Levi POV
Nachdenklich starrte ich an die Decke. Hätte ich nicht schon längst zu der weiteren Verhandlung gebracht werden müssen? Als ich hörte wie die Türe zu meiner Zelle aufgeschlossen wurde richtete ich mich auf. „Sie haben Besuch“, teilte mit der Wärter mit und legte mir Handschellen an. Verwirrt folgte ich ihm in den Raum, in dem ich gestern schon mit Sophie gewesen bin. Noch verwirrter war ich allerdings von dem Besucher. Ich setzte mich gegenüber von Adrian hin und sah ihn abwartend an. Er war gekommen also musste er auch anfangen zu reden. „Sophie liegt seit gestern Abend wieder im Krankenhaus. Die Verhandlung wurde verschoben“, teilte er mir mit und ich runzelte die Stirn. „Was ist mit Sophie? Geht es ihr gut?“, fragte ich sofort. Ihr war es gestern, als sie ging doch noch gut gegangen, wieso lag sie jetzt wieder im Krankenhaus. „Es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Sie ist gestern heimgekommen, aber sofort wieder abgehauen, weil wir nicht verstanden haben, wieso sie dich besucht hat, sogar Asha war nicht glücklich, weil sie nach dir roch. Das hat Sophie verletzt, deshalb ist sie abgehauen. Wir wollten ihr Zeit geben, aber dann fing ein Unwetter an und außerdem haben wir die Nachricht bekommen, dass dein Vater ausgebrochen und dabei drei Wärter getötet hat. Sophie ist ihm leider in die Hände gefallen. Er hat sie scheinbar in dein Haus und ins Schlafzimmer gebracht. Er hatte eine Pistole, deshalb hat sie sich nicht gewehrt, zumindest anfangs nicht. Irgendwann war er scheinbar unaufmerksam, sie hat sich gewehrt und hat versucht abzuhauen. In der Küche haben wie sie schließlich gefunden. Nackt, nicht ansprechbar und voller Blut. Dein Vater lag vor ihr, ebenfalls nackt, voller Blut und tot. Sophie hat ihn umgebracht, auch wenn ich glaube, dass sie es nicht wollte“, erzählte er mir und ich erstarrte.Mein Vater war tot? Er hatte versucht Sophie zu vergewaltigen? „Hat er sie angefasst?“, fragte ich knurrend und ballte die Hände zu Fäusten. „Er hat sie nicht vergewaltigt, aber sie hat ein paar Hämatome“, antwortete Adrian mir. Wenigstens das hatte sie nicht noch ertragen müssen. „Und wie kommt Sophie damit zurecht?“, fragte ich ihn. „Wissen wir nicht. Sie ist noch nicht bei Bewusstsein, aber wir hoffen, dass es sie nicht noch mehr zerbricht, als es schon hat“, antwortete er mir und ich nickte. „Ich hätte Sophie niemals in seine Nähe bringen dürfen…“, wisperte ich tonlos. „Du konntest es nicht wissen, dich trifft in der Hinsicht keine Schuld“, meinte er und ich lachte freudlos auf. „Wow, ich hätte nicht gedacht, dass ich das von dir zu hören bekomme“, erwiderte ich und lehnte mich zurück. „Versteh mich nicht falsch, ich kann dich immer noch nicht so richtig leiden, aber du wusstest nicht, dass dein Vater so besessen von Sophies Mutter gewesen ist und nun so fixiert auf Sophie war“, stellte er klar und ich zuckte mit den Schultern. „Ändern kann man es jetzt auch nicht mehr. Ich hoffe nur, dass Sophie sich nicht zu viele Vorwürfe macht. Sie sollte nicht mit diesen Schuldgefühlen leben“, murmelte ich und legte den Kopf in den Nacken.
„Sag ihr bitte, dass es mir leidtut, was sie machen musste, dass es überhaupt soweit gekommen ist“, bat ich ihn und sah ihn an. Er nickte und stand auf. „Wir sehen uns sobald die Verhandlung weitergeht“, verabschiedete er sich und ging. Ich wurde zurück in meine Zelle geführt und setzte mich dort auf das Bett, den Kopf in meinen Händen vergraben. Sophie hatte meinen Vater getötet, aber es war nur aus Notwehr geschehen. Sie war zu freundlich um jemanden zu töten und es würde sie zerreißen, da war ich mir sicher. Fluchend legte ich den Kopf in den Nacken. Und das alles nur, weil sie mich besucht hatte, obwohl alle dagegen waren. „Du bist einfach verrückt, Sophie“, murmelte ich und legte mich hin. Hoffentlich würde sie bald aufwachen und nicht allzu sehr darunter leiden, was sie getan hatte. Verdammt, ich kam klar, dass ich mehrere Menschen getötet hatte, aber Sophie nicht. Sie war nicht wie ich, würde nie so sein, aber das war okay, ich war sogar froh, dass es so war.
