Am nächsten Tag erwachte Albus erst um die Mittagszeit - kein Wunder. Immerhin war er erst mitten in der Nacht wieder zurück nach Hause gekommen. Er grummelte bei dem Versuch die Augen zu öffnen, da er direkt von dem hellen Licht in seinem Zimmer geblendet wurde. Albus zog die Bettdecke über seinen Kopf und drehte sich auf die andere Seite. Er wollte noch nicht aufstehen. Er wollte noch nicht wach sein. Er hatte gerade eben noch wundervoll geträumt. Und nun war er einfach aufgewacht. Albus versuchte weiter zu schlafen und weiter zu träumen, doch natürlich funktionierte es nicht. Er seufzte. So bedauerlich das alles auch war, es hatte keinen Zweck, sich im Bett zu verkriechen. Er sollte aufstehen.
Albus schlug die Bettdecke zur Seite und rieb sich über das Gesicht. Bevor er die Augen öffnete, dachte er jedoch an den gestrigen Abend zurück und lächelte. Es war ein wunderbarer Abend gewesen. Und er konnte immer noch nicht glauben, dass er Gellert geküsst hatte. Und dass Gellert ihn geküsst hatte. Es erschien ihm schon fast surreal, wie in einem Traum. Doch es war die Realität. Und real war außerdem, dass sie sich schon bald sehen würden. Sie waren in etwa anderthalb Stunden verabredet. Albus freute sich wie ein kleines Kind.
Er und Gellert waren gestern noch gemeinsam vom Wald aus nach Hause gelaufen, als es aufgehört hatte zu regnen. Die Nachtluft war kühl und frisch gewesen, aber hatte wunderbar nach Regen gerochen. Gellert hatte seinen Arm um Albus' Schultern gelegt und ihn bis vor seine Haustür gebracht. Dort hatten die beiden sich dann voneinander verabschiedet und bevor Gellert gegangen war, hatte er Albus noch einen Kuss auf die Wange gegeben.
Bei dem Gedanken wurde Albus' Lächeln breiter und er seufzte glücklich. Er hob die Hand und berührte damit die Stelle auf seiner Wange, an der er vor einigen Stunden noch Gellerts Lippen gespürt hatte. Dann bewegten sich seine Finger weiter zu seinem Mund und er fuhr sich damit über die Unterlippe. Sofort tauchten in seinem Kopf Bilder von gestern Abend auf und ein Kribbeln breitete sich in seinem Körper aus. Es hatte sich so gut angefühlt. So pur, rein und richtig. Und Albus verspürte ein Verlangen nach mehr. Mehr von dem, was er gestern Abend bekommen hatte. Er konnte das Treffen mit Gellert kaum abwarten.
Doch nun musste er erst einmal aufstehen, sich frisch machen und sich für den Fall der Fälle eine gute Ausrede für Aberforth einfallen lassen. Albus richtete sich auf, öffnete die Augen und schwang die Beine aus dem Bett. Er streckte sich, reckte die Arme in die Luft und gähnte. Dann stand er auf und wollte gerade sein Zimmer verlassen, als ihm der kleine aus Pergament gefaltene Vogel auf seinem Schreibtisch ins Auge fiel. Eine Beschwerde von Aberforth, dass er den ganzen Vormittag geschlafen hatte?
Albus verdrehte die Augen und entfaltete den Vogel. Doch es war keine Beschwerde. Der Inhalt war ein simpler Satz, der Albus lächeln ließ.
Träum schön. -G
Wie süß von ihm, dachte sich Albus. Das hatte er ihm wohl letzte Nacht noch geschickt. Doch Albus war durch seinen erhöhten Alkoholpegel direkt in sein Bett gegangen und eingeschlafen. Doch allein die Tatsache, dass Gellert sich noch einmal bei ihm gemeldet und eine solch herzliche Nachricht geschrieben hatte, zeigte Albus, dass alles richtig war. Das zwischen ihm und Gellert war richtig.
Als Albus einige Zeit später alle Backzutaten zusammen suchte und in eine Tasche packte, betrat Aberforth die Küche. Die beiden Brüder waren schon am Mittag, als Albus gefrühstückt hatte kurz aneinander geraten, da Albus gestern den ganzen Tag weg gewesen war.
"Was hast du denn vor?", fragte Aberforth.
"Ich bin gleich weg", antwortete Albus knapp.
Aberforth verdrehte die Augen und seufzte genervt. "Schon wieder?"
"Ich bin verabredet", fügte er hinzu.
"Mit diesem Grindelwald schon wieder, stimmt's?", fragte Aberforth, obwohl er die Antwort schon wusste.
"Hast du damit ein Problem?", fragte Albus zurück und drehte sich zu seinem jüngeren Bruder um.
"Wenn du es genau wissen willst ja!", antwortete Aberforth gereizt.
Albus verschränkte die Arme vor der Brust. Er verengte die Augen und sah Aberforth einfach nur an.
"Seit du dich mit diesem besserwisserischen, schwarzgekleideten Möchtegern-Schönling abgibst, bist du immer unterwegs! Nie bist du zu Hause. Du kümmerst dich weder um Ariana, noch um den Haushalt. Alles bleibt an mir hängen!", fuhr Aberforth ihn an. "Und wenn ich könnte, würde ich dir den Umgang mit diesem Kerl verbieten. Grindelwald ist mir nicht geheuer. Ihr seid doch gar nicht richtig befreundet!"
Albus verlor die Fassung und schlug mit beiden Händen doll auf die Arbeitsfläche hinter sich. "Du kannst dir gar nicht vorstellen wie gut wir befreundet sind!", rief er aus. "Und außerdem", fuhr er fort. "Du weißt doch gar nicht, wie Freundschaft funktioniert. Alles, was du hast, sind deine Ziegen!"
Aberforth sah Albus an und in seinen Augen konnte Albus erkennen, dass er ihn mit seinen letzten Worten anscheinend verletzt hatte. Aberforth schwieg.
Albus rollte kurz mit den Augen und seufzte dann. "Tut mir Leid, es war nicht so gemeint. Ich... bin bloß sauer, dass du nicht akzeptierst, wie viel mir die Freundschaft mit Gellert bedeutet."
Nun war es Aberforth, der die Arme vor der Brust verschränkte. Er sah seinen älteren Bruder nun ein wenig besorgt an. "Ich werd einfach das Gefühl nicht los, dass er dir nicht gut tut. Allein schon, weil du seinetwegen immer weg bist. Was ist mit Ariana?"
"Mit wem ich mich abgebe, entscheide ich immer noch selbst. Ich bin alt genug und kann auf mich alleine aufpassen", erklärte Albus. "Und was Ariana angeht... Ich werde morgen den ganzen Tag zu Hause bleiben, versprochen. Ich kümmere mich um sie und ich werde kochen und das ganze Haus putzen und aufräumen. Und übermorgen werde ich für uns einkaufen gehen, in Ordnung?", schlug er dann seinem Bruder vor.
Aberforth musterte Albus. Dann nickte er langsam. "Versprichst du es?"
"Ich verspreche es", sagte Albus und lächelte vorsichtig.
"Gut", sagte Aberforth und lächelte für eine Sekunde zurück. Dann verließ er die Küche.
Albus strich sich mit der Hand die Haare aus dem Gesicht. Es war zur Zeit alles andere als einfach. Und er war froh, dass er den Rest des Tages bei Gellert verbringen würde. Denn mit ihm fühlte er sich wohl. Er schaffte es immer wieder ihm ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern oder ihn zum lachen zu bringen. Und genau das mochte Albus so sehr an Gellert.
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Erised (Grindeldore FF)
FanfictionAls er gezwungen war seinen Traum von einer großen Weltreise für seine Familie aufzugeben und nach Godric's Hollow zurückzukehren, hatte Albus Dumbledore nicht die geringste Ahnung gehabt, dass dieser Sommer sein Leben verändern würde. Albus trifft...