Es war eine kalte, windige Nacht. Das salzige Meerwasser schlug hohe Wellen, die mit lautem Rauschen an der Klippe brachen. Der Himmel war jedoch sternenklar und ein Halbmond ging gerade auf, um den nächtlichen Himmel zu zieren. Außer der wilden See und dem tosenden Wind war nichts hören; kein Mensch und kein Tier waren in solch einer windigen Nacht an der Klippe unterwegs.
Doch plötzlich war ein kurzes Geräusch zu vernehmen und aus dem Nichts tauchte eine Gestalt auf der Klippe auf. Es war ein junger Mann mit blonden Haaren, der in einen langen, schwarzen Mantel gehüllt war und einen dunklen Strickschal bis unter die Nase gezogen trug. Seine verschiedenfarbigen Augen musterten die Umgebung, in welche er gerade appariert war. Es war Gellert Grindelwald. Und er kannte diesen Ort, diese Klippe. Denn hier war er schon oft gewesen. Zuletzt mit Albus. Damals im Sommer, als es hier an der Klippe noch nicht ganz so kalt war, wie jetzt. Irgendwie hatte es Gellert hierher gezogen. Er wusste selbst nicht so genau, warum. Doch er wusste, dass ihn dieser Ort an Albus erinnerte. Vielleicht sehnte er sich nach ihm. Ob Albus wohl auch an ihn dachte?
Gellert schüttelte schnell den Kopf. Er versuchte jeden Gedanken an Albus im Keim zu ersticken. Doch das Problem war, dass diese Versuche tatsächlich Versuche blieben. Denn er schaffte es nicht Albus aus seinem Kopf zu verbannen. Doch er musste es versuchen. Denn er befürchtete, dass Albus dachte, dass alles seine Schuld war. Die Eskalation, das Drei-Wege-Duell und der Unfall, bei dem Ariana- Weiter konnte Gellert nicht denken. Er wusste nicht, dass Ariana nicht tot war und glaubte, dass Albus ihn verantwortlich machte. Er glaubte, dass Albus dachte, dass der Fluch, der für Arianas Tod verantwortlich war, von ihm kam. Gellert würde diese Annahme nicht verneinen können, einfach, weil er es selbst nicht wusste. Der Fluch hätte genauso gut von Aberforth oder Albus selbst kommen können. Doch darauf konnte Gellert sich nicht verlassen.
Er schlang seinen Mantel enger um seinen Körper und begann an der Klippe entlang gegen den Wind zu spazieren, was sich schwierig gestaltete, doch der Wind half ihm, halbwegs klar zu denken, denn ein Teil seiner aktuellen Gedanken drohte in Chaos zu versinken und er musste versuchen, alles in Schach zu halten. Direkt nach Arianas Unfall war Gellert disappariert. Er hatte eine Weile gebraucht, um seine Gedanken zu sortieren und war zu dem Schluss gekommen, dass es wohl besser war, nicht nach Godric's Hollow zurückzukehren. Stattdessen hatte er sich allein auf die weitere Suche nach den Heiligtümern des Todes begeben. Er hatte sich in Nachforschungen, Bücher und Reisen gestürzt, um seine Gefühle, welche er im Gegensatz zu seinen Gedanken nicht sortiert hatte, auszublenden. Und bis jetzt hatte das relativ gut funktioniert. Denn Gellert hatte heute sehr großen Erfolg gehabt. Er hatte es geschafft, den Zauberstabmacher Gregorowitsch zu überlisten und ihm den Elderstab zu entwenden. Nun war er in seinem Besitz und funktionierte hervorragend unter seiner Führung. Somit hatte er eines der Heiligtümer des Todes an sich nehmen können. Nun galt es die anderen beiden ausfindig zu machen.
Doch jetzt, da Gellert den Elderstab besaß und an genau diese Klippe zurückgekehrt war, kreisten seine Gedanken zu Albus zurück und auch seine Gefühle konnte Gellert nun nicht länger unterdrücken. Denn er machte sich bloß etwas vor, wenn er versuchte sich einzureden, dass er schon über Albus hinwegkommen und ihn vergessen würde. Denn tief in sich wusste er, dass das niemals der Fall sein würde. Dafür war das, was er mit Albus gehabt hatte, viel zu intensiv gewesen. Jetzt kamen alle Gefühle hoch, die er in den letzten Wochen erfolgreich unterdrückt und ignoriert hatte. Er wusste nicht, wie ihm geschah. In seinem Inneren hatte sich so viel angestaut, das nun raus musste. Es waren Trauer, Liebe, Reue, Sorge und das Gefühl von Vermissen und nicht ganz zu sein. Und da war auch eine gewisse Wut in ihm. Wut auf sich selbst. Auf der einen Seite war er wütend darüber, dass er Albus so nah an sich herangelassen hatte, auf der anderen Seite jedoch bereute er es kein bisschen und war eher wütend, weil er den einzigen Menschen, den er an sich heran gelassen hatte, im Stich gelassen hatte. Er konnte sich vorstellen, was Albus wohl gerade seinetwegen durchmachen musste. Und diese Wut auf sich selbst steigerte sich enorm bei dem Gedanken, dass er selbst einfach abgehauen war. Und die Wut vermischte sich mit all den anderen Emotionen, sodass Gellert das Gefühl hatte, er müsse platzen. Gellert erzitterte, seine Zähne klapperten und in seinen Augen bildeten sich tatsächlich Tränen. All der Erfolg, den er jetzt hatte, brachte nichts, wenn es ihm damit nicht gut ging, wenn er die ganze Zeit an etwas anderes denken musste und wenn er ihn nicht mit Albus teilen konnte. Und dann brach es aus ihm heraus; er schrie. Er schrie auf das weite, dunkle, unruhige Meer hinaus, dem Wind entgegen, so laut er konnte, so lange er konnte. Seine Stimme hallte über die tosenden Wellen hinweg. Dann sank er auf die Knie und vergrub sein Gesicht in den Händen. Er atmete die frische Seeluft tief ein und aus, um sich zu beruhigen.
