𝐭𝐞𝐧

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Ich verschlucke mich an meinem Rosé und räuspere mich kurz, ehe ich Harry ansehe. „Wie bitte?"

„Erzähl mir was von deinem Liebesleben." sagt er erneut und setzt ein lächeln dabei auf. Schnell schnappt er sich das zweite Glas und schüttet sich ebenfalls etwas ein.

„Ich meine, wir sind die nächsten Tage, nein, Wochen auf engstem Raum zusammen unterwegs, da kann es doch nicht schaden, wenn ich dich ein bisschen besser kennenlerne."

Ich lecke mir über die Lippen und sehe Harry durch die Dunkelheit noch immer etwas überfordert an, ehe ich mich fange und leicht den Kopf schüttele.

„Du willst mich also besser kennenlernen? Und da fragst du nicht nach meinem Lieblingssong, meinem Geburtstag oder wie mein erstes Haustier hieß, sondern nach meinem Liebesleben?"

Harry beißt sich auf die Unterlippe und kratzt sich am Nacken, ehe er sich zurück lehnt. „Komm schon, erzähl mir was von dir." er lächelt, ehe er von seinem Glas nippt.

„Ich war noch nie verliebt, zumindest nicht wirklich." sage ich und zucke leicht mit den Schultern.

„Wieso das? Bist du nicht auch zwanzig? Erzähl mir mehr." sagt Harry aufrichtig und schnappt sich mein Weinglas, da seins leer ist. Ich verdrehe die Augen kurz und seuftze auf.

„Wie bereits gesagt, ich war noch nie wirklich verliebt. Viel zu erzählen gibt es also nicht. Ich war einmal in einer Beziehung, aber er war eigentlich einer meiner besten Freunde. Wir waren einfach beide einsam und nicht unsterblich verliebt, verstehst du? Es war mehr die Gesellschaft des jeweils anderen und eben der Sex. Nicht mehr, nicht weniger."

Verstehend nickt Harry, ehe er seinen Blick von mir abwendet und in die Ferne auf das Meer schaut. „Ich dachte mal, ich habe mich in jemanden verliebt, den ich erst drei Stunden kannte."

„Wirklich?" frage ich plötzlich ziemlich neugierig und sehe Harry überrascht an. Ich hatte mir fest vorgenommen, nicht mit Harry über so einen persönlichen Mist zu reden, aber jetzt sitzen wir zwei doch hier, um Mitternacht, auf dem Balkon, mit noch mehr Wein und reden über die Liebe.

„Wir haben uns auf einem Konzert kennengelernt und haben uns echt gut verstanden. Nach dem Konzert sind wir zusammen in meinem Hotelzimmer gelandet und haben rumgemacht. Am nächsten Morgen habe ich rausgefunden, dass ich wohl doch mehr betrunken, als verliebt war. Und ihm schien es ähnlich zu gehen, denn am Morgen war er weg und mein Portemonnaie ebenfalls."

Ich ziehe meine Augenbrauen erschrocken hoch. Die Wendung kam unerwartet. „Scheiße, tut mir Leid." seuftze ich. „Aber siehst du, genau sowas ist der Grund dafür, weshalb ich mich nicht verliebe. Menschen brechen dir nur das Herz oder klauen dir das Geld und man selber fühlt sich elend. Liebe ist einfach nichts für mich."

Harry schüttelt lächelnd den Kopf. „Du kannst nicht alle Menschen unter einen Teppich kehren, Louis. Ich habe in einer Zeitschrift gelesen, dass Liebe das Wohlbefinden steigern kann, wenn man die richtige Person findet, mit der man sie teilen kann."

„Da verkauft jemand Lügen in den Fabriken, definitiv." ich wanke das Glas in meinen Händen leicht hin und her und kann nicht verhindern, dass ich meinen Kopf lächelnd schüttele.