Einige Tage später
Ein Beamter kam zu mir rein und teilte mir mit, dass die Verhandlung heute weitergehen würde. Seufzend ließ ich mir die Handschellen anlegen und folgte ihm. Im Gerichtssaal sah ich, dass Sophie bereits da war. Sie sah überhaupt nicht gut aus. So blass und mitgenommen. Wer war auf die beschissene Idee gekommen, Sophie nicht mal ein wenig Zeit zu geben, bis die Verhandlung weiterging? Wollten diese Idioten, dass sie zusammenbrach? Ich bezweifelte, dass noch viel fehlte, bis sie sich selbst umbringen würde und das wollte ich nicht. Besorgt sah ich Sophie an, welche sich aber überhaupt nicht regte. Sie saß nur da, so als wäre sie überhaupt nicht anwesend. Auf ihrem Schoß entdeckte ich Asha. Immerhin hatten sie ihr diesmal erlaubt, Asha dabeizuhaben. Dieses kleine Kätzchen war der einzige Halt den sie gerade hatte. Dr. Nolan, die neben Sophie saß, sagte etwas zu ihr, woraufhin sie aufschaute.Ihr Blick traf meinen und ich erschrak. Sophie war gebrochen, das erkannte ich sogar von hier aus. Ihre Augen waren trüb und sie hatte Tränen in den Augen. Geschockt sah ich sie an. Vor ein paar Monaten ging es ihr doch noch gut. Sie hatte zwar noch unter dem Mobbing gelitten, aber sonst ging es ihr gut. Sie war so voller Lebensfreude gewesen. Davon war jetzt nichts mehr übrig. Die Erkenntnis, dass das meine Schuld war, traf mich mit voller Wucht und mir wurde schlecht. Außer ein paar Beamten, Dr. Nolan, Inspektor Carter, Adrian, Asha, Sophie und mir war sonst noch niemand da. Auf einmal setzte Sophie sich in ihrem Rollstuhl in Bewegung. Sie rollte zu mir rüber und nahm meine Hände in ihre. Traurig sah sie mich an. Sie sagte nichts, sie sah mich einfach nur traurig an.
„Es tut mir so leid, Sophie. Ich wollte dir nicht so sehr schaden, ich wollte dir helfen. Ich wollte, dass du von ihnen loskommst“, wisperte ich und sie nickte traurig. „Wieso sagst du nichts?“, fragte ich und sie senkte den Blick. Asha miaute leise und sprang auf den Tisch, der zwischen uns stand. Sie sah mich erst ein wenig skeptisch an, rieb dann aber ihren Kopf an meiner Hand. Sophie sah wieder auf und sah mich entschuldigend an. „Sophie, bitte verzeih mir. Ich habe dir das alles angetan. Ich bin schuld, dass es dir nun so schlecht geht“, wisperte ich und sie schüttelte den Kopf. Wieso sprach sie denn nicht? Ich wollte wissen, was in ihr vorging, aber ich konnte keine Gedanken lesen. „Ich verstehe dich nicht, Sophie. Was willst du mir sagen?“, fragte ich sie und sie schluckte. Sie zog einen Brief aus ihrer Tasche und legte ihn mir hin. Dann beugte sie sich vor, küsste mich kurz und rollte dann mit ihrem Rollstuhl zurück an ihren Platz. Asha miaute mich noch einmal an und folgte Sophie dann. Ich starrte den Brief an. In ihrer schönen Handschrift hatte sie meinen Namen auf das Papier geschrieben. Lesen konnte ich ihn jetzt jedoch nicht, denn der Richter betrat den Raum, zusammen mit den Anwälten. Die Verhandlung ging weiter.
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I will find You
Misterio / SuspensoNach der Nachricht von Levis Tod ist Sophie am Boden zerstört. Obwohl er ihr schlimmes angetan hat vermisst sie ihn. Sie verlässt kaum noch das Haus, isst nicht und auch schlafen tut sie nicht. Da Inspektor Adrian Milan das nicht weiter so hinnehmen...