Dies war wohl nun das beste Beispiel dafür, dass Gefühle nicht verschwanden, wenn man sie ignorierte. Sie stauten sich bloß an und wurden immer mehr, bis sie irgendwann herausgelassen werden mussten. Gellert strich sich über das Gesicht und fuhr sich dann mit beiden Händen durch die Haare. Er legte den Kopf in den Nacken und blickte hinauf in den Sternenhimmel. Was, wenn er doch nach Godric's Hollow gehen würde? Würde Albus sich freuen ihn zu sehen? Oder vielleicht war er gar nicht mehr dort, da er es nicht aushielt an dem Ort zu sein, an welchem seine Schwester gestorben war. Immerhin hielt ihn eigentlich nichts mehr in dem Dorf. Vielleicht war Albus nun selbst auf Reisen. Und was, wenn er ihn nicht sehen wollte?
Gellert ließ den Kopf ein Stück sinken und sah auf das Meer hinaus. Er wickelte den Schal fester um seinen Hals und drückte seine kühle Nase in die Strickmaschen. Diesen Schal hatte Albus gestrickt und ihm geschenkt. Der Schal roch immer noch nach ihm. Und Gellert sehnte sich nach ihm. Nach der Wärme seines Körpers, nach seiner weichen Haut und diesem Gefühl, das Albus ihm gab. Diese Geborgenheit, die Nähe und dieses Vertrauen, wie er es nur bei ihm erfahren hatte. Albus fehlte ihm. Sogar sehr. Er wollte bei ihm sein und sich an ihn drücken. Gellert vermisste diese Blicke zwischen sich und ihm und die Art und Weise, wie immer eine gewisse Spannung in der Luft lag, wenn sie zusammen waren. Er vermisste Albus' Lachen und ihn zu necken. Er vermisste, dass Albus schnell rot unter seinem Blick oder nach einer anzüglichen Bemerkung wurde. Er musste es sich eingestehen. Es ging nicht anders. Er liebte Albus und konnte nicht mehr länger ohne ihn sein. Er musste ihn einfach sehen.
Doch erneut beschlich ihn das Gefühl des Zweifels. Er befürchtete, dass er der letzte Mensch auf Erden war, den Albus sehen wollte. Er, der ihn über viele Wochen hinweg im Stich gelassen hatte. Wenn es so war und Albus ihn wirklich nicht sehen wollte, dann konnte Gellert dies sogar verstehen. Aber es gab auch Hoffnung. Hoffnung, dass er falsch lag und es für die beiden Zauberer doch noch eine Chance gab, zusammen zu sein. Und Gellert musste herausfinden, ob diese Chance existierte. Er musste nach Godric's Hollow zurückkehren. Selbst wenn Albus nicht da wäre, hätte er dort einen ersten Anhaltspunkt, um ihn ausfindig machen zu können.
Gellert erhob sich. Sein Blick war nun entschlossener. Er hätte es selbst nie für möglich gehalten, dass er irgendwann alle seine Pläne der Liebe wegen aufgeben würde. Niemals hätte er gedacht, dass ihm jemand so viel bedeuten könnte. Doch seine Gefühle waren eindeutig. Alles in ihm sehnte sich nach Albus Dumbledore.
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Hallöchen, ihr Lieben!
Falls heute auch nicht so ganz euer Tag ist, hoffe ich, dass euch der zweite Teil des Epilogs ein bisschen den Tag verschönern konnte und euch gefallen hat. :)
Wie immer würde ich mich sehr über einen kleinen Kommentar freuen. :)
Habt einen schönen Tag! <3
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Erised (Grindeldore FF)
FanfictionAls er gezwungen war seinen Traum von einer großen Weltreise für seine Familie aufzugeben und nach Godric's Hollow zurückzukehren, hatte Albus Dumbledore nicht die geringste Ahnung gehabt, dass dieser Sommer sein Leben verändern würde. Albus trifft...