#Kapitel 2

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Tatsächlich hatte ich den Teller Spaghetti irgendwann komplett gegessen, bereute es nun aber. Da mein Magen es nicht gewohnt war, dass ich so viel aß rebellierte er nun und ich hing spuckend über der Kloschüssel. Adrian klopfte gegen die Badtüre und fragte ob alles okay wäre. Der war lustig, ich hing gerade erbrechend über der Kloschüssel und es war einfach nicht zu überhören. Als es mir wieder halbwegs besser ging, spülte ich ab, rappelte mich auf und spülte den Mund aus. Erst dann öffnete ich die Badtüre und sofort strich Asha um meine Beine. Erschöpft sah ich Adrian an und er stützte mich, als ich drohte umzukippen.

„Tut mir leid…ich wollte das Essen nicht erbrechen…“, entschuldigte ich mich. „Ist ja nicht zwingend deine Schuld“, meinte er und brachte mich zurück ins Wohnzimmer. Asha kletterte zu mir aufs Sofa und rollte sich auf meinem Schoß zusammen. Abwesend streichelte ich sie und schaute nach draußen. „Sophie“, sprach Adrian mich an und ich schaute ihn an. „Ich habe bei der Therapeutin angerufen, die sich um deinen Fall kümmert. Sie hat mir für dich einen Termin gegeben. Direkt morgen, weil du die letzten Termine nicht wahrgenommen hast“, erklärte er mir und ich schaute auf meine Hände. Verzweifelt schüttelte den ich den Kopf und sah ihn wieder an. „Ich…ich kann nicht…“, wisperte ich. Ja, ich wusste, dass ich Hilfe brauchte, aber ich konnte doch nicht mit einem wildfremden Menschen über meine Probleme reden. „Du kannst das, Sophie“, erwiderte er ruhig und ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Darf ich Asha mitnehmen?“, fragte ich ihn. „Nein, Asha darf nicht mit, aber du schaffst das auch ohne sie“, antwortete er mir und ich senkte den Blick. Asha war doch mein einziger Halt. Wie sollte ich das ohne sie schaffen?

„Sophie, mach dich nicht verrückt. Du kannst das und es ist ja erst morgen“, erklärte er mir ruhig und setzte sich neben mich. „Wie komme ich da morgen hin?“, fragte ich ihn leise. „Ich fahr dich hin und hole dich auch wieder ab“, antwortete er mir und ich nickte. Asha gähnte und ich entschied sie ins Bett zu bringen. Vorsichtig hob ich sie hoch und stand dann selber auf. „Ich bring Asha ins Bett und leg mich dann selber noch etwas hin“, erklärte ich Adrian und ging ins Gästezimmer. Asha legte sich zusammengerollt auf das Bett und ich fing an mich auszuziehen. An meinem rechten Arm waren leichte Narben zu sehen, von den Wunden, die ich mir zugefügt hatte, als ich noch bei Levi waren. Kopfschüttelnd betrachtete ich sie. Hätte ich mir die Wunden nicht zugefügt, hätte Levi nicht die Beherrschung verloren. Seufzend zog ich mir ein langes Oberteil aus meiner Tasche und zog es mir an.  Dann machte ich das Licht aus und legte mich zu Asha ins Bett. Sie miaute leise und kuschelte sich an mich.

Langsam streichelte ich sie und schon bald bewegte sich das kleine Fellknäuel neben mir nur noch sehr wenig. Wie gerne würde ich auch so schnell einschlafen und auch durchschlafen. Leider weckte ich Asha immer, wenn mich ein Albtraum plagte und sie ließ sich auch nur schwer dann wieder zum schlafen bringen. Mit der Hand, mit der ich Asha nicht streichelte, umgriff ich die Kette, die um meinen Hals hing. An dieser Kette war der Ring, den Levi mir angesteckt hatte. Ich hatte es nicht geschafft ihn wegzuwerfen, denn viel hatte ich nicht von Levi. Noch immer konnte ich nicht ganz glauben, dass Levi tot war, aber diesen Unfall konnte er einfach nicht überlebt haben.

Der Schlaf mied mich noch immer, dabei war ich so müde. Keine Tipps aus dem Internet hatten mir geholfen und ich hoffte, dass die Therapeutin mir morgen bei meinem Schlafproblem helfen konnte. Seufzend holte ich mein Tablet aus der Tasche und suchte mir mein aktuelles Buch. Durch meine Schlaflosigkeit hatte ich angefangen viel zu lesen und damit ich Asha nicht mit zu viel Licht störte, bin ich auf E-Books umgestiegen. Seufzend öffnete ich mein gestern angefangenes Buch und las weiter. Irgendwann kletterte Asha unbeholfen auf mich und rollte sich auf meiner Brust zusammen. Lächelnd streichelte ich sie und las weiter. Mit dem Morgengrauen beendete ich das Buch und legte mein Tablet weg. Und wieder eine Nacht durchgelesen. Vorsichtig legte ich Asha neben mir auf dem Bett ab und stand auf. Aus meiner Tasche schnappte ich mir frische Wäsche und zog mich um. Umgezogen führte mich mein Weg ins Badezimmer, wo ich mir mein Gesicht mit kaltem Wasser wusch um wacher zu werden.

Ein Blick in den Spiegel ließ mich zusammenzucken. Ich sah wirklich furchtbar aus. Tiefe Augenringe, ziemlich blass und mit leerem Blick. Tränen traten mir in die Augen und meine Beine gaben nach. Ich kniete auf dem Boden, schlang die Arme um meinen Körper und schluchzte. Ich war so kaputt. Nach allem was Levi mir angetan hatte, vermisste ich ihn doch ein klein wenig. „Sophie, hey, was ist denn?“, fragte Adrian mich plötzlich und ich drehte den Kopf zu ihm. „Ich bin so kaputt…“, wisperte ich und er kniete sich zu mir. „Das stimmt nicht, Sophie. Du brauchst nur Hilfe um das alles zu verarbeiten, aber keine Sorge, das wird wieder“, meinte er ruhig. „Ich vermisse ihn…das ist doch krank…er hat mich verletzt, vergewaltigt…mich gezwungen ihn zu heiraten…und trotzdem vermisse ich ihn…“, schluchzte ich und vergrub meine Hände in meinen Haaren. Verzweifelt riss ich an meinen Haaren und schrie. Adrian nahm mich in den Arm und ich klammerte mich haltsuchend an ihn. Asha kam angerannt und kletterte auf meinen Schoß. Mein Schrei wurde immer leiser, bis ich schließlich verstummte, aber mein Schluchzen ließ nicht nach. Aber auch das ließ nach einer gefühlten Ewigkeit nach und ich lag erschöpft in seinen Armen.

„Komm, du solltest noch etwas essen, bevor ich dich zur Therapie fahre“, meinte er und hob mich hoch. Asha folgte uns runter ins Wohnzimmer, wo er mich auf dem Sofa absetzte. Kurze Zeit später kam er mit einem Teller, auf dem zwei Scheiben Brot und Käse waren, zurück. Diesen gab er mir und ich belegte mir eine Scheibe mit Käse. Langsam knabberte ich an der Scheibe und beobachtete Asha, die gerade ebenfalls ihr Essen bekam. „Wann müssen wir los?“, fragte ich Adrian, der sich mit einer Tasse Kaffee neben mich setzte. „In ungefähr einer halben Stunde“, antwortete er mir und ich nickte nur. Nach der besagten halben Stunde hatte ich eine Scheibe Brot gegessen und musste nicht erbrechen.  Wir zogen uns Schuhe an und ich streichelte Asha einmal. „Sei brav, Asha. Ich bin bald wieder zurück“, wisperte ich und sie miaute traurig. Seufzend folgte ich Adrian nach draußen und stieg in sein Auto. „Mach dir nicht allzu viele Gedanken, es wird alles gut“, sagte er ruhig und ich seufzte.

Viel zu schnell hielt er vor einem Gebäude und sah mich auffordernd an. Als ich mich nicht rührte seufzte er. „Sophie, bitte. So kann es nicht weitergehen. Dein Körper kann das nicht mehr lange mitmachen und du selbst doch auch nicht. Im Krankenhaus hast du es doch auch selbst noch gesagt, du brauchst Hilfe, aber du musst sie auch annehmen“, erklärte er mir und ich biss mir auf die Lippe. „Ich weiß…aber…ich…wie kann ich andere denn mit meinen Problemen belästigen?“, fragte ich ihn leise. „Du belästigst damit niemanden. Diese Menschen sind dazu da, dass man mit ihnen redet. Sie sind dazu ausgebildet, Menschen wir dir, zu helfen“, erklärte er mir ruhig und ich schluckte. „Okay…“, wisperte ich und öffnete die Autotür. „Ich komme in knapp 1 ½ Stunden wieder und hole dich ab“, teilte er mir mit und ich nickte nur. Zögerlich betrat ich das kleine, etwas ältere Gebäude und fand mich in einem hübschen Warteraum wieder. Adrian fuhr erst weg, als ich die Türe hinter mir geschlossen hatte, das sah ich aus dem Fenster. Unsicher sah ich zu der Rezeption. Ich kämpfte mit mir, ob ich nicht vielleicht doch einfach abhauen sollte, aber da wurde ich schon entdeckt.

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