Sophie POV
Unsicher sah ich Levi an. Ich wusste nicht, ob er sich freute mich zu sehen. „Sophie“, hauchte er und kam schnell auf mich zu. Er umarmte mich fest und ich erwiderte die Umarmung. „Ich hab dich so vermisst“, murmelte er und ich lächelte. „Ich dich auch. Wir haben uns zwar schreiben können…aber du hast mir trotzdem gefehlt“, wisperte ich. Auf einmal zuckte ich zusammen und keuchte leise. Besorgt sah Levi mich an. „Hab ich dir wehgetan?“, fragte er sofort und ich schüttelte den Kopf. Wieder zuckte ich zusammen und griff nach seiner Hand. Behutsam legte ich sie auf meinen Bauch und seine Augen wurden groß. „Unser Kind ist gerade nur sehr aktiv und findet immer zielsicher meine Nieren“, erklärte ich ihm und er lächelte. „Du bist unglaublich“, hauchte er und küsste mich. Ich erwiderte den Kuss und er lehnte dann seine Stirn an meine. Eine Weile standen wir so da, aber schließlich machte es sich bemerkbar, dass ich schwanger war, denn meine Füße schmerzten. „Könnten wir uns setzen, Levi?“, fragte ich ihn und er nickte sofort. Er half mir auch mich zu setzen und nahm dann auf dem Stuhl neben mir Platz. Mir fiel allerdings auf, dass Levi etwas abwesend wirkte und besorgt sah ich ihn an.„Ist alles in Ordnung?“, fragte ich ihn und er seufzte. „Es gab einen Selbstmord heute Nacht…“, murmelte er und ich sah ihm an, dass es ihn belastete. „Magst du mir mehr erzählen?“ Levi seufzte und sah mich traurig an. „Sein Name war Fynn…er war hier wegen Depressionen und Suizidgedanken, entstanden durch Mobbing, weil er schwul war. Sein Therapeut war Dr. Taylor, deshalb hat es keinen von uns groß gewundert, dass er kaum Fortschritte gemacht hat…aber dass er sich umbringt…soweit hätten wir nicht gedacht, aber jetzt…jetzt fallen uns erst die Anzeichen auf, die es gestern gab…wir hätten ihn retten können…ich hätte ihn retten können…“, murmelte Levi und mitfühlend sah ich ihn an. „Es ist nicht deine Schuld Levi…“, wisperte ich, fühlte mich aber schlecht, weil ich ganz genau wusste, wie sinnlos diese Worte doch waren. Levi versuchte zu lächeln, scheiterte aber. Seufzend legte ich meine Arme um ihn und zog ihn an mich. „Du wirst noch eine Weile daran denken, vielleicht auch für immer, aber wichtig ist, dass du an ihn denkst. Dadurch wird er dort oben nicht alleine sein, weißt du? Es ist wichtig auch an die verstorbenen zu denken“, meinte ich sanft und fuhr ihm durch die Haare. Die Sache nahm ihn wirklich mit und ich konnte es verstehen. Ich konnte auch für ihn da sein, aber ich konnte ihm die Gedanken nicht abnehmen, er musste sie selbst gehenlassen.
Levi legte eine Hand auf meinen Bauch und richtete sich auf. „Weißt du schon ob es ein Mädchen oder ein Junge wird?“, fragte er mich und ich schüttelte den Kopf. „Ich will mich überraschen lassen. Ist das in Ordnung für dich oder willst du das Geschlecht wissen?“ „Es ist okay, aber wenn…wenn es ein Junge wird…können wir ihn Fynn nennen?“ Ich lächelte und nickte. „Wenn du das möchtest, gerne. Es ist ein schöner Name.“ Levi lächelte und küsste mich nochmal sanft. „Wie geht es eigentlich Asha und Adrian?“, wollte er nach einer Weile wissen und ich verzog das Gesicht. Sofort war er alarmiert. „Was ist los? Ist etwas passiert?“ „Adrian geht es soweit gut, er muss noch zur Physiotherapie wegen seinen Armen, aber das wird langsam.“ „Das freut mich für ihn. Und was ist mit Asha?“ Ich schluckte und schaute auf meine Hände. „Sie ist verschwunden…seit gestern Mittag. Schon seit einer Weile verlässt sie manchmal den Garten und streunt umher, sie ist eine Katze, also ist es natürlich…aber gestern…sie kam einfach nicht wieder…und sie ist immer noch nicht aufgetaucht…“ Levi nahm mich sofort feste in den Arm. Er wusste schließlich, was Asha mir bedeutete und dass sie nun weg war, war wirklich nicht einfach. Ich hatte auf dem Weg hierher gehofft sie vielleicht zu finden, aber es war nicht so gewesen. „Mach dir nicht so viele Sorgen Sophie, Asha kommt bestimmt bald wieder. Sie kann genauso wenig ohne dich leben wie du ohne sie. Ihr habt euch gegenseitig ziemlich tief ins Herz geschlossen“, meinte Levi und ich seufzte wieder. „Hoffentlich hast du Recht…“, murmelte ich und lehnte mich mit geschlossenen Augen an ihn. Ich hatte ihn so sehr vermisst und es tat so gut bei ihm zu sein.
