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Das Knarren der bereits seit langem nicht mehr geölten Gartentorscharniere riss mich aus meinen Gedanken. „Valea?", erkundigte sich eine männliche Stimme nach mir. Ein winziger Hoffnungsschimmer funkelte in mir auf, erstickte jedoch kurz darauf im Antlitz von Ben.

„Was tust du denn hier?", trotzig, wie ein kleines Kind, verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Ähm naja, eigentlich wollte ja Noah vorbeikommen, aber dem ist was dazwischen gekommen, also...", stammelte der unsichere Junge vor sich hin. Verärgert schnaube ich auf. „Also hat er sich gedacht, er schickt einfach dich. Weißt du was, du kannst dem Arschloch ausrichten, er soll nicht seine Lakaien vorschicken, wenn er mal wieder zu feige ist, Verantwortung für seine Versprechen zu übernehmen. Und jetzt verpiss dich bitte."

Frierend stolziere ich in meinem matschbesetzen Outfit ins Haus, der Hund folgt mir freudig. Mit einem vor Wut tobenden Gedankensturm, größtenteils an Noah gerichtet, wasche ich mir den Schlamm und die Kälte runter.

Ihm ist was dazwischen gekommen. Achso, na dann. So ein blöder Wicht! Ernsthaft, was ist sein verdammtes Problem? Entweder verspricht er sich um den Hund zu kümmern und tut es dann bitte auch oder er sollte sich vielleicht auch einfach nicht verbindlich dafür aussprechen. Idiot.

Frisch geduscht und umgezogen, einen kuschelig bequemen Trainingsanzug tragend, betrete ich wieder das Wohnzimmer. Dem Abwehrmechanismus der Regression folgend, setze ich mich quengelig, einer Fünfjährigen, der die Süßigkeiten verwehrt wurden gleichend, auf das Sofa.

Schmollend greife ich also nach der Chipstüte und schalte den Fernseher ein. In meine Wut auf Noah versessen, gewähre ich dem Hund sogar einen Platz auf der Couch neben mir. „Sei froh, dass du Noah nie kennenlernen musst.", raune ich Kingston zu. „Er kann so ein Arschloch sein, ... man darf sich nicht von ihm blenden lassen.", erweitere ich meine Aussage schmatzend. Kingston scheint während meines Monologs jedoch eher stark konzentriert auf die frittierten Kartoffelplättchen zu sein.

Irgendwann schien ich wohl vor der Glotze eingenickt zu sein. Denn als die Klingel mich aus dem Schlaf riss, war es schon leicht dämmrig draußen. Da ich noch leicht schlaftrunken war, rief ich durchs Haus: „Ist offen, komm rein!" Prinzipiell bereits eine ziemlich miese Idee, einfach jemanden, ohne überhaupt zu wissen, wer es ist, in das eigene Haus zu bitten.

Doch als ich Noah vor mir in der Wohnzimmertür stehend sah, bereute ich es zu 100%. Verblüfft sah ich zu ihm. Er hingegen konnte sich kaum ein Schmunzeln verdrücken. Schließlich gab ich mit dem samtigen Kuschelanzug, dem verwuschelten Dutt, aus welchem einige Strähnen sich bereits gelöst hatten und der halben Chipstüte auf mir verteilt, sicherlich ein amüsantes Bild ab.

Allerdings hatte Noah absolut kein Recht, darüber zu lachen. „Was willst du hier?", ging ich ihn schroff an. Er schluckte und schwieg. „Sprich oder ich mache von meinem Hausrecht Gebrauch und schmeiß dich raus!"

ᖴᗩᑌSTSᑕᕼᒪᗩG ᑎᗩᑕᕼ ᒪIEᗷE!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt