynn dabei war. Sie war eine der Anführerinnen. Dann Penita Parkinson. Die Zwillinge... ich glaube Victoria und Alexandra. Und... ich glaube ein Mädchen wurde Tiffany genannt." brachte er schließlich hervor.

„Was haben sie gemacht, Yuan? Ich möchte nicht noch einmal fragen müssen." Harry zuckte zusammen und Vicca warf Tom einen bösen Blick zu.

„Sie haben mich abgefangen, als ich aus dem Gemeinschaftsraum kam. Bevor ich mich versah, war ich auf einmal umringt von diesen Mädchen. Zunächst haben sie nur gelacht und sich über mich lustig gemacht. Nichts Besonderes. Aber dann hat eine begonnen an meinen Haaren zu ziehen. Ich habe ihnen gesagt, dass sie es lassen sollen. Sie haben nur noch mehr gemacht und es schien ihnen gefallen zu haben, dass ich es nicht mochte. Sie haben dann alle angefangen." Harry schluckte ein Schluchzen herunter und rieb sich über die Augen.

„Sie haben weiter gemacht und gesagt, dass ich nichts wert sei und dass ich mir nichts einbilden solle. Ich solle aufhören, deine Zeit zu vergeuden. Ich solle mich von dir fernhalten. Ich habe ihnen gesagt, dass das deine Entscheidung sei und nicht ihre, mit wem du Zeit verbringst. Das haben sie... nicht gut aufgenommen." Harry sah zur Seite und rieb sich die Oberarme, während er weiter auf dem Stuhl hin und her rutschte.

„Yuan." Toms Augenbraue zuckte und er trommelte mit den Fingern auf seinen Oberarmen.

„Ich... wollte gehen und... habe mich an ihnen vorbei geschoben. Evelynn hat... begonnen zu schreien, dass ich... dass ich ihr zuhören müsse und sie deine Frau sei und ich aus deinem Leben zu verschwinden habe. Als ich nicht reagiert habe, hat sie nach mir geschlagen. Mit der..."

„SIE HAT WAS?! SIE KANN WAS...mhpf, mhpf, mhpf." Tom wedelte wild mit den Armen, während sich Harry so klein wie möglich machte und Abraxas seinen besten Freund sauer ansah.

„Tom, sei still. Ich hebe den Zauber wieder auf, wenn du dich so weit beruhigt hast. Deliah hat es dir bereits gesagt. Wir sind in der Bibliothek und wir brauchen sie. Die beiden noch mehr als wir. Also reis dich zusammen und beruhige dich. Dann nehme ich den Schweigezauber von dir." Abraxas silbergraue Augen fixierten Tom, der die Arme verschränkte und schmollte.

Vicca schüttelte den Kopf, beugte sich über den Tisch und sah sich die Verletzung an Harrys Gesicht genauer an. Sie war mit Verletzungen durch körperliche Gewalt bekannt, weil sie sie selbst oft genug hatte und weil sie sie an Harry versorgen musste, wenn der mal wieder nicht zur Krankenstation wollte. „Das war keine Faust." stellte sie fest.

Harry schüttelte den Kopf. „Nein. Sie hat mich mit der flachen Hand geschlagen. Einmal. Dann bin ich abgehauen."

„Frauen schlagen meist so. Und danke, dass du nicht zurückgeschlagen hast."

„Ich mag es nicht Frauen zu schlagen."

„Du magst es gar nicht, jemanden zu schlagen. Aber du bist beherrschter als der Hitzkopf da." Sie zeigte mit dem Daumen auf Tom. „Hättest du sie geschlagen, hätten wir sicher Ärger bekommen. So wie er Ärger bekommen hätte, wenn er auf eine Gruppe Mädchen losgegangen wäre. Das hätte nur Dumbledore in die Karten gespielt. Zumal genug von denen mit einem seiner Unterstützer verwandt sind."

„Aber dann..."

„Nein, Yuan. Sie haben keine solche Macht über ihre Familie. Sie können denen nicht sagen, Tom nicht zu unterstützen, weil der mit jemandem herumhängt, den sie nicht mögen. Schon gar nicht, weil sie ja eine Chance mit ihm haben wollen. Aber hätte er eine von ihnen verletzt und so sauer wie er ist, wäre das wahrscheinlich, dann wäre das eine Beleidigung der Familie gewesen. Du hast alles richtig gemacht." beruhigte Abraxas Harry, der langsam nickte.

„Wir werden jetzt vorsichtig sein müssen, nicht wahr? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dumbledore dahinter steckt, aber wer weiß." Vicca sah Tom und Abraxas abwartend an.

„Hmpf, hmpf, hmpf." Tom gestikulierte, bewegte den Mund, doch kein Geräusch kam heraus. Er sah zu Abraxas, der den Kopf schüttelte, aber keine Anstalt macht, den Zauber von Tom zu nehmen.

„Sehr unwahrscheinlich, dass Dumbledore dahintersteckt. Keiner von denen kommt aus einer Familie, die mit Dumbledore zusammenarbeiten würde. Aber er ist clever genug, um so etwas für seine Zwecke auszunutzen. Dessen sind wir uns ja alle bewusst. Deshalb haben wir ja ausgemacht, dass wir uns von unserer besten Seite zeigen." Abraxas warf Tom einen ermahnenden Blick zu. Der schien sich keiner Schuld bewusst.

„Wie weit seid ihr eigentlich? Ihr hockt doch schon die ganze Zeit über diesen alten Büchern und den riesigen Pergamenten. Wie kann man nur einen so riesigen Stammbaum haben? Das ist echt albern." Harry betrachtete die ausfaltbaren Pergamente, die durchaus als Tapeten durchgehen könnten.

Abraxas schmunzelte. „Das ist tatsächlich richtig. Aber die meisten alten Familien sind sehr stolz auf ihre Stammbäume. Deshalb konnten wir auch so einfach auf sie zugreifen. Man will sie präsentieren. Und wir sind relativ weit. Mit dem Sammeln der Informationen. Wir werden die Informationen sortieren müssen, einen Vortrag daraus formulieren und Tom wird ihn üben und üben und üben müssen." Abraxas lachte und Tom zog eine Grimasse.

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