An diesem Abend lag Albus wach in seinem Bett. Er lag auf der Seite und lehnte den Kopf auf die Hand seines aufgestützten Ellbogens. Das schwummerige, flackernde Licht einer Kerze erleuchtete sein Zimmer. Neben ihm im Bett lagen vier Bücher, von denen eines aufgeschlagen war. Doch mal wieder hatte er sich nicht konzentrieren können. Statt zu lesen starrte er nämlich Löcher in die Luft und ließ gedankenverloren mit seinem Zauberstab ein paar Schneeflocken rieseln.
Gedanklich war er ganz woanders. Nämlich bei Gellert Grindelwald. Er wusste nicht, wieso, aber seit er den jungen Zauberer gesehen hatte, wollte er ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen. Albus hatte gespürt, dass Gellert etwas besonderes war. Als er ihn zum ersten Mal angesehen hatte, hatte er eindeutig eine starke Macht gespürt. Eine Macht, die von ihm ausging, was darauf hindeutete, dass er ebenso wie Albus selbst, ein sehr begabter, mächtiger, intelligenter und talentierter Zauberer war. Albus hatte gespürt, dass Gellert großes Potenzial in sich hatte. Potenzial, mit dem er Großes tun, etwas bewegen konnte. Und Albus wusste, dass Gellert genau die gleiche Macht wahrgenommen hatte, als er ihn gesehen hatte. Denn es hatte unverkennbar Interesse in seinem Blick gelegen, jedes Mal, wenn er Albus angesehen hatte. Anscheinend war Gellert bisher auf keinen anderen Zauberer gestoßen, den er als ebenbürtig ansehen konnte.
Doch da war auch noch etwas anderes gewesen. Etwas, das Albus gespürt hatte, als er und Gellert sich in die Augen gesehen hatten. Auch wenn es nur ein kurzer Blick gewesen war, war er sehr intensiv gewesen. Albus hatte versucht in Gellerts Augen zu lesen, herauszufinden wer er war, doch er hatte es nicht geschafft. Normalerweise wagte Albus von sich zu behaupten, eine gute Menschenkenntnis zu haben. Er konnte Menschen schnell einschätzen. Doch Gellert war ihm suspekt. Allerdings ganz und gar nicht im negativen Sinne. Er fand ihn interessant. Allein schon, dass die Farbe seiner beiden Augen so unterschiedlich war, faszinierte Albus. Er wollte wissen, wer Gellert war. Wie er war, wofür er stand, was er erreicht hatte und noch erreichen wollte in seinem Leben.
Dies ließ ihn auch darüber nachdenken, was er selbst in seinem Leben erreichen wollte. Er wollte Freiheit und Gerechtigkeit. Wissen erlangen und die Welt zu seinen Füßen sehen. Und er wollte alte Geschichten und Legenden erforschen. Vor allem die Legende über die drei Brüder. Und der kleine Verdacht, dass Gellert etwas über eben diese Legende wissen konnte, ließ ihn nicht los. Das würde Albus ihn morgen fragen. Definitiv.
Albus war sich sicher, dass Gellert ihm mehr dazu erzählen konnte. Und er erinnerte sich an den Nachmittag bei Bathilda Bagshot zurück, als Gellert ihn gefragt hatte, ob er auch an dunkler Magie interessiert sei. Um ehrlich zu, hatte Albus die dunkle Magie schon immer faszinierend gefunden. Sie reizte ihn. Doch bisher hatte er immer gut widerstehen und darauf verzichten können. Doch was würde falsch daran sein, sich etwas intensiver mit den dunklen Künsten auseinander zu setzen? Mit jemandem, der sich in der Materie scheinbar schon ein wenig auskannte. Denn Albus konnte sich nicht vorstellen, dass die Legende um das Märchen von den drei Brüdern komplett von schwarzer Magie verschont geblieben war. Immerhin ging es um den Tod höchstpersönlich und Möglichkeiten ihn zu bezwingen, zu entkommen oder für gewisse Zeit hinauszuzögern. Und das hatte gewiss nichts mit reiner, legaler Magie zu tun. Aber dazu würde er morgen wohl mehr herausfinden.
Albus nahm einen tiefen Atemzug, schloss das Buch und bemerkte dann endlich, dass es schneite. Mit einem Wink seines Zauberstabs stoppte er die kleinen weißen Flocken, die bis dato noch aus dessen Spitze gerieselt waren. Es war so langsam an der Zeit schlafen zu gehen.
Also legte Albus die Bücher auf seinen Nachttisch und seinen Zauberstab daneben. Dann löschte er die Kerze und es war dunkel in seinem Zimmer. Albus drehte sich auf die andere Seite und zog die Decke bis zum Hals. Er schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Doch alles woran er denken konnte, war der Nachmittag bei Bathilda Bagshot und Gellert Grindelwald, den er schon am morgigen Tage wiedersehen würde. Er malte sich Szenarien und Gespräche mit dem jungen Mann aus. Albus war aufgeregt. Und er freute sich. Er konnte es kaum erwarten mit Gellert durch Godric's Hollow zu gehen. Ihm das Feld, den Fluss und den Wald zu zeigen. Mit ihm zu reden und ihm sämtliche Fragen zu stellen. Da war eine magische Bindung zwischen den beiden; das spürte Albus ganz genau.
Und erneut kamen ihm Gellerts Augen in den Sinn. Das helle und das dunkle. So interessant und so faszinierend. Und mit diesen Gedanken fiel Albus in einen ruhigen, traumlosen Schlaf.
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Erised (Grindeldore FF)
FanfictionAls er gezwungen war seinen Traum von einer großen Weltreise für seine Familie aufzugeben und nach Godric's Hollow zurückzukehren, hatte Albus Dumbledore nicht die geringste Ahnung gehabt, dass dieser Sommer sein Leben verändern würde. Albus trifft...