Irgendwann kam der Pfleger der mich in den Raum gebracht und Levi geholt hatte und meinte, dass die Besuchszeit nun um war. Seufzend standen wir auf und Levi drückte mich nochmal fest. „Dein Besuch hat mich wirklich gefreut, Sophie und ich hoffe, dass ich bald hier raus kann“, flüsterte er und ich lächelte. „Das hoffe ich auch“, murmelte ich und küsste ihn. Dann wurde er zurück zu seinem Zimmer gebracht und ich nach draußen. Ich stieg in mein Auto und atmete seufzend aus, bevor ich mich anschnallte und nach Hause fuhr. Vielleicht war Asha inzwischen wieder aufgetaucht, aber irgendwie war ich mir sicher, sie nicht daheim vorzufinden. Vor ein paar Monaten war ich in mein Haus zurückgezogen und lebte dort zusammen mit Asha. Adrian hatte ein Wohnung in der Nähe gefunden und wir machten oft etwas zusammen, da er mich nicht so oft alleine lassen wollte. Ich parkte vor meinem Haus und stieg aus. Meine Füße schmerzten und ich freute mich darauf, mich gleich hinsetzen zu können. Mit jeder Woche wurde es schwerer irgendwas zu machen, weil meine Füße immer schneller anfingen zu schmerzen, aber den Besuch bei Levi heute war es definitiv wert gewesen. Ich schloss die Haustüre auf, trat ein und machte sie hinter mir wieder zu.
„Asha!“, rief ich durch das Haus, aber sie kam nicht angerannt. Traurig seufzte ich, ging in die Küche und wärmte mir die Nudeln mit Soße von gestern auf, bevor ich mich mit dem Teller ins Wohnzimmer aufs Sofa setzte. Ashas Näpfe waren unberührt und ich machte mir Sorgen. Es sah ihr nicht ähnlich so lange wegzubleiben. In mir war natürlich auch die Angst, dass sie angefahren worden war und orientierungslos durch London streunte. Es gab einfach so viel, was ihr zustoßen konnte. Die Angst trieb mir Tränen in die Augen, die ich nicht verhindern konnte. Also saß ich weinend auf dem Sofa und aß meine Nudeln, denn ich musste ja etwas essen, auch wenn es mir schwerfiel. In den ersten Monaten hatte ich nur sehr, sehr wenig gegessen, da ich das meiste sofort wieder erbrochen hatte, aber glücklicherweise hatte sich das nach einer Weile gelegt. Auch meine Stimmungsschwankungen waren weniger geworden, aber das Baby umso aktiver. Auch jetzt trat es wieder in meinem Bauch und ich versuchte mich zu entspannen. Wenn ich aufgewühlt war, dann war es das Baby auch, aber wenn es mich trat und unruhig war, dann fiel es mir schwer mich zu beruhigen, wenn ich es aber nicht schaffte, würde es mich weitertreten. Leise summte ich ein Lied, dass mir meine Mutter früher immer vorgesungen hatte. Es half und das Baby beruhigte sich. Erschöpft legte ich den Kopf in den Nacken. Ich hatte letzte Nacht nicht gut geschlafen, denn ich hatte immer gehofft, dass Asha doch noch heimkommen würde.
Auf einmal hörte ich ein miauen und ein Kratzen an der Türe. Sofort schaute ich zur Terrasse. Asha stand auf der Terrasse und sah ziemlich mitgenommen aus. Hastig stand ich auf und öffnete die Glastür. Asha quetschte sich durch und rannte zu ihren Näpfen. Sie machte sich zuerst über ihr Futter her und trank dann noch einiges. Besorgt setzte ich mich auf das Sofa und wartete einfach ab. Als Asha scheinbar satt war kam sie zu mir und sprang auf meinen Schoß. Sie miaute leise und ich kraulte sie. Ihr Fell war ganz zerzaust und es klebte auch Schlamm darin. „Wo hast du dich nur rumgetrieben?“, fragte ich leise und hob sie hoch. Wieder miaute sie und ich ging mit ihr hoch ins Bad. Im Erdgeschoss hatte ich die Glastür wieder geschlossen. Im Bad setzte ich sie in die Badewanne und machte das Wasser an. Sie schreckte kurz zurück, ließ sich aber dann von mir waschen, auch wenn es mir schwerfiel, vor der Wanne auf dem Boden zu knien. Aber der Schlamm im Fell konnte nicht angenehm sein, deshalb machte ich es jetzt, Asha ließ es auch geduldig über sich ergehen. Sie miaute ab und zu, wenn ein Stückchen Schlamm in ihrem Fell hing und sich nicht einfach lösten. Danach föhnte ich sie vorsichtig trocken und sie folgte mir ins Schlafzimmer. Sie sprang aufs Bett und rollte sich neben meinem Kissen zusammen. Kopfschüttelnd, aber sehr erleichtert zog ich mir Schlafsachen an und setzte mich zu ihr. „Ich hab mir echt Sorgen gemacht“, murmelte ich und sie miaute traurig, fast so als würde sie sich entschuldigen. Lächelnd kraulte ich sie und griff mit meiner freien Hand nach meinem Tablet. Ich wollte noch etwas lesen vor dem schlafen gehen, also tat ich das, während Asha ruhig neben mir schlief.
DU LIEST GERADE
I will find You
Mystery / ThrillerNach der Nachricht von Levis Tod ist Sophie am Boden zerstört. Obwohl er ihr schlimmes angetan hat vermisst sie ihn. Sie verlässt kaum noch das Haus, isst nicht und auch schlafen tut sie nicht. Da Inspektor Adrian Milan das nicht weiter so hinnehmen...