(POV Lorraine)
»Shit, no fucking way!«
Chester lief fluchend auf und ab. Andre und Jan starrten mit aufgerissenen Augen zu dem Loch im Dach der Kinderklinik. Merlin war damit eingestürzt. Lorraine blinzelte, ihre Hände bebten. Nur langsam drehte sie den Kopf zu Jennifer, diese wischte fassungslos mit den Händen über ihr Gesicht.
Ines sprang von ihrem Platz auf. »Das ist mir zu viel!«
»Wir müssen Ruhe bewahren«, mahnte Andre.
Ines drängte sich an ihm vorbei, auf die Feuertreppe zu. »Ich hab damit nichts zu tun«, zischte sie. »Das ist euer Problem.«
»Bleib hier«, keifte Andre hinter ihr her, aber Ines beeilte sich. Sie verschwand in der Dunkelheit, nur ihre schimpfende Stimme war leiser werdend zu vernehmen.
»Andre, warum hast du ihn geschubst?«, fragte Lorraine heiser. Der Angesprochene stapfte direkt auf sie zu. Seine Augen glühten vor Wut.
Chester stellte sich vor seine Schwester und stieß seinen Freund zurück. »Weg von ihr!«.
Andre stieß einen Finger gegen seinen Brustkorb. »Das ist nicht meine Schuld«, schnaubte er gereizt. »Deine Schwester soll aufpassen, was sie sagt!« Er rümpfte die Nase. »Die hat ihn hergebracht.«
»Weil du dieses beschissene Branding ausprobieren wolltest«, schrie Chester.
»Wir müssen das melden«, gab Jennifer apathisch von sich. »Was, wenn ihm etwas passiert ist?«
»Dem ist nichts passiert«, zischte Lorraine. Ihre Pupillen zuckten zu dem Loch im Dach. Und wenn ihm doch etwas passiert war?
Daraufhin lachte Jan ungläubig. »Hört ihr was?« Er lehnte sich vorsichtig über das Loch. »Ich auch nicht. Der ist tot!« Seine Lider blinzelten und er fummelte nervös an seiner Kleidung herum.
»Na und, dann ist eben ein Grufti in einer Ruine verunglückt. So abwegig ist das gar nicht«, erklärte Andre. Er hatte sich von Chester abgewendet und sah nun in Jans Richtung.
»Na klar, nur dass dieser Grufti ein Branding an seinem Bauch hat, von einem Brandstempel mit unseren Fingerabdrücken«, sagte Lorraine.
»Jans Fingerabdrücke«, korrigierte Chester. Er schluckte und kämpfte sichtlich damit, seine Atmung ruhig zu halten. Das überhebliche Grinsen fand dennoch Einzug auf seinen Lippen.
»Irgendjemand muss nach ihm sehen«, bemerkte Jennifer und stand auf. »Vielleicht hat er das überlebt.«
Andre schüttelte den Kopf. »Das geb ich mir nicht. Ich haue ab.«
Jan knibbelte nervös an seinen Fingernägeln und stellte sich vor die Feuertreppe. »Ich... g...geh doch nicht in den K...knast«, stotterte er. »Leute, was soll ich tun?«
»Keiner geht in den Knast«, bestimmte Chester und griff nach Lorraines Hand. Sie begleitete ihren Bruder zu der Feuertreppe.
»Das bleibt geheim. Niemand erzählt irgendjemandem davon und dann wird alles gut.« Äußerlich war Chester die Ruhe selbst, aber innerlich wurde er von Überforderung überschwemmt. Das konnte Lorraine am Beben erkennen, das von seinem Arm ausging. Sie nickte beipflichtend.
Jennifer folgte ihnen und schüttelte ununterbrochen ihren Kopf. »Aber vielleicht lebt er noch. Lasst uns nachsehen.«
»Du kannst ja nachsehen.« Andre deutete Jan mit seinen Händen an, die Feuertreppe hinabzusteigen. Dieser schüttelte sich überfordert und konnte der Aufforderung seines Freundes nicht folgen.
DU LIEST GERADE
Unmelodie
Teen FictionWattys 2022 Winner - Kategorie: Young Adult Ich danke euch allen. Für lesen, empfehlen, abstimmen und kommentieren. Diese Auszeichnung bedeutet mir sehr viel. Danke. :) Update 12.04.2024: Es gibt schon wieder ein neues Cover für diese Geschichte. Di...