„Du kannst dir nicht aussuchen, ob du dich verliebst oder nicht, Lou. Du kannst nur entscheiden, ob die Person den Herzschmerz Wert ist. Liebe ist nur was für die Mutigen, weißt du?" seine Mundwinkel zucken leicht nach oben und seine Grübchen kommen zum Vorschein.

Leicht zucke ich mit den Schultern, woraufhin er erneut das Wort ergreift.

„Irgendwann erwischt es jeden, selbst dich. Und meistens dann, wenn es absolut unerwartet ist." er lächelt mir aufmunternd zu, ehe er sich von seinem Stuhl erhebt und die Terassentür öffnet.

Vielleicht hat Harry gar nicht so unrecht und vielleicht ist Harry auch gar nicht so schlimm, wie ich angenommen hatte. Vielleicht bin ich einfach schon zu lange alleine und vielleicht habe ich zu lange so getan, als würde ich keine Liebe in meinem Leben brauchen.

„Ach übrigens." vernehme ich Harry's Stimme, weshalb ich meinen Kopf zu ihm umdrehe und ihn im Türrahmen angelehnt dastehen sehe. „Du bist ein verdammt guter Küsser." er grinst mich kurz an, ehe er nach drinnen verschwindet und mich sprachlos zurück lässt.

Ich lasse mich zurück in die Lehne fallen und kann nichts gegen das Lächeln unternehmen, dass sich auf meine Lippen schleicht.

Als ich gute zwanzig Minuten später zurück ins Zimmer komme, schläft Harry schon tief und fest. Leise schließe ich die Balkontür und ziehe die Vorhänge ein wenig zu, ehe ich mich ausziehe und neben ihn ins Bett lege.

Im Gegensatz zu ihm, schlafe ich nicht so schnell ein, denn seine Worte hallen mir immer wieder durch den Kopf. Und so kommt es, dass ich immer mal wieder nur ein paar Minuten Schlaf bekomme und dann wieder wach bin.

Seuftzend hebe ich nach einer gefühlten Ewigkeit mein Handy zu mir und sehe auf die Uhrzeit: 05:26 Uhr. Seuftzend und total übermüdet lege ich das Handy wieder weg und schließe meine Augen erneut.

„Louis? Bist du wach?" vernehme ich keine fünf Minuten später Harry's Stimme, weshalb ich erschrocken zusammen zucke. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er jetzt die Stille unterbricht.

„Ja." gebe ich also leise zurück und sehe an die Decke.

„Ich muss die ganze Zeit an unser Gespräch denken." sagt er und dreht seinen Kopf zu mir. „Achja?" frage ich zurück und drehe meinen Kopf ebenfalls zu ihm, auch wenn ich nur Umrisse erkennen kann.

„Ich finde es so schade, dass du der Liebe keine Chance geben willst, nur, weil du sie noch nie wirklich gefühlt hast und sofort mit etwas negativem verbindest. Du bist noch so jung, Louis. Du bist verdammte zwanzig Jahre alt."

Ich seuftze leise auf und drehe mich wieder auf den Rücken. Er ist doch selber nicht älter.

„Man kann sich in die falschen Menschen verlieben, Louis, ja. Und ja, die brechen dir dann auch das Herz. Es ist eine feine Linie zwischen dem, was man will und dem was man braucht." er schüttelt leicht den Kopf. „Ich hatte bisher nur das Glück, unausstehliche Typen kennenzulernen. Wahrscheinlich war ich dann auch noch nie wirklich verliebt. Zumindest nicht so, dass ich mir etwas längeres hätte vorstellen können."

Ich zucke leicht mit den Schultern, woraufhin Harry erneut das Wort ergreift. „Gib nicht auf. Liebe kann auch schön sein und dass nicht nur für einen Moment, sondern für immer, alles klar?"

„Alles klar." nuschele ich seuftzend und scheinbar gibt er sich damit als Antwort zufrieden, denn ab da an ist es wieder still und sowohl Harry, als auch ich schlafen nochmal ein.

hate u cause i don't [L.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt