Wolkenbilder

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Albus und Gellert hatten noch eine ganze Weile an der Trauerweide neben dem Fluss verbracht, bevor sie sich dann ins Feld in die warme Mittagssonne gelegt hatten. Dort lagen sie nun nebeneinander und sahen zum Himmel, an welchem die Wolken vorüber zogen. Sie hatten sich erneut über ihre Schulzeit unterhalten und darüber, dass nun alles anders sein würde. Nach der Schule gab es keine Verpflichtungen mehr. Die Zauberer waren frei und konnten tun und lassen, was sie wollten. Natürlich wurde von ihnen erwartet, dass sie nach der Schule einen vernünftigen Beruf erlernten; irgendwie mussten sie schließlich auch an Geld gelangen. Aber ein paar Zauberer zogen es vor, sich zunächst um sich selbst zu kümmern und beispielsweise eine Weltreise anzutreten. Einer von diesen Zauberern war Albus.

"Weißt du, eigentlich wollte ich diesen Sommer gar nicht hier sein", erzählte Albus gerade, ohne den Blick von den Wolken abzuwenden.

"Nicht?", fragte Gellert und sah ebenfalls weiterhin in den Himmel.

"Nein", sagte Albus bloß.

"Wo denn?", fragte Gellert.

"Ich hatte Pläne gehabt. Ich... wollte eigentlich die Welt bereisen. Ich war bereit und gut vorbereitet; jegliche Vorkehrungen waren schon längst getroffen", erklärte Albus ihm.

"Nicht schlecht", kommentierte Gellert. "Wo wolltest du überall hin reisen?"

"Konkret geplant waren einige europäische Länder und Nordamerika", antwortete Albus. "Aber ich hätte meine Reise sicherlich noch auf Südamerika und Asien erweitert. Und vermutlich noch auf den ganzen Rest. Diese ganze Welt ist so interessant und faszinierend."

"Das ist wahr", pflichtete Gellert ihm bei. "Ich würde auch gerne die Welt sehen. Und du hattest sogar schon konkrete Pläne."

"Ja, das hatte ich. Doch dann kam die Eule mit diesem Brief. Die Nachricht, dass meine Mum gestorben war, hatte alles verändert", fuhr Albus fort. "Ich war gezwungen nach Godric's Hollow zurückzukehren. Immerhin konnte ich meine minderjährigen Geschwister nicht alleine lassen. Wir haben Mum beerdigt und... nun bin ich hier. Ich wäre mittlerweile irgendwo in Irland oder sogar schon in Frankreich gewesen."

"Es ist schade, dass du deine Pläne nicht verwirklichen konntest", sagte Gellert.

Albus biss sich auf die Unterlippe und dachte daran, dass er Gellert wahrscheinlich nie kennengelernt hätte, wenn er nicht nach Hause zurückgekehrt wäre. Und irgendwie fand er es so gesehen nur noch halb so schlimm, dass er jetzt nicht auf großer Weltreise war. "Ja, sehr schade", stimmte er nun aber zu.

"Ohne dir zu nahe treten zu wollen...", begann Gellert dann vorsichtig und sah Albus von der Seite her an. "Aber... wie ist deine Mutter eigentlich gestorben?"

Albus presste die Lippen aufeinander und starrte fest eine Wolke an.

"Du musst es mir nicht erzählen, ich war nur neugierig", fügte Gellert schnell hinzu.

Albus schwieg eine Weile und dachte darüber nach, ob er Gellert die ganze Geschichte erzählen sollte oder nicht. Er vertraute Gellert. Allerdings wollte er zunächst noch etwas mehr Zeit mit ihm verbringen und die Freundschaft bestärken, bevor er ihn mit so etwas belastete. "Es war ein Unfall", sagte er also schließlich. "Mit... Zauberei. Ein Experiment ging anscheinend schief, oder sowas in der Art."

"Das tut mir wirklich Leid, Albus", sagte Gellert und er merkte, dass Albus ihm nicht die ganze Wahrheit sagte. Aber er merkte außerdem, dass er noch nicht bereit war darüber zu sprechen. Also beschloss er das Thema zu wechseln. "Aber weißt du was?" Er drehte sich vom Rücken auf den Bauch und sah nun halb grinsend auf Albus herab.

"Was denn?", fragte dieser und blickte fragend in Gellerts funkelnde, verschieden farbige Augen.

"Wenn du jetzt in Irland oder Frankreich wärst, hätten wir uns nicht getroffen." Gellert zwinkerte und sein Grinsen wurde breiter, als er sah, dass sich ein leichter Hauch von rosa auf Albus' Wangen schlich.

"Stimmt. Also hat es wohl doch etwas gutes, dass ich hier bin", sagte er dezent verlegen und zwinkerte zurück, um zu verbergen, dass Gellert ihn mit dieser Aussage nervös gemacht hatte.

"Und wie", sagte Gellert immer noch grinsend, ließ seinen Blick kurz von Albus' Augen über den Rest seines Gesichts und seines Körpers wandern, sah dann wieder kurz in dessen Augen und legte sich schließlich wieder auf den Rücken, um erneut die Wolken zu beobachten. "Sieh mal. Die da sieht aus, wie einer von deinen Kesselkuchen." Gellert zeigte amüsiert nach oben.

"Stimmt, wie ein Kesselkuchen", sagte Albus abwesend. Doch er sah nicht in den Himmel, er sah sich die Kesselkuchenwolke nicht an.

Er sah zu Gellert herüber. Er musterte ihn von Kopf bis Fuß und wieder zurück. Was tat dieser junge Mann mit ihm? Er war so geduldig mit ihm und so verständnisvoll. Albus hatte sich noch nie so verstanden gefühlt. Und dann die Art, wie Gellert mit ihm redete. Manchmal schien es so, als würde er mit ihm flirten. Oder bildete Albus sich das bloß ein? Doch es schien fast so, als hätte Gellert mehr als freundschaftliches Interesse an ihm. Es lag in seinem Blick und wie seine schönen verschieden farbigen Augen ihn immer betrachteten. Von oben bis unten. Und wenn sein Blick dann an Albus' Augen haften blieb, war da so viel, was Albus spürte.

Und nun betrachtete er den jungen Zauberer neben sich. Ganz friedlich lag er da, links neben Albus. Seine Brust hob und senkte sich ruhig und gleichmäßig unter seinem schwarzen, anzugähnlichen Oberteil. Seine Hände lagen entspannt auf seinem Bauch. Seine goldblonden Locken lagen neben seinem Kopf zwischen den Halmen des Feldes verteilt. Seine schmalen Lippen lagen regungslos aufeinander. Seine Wangenknochen stachen dezent aus seinem Gesicht hervor. Albus stellte fest, dass Gellert ziemlich attraktiv war und er begann leicht zu lächeln. Doch dann realisierte er, was er da gerade getan und gedacht hatte und sein Lächeln verflog. Konnte es sein, dass er sich ein wenig in Gellert Grindelwald verguckt hatte? Vielleicht. Doch Albus beschloss dies nicht weiter zu hinterfragen; jedenfalls jetzt nicht. Jetzt wollte er einfach nur den Moment genießen. Denn jetzt gerade war er irgendwie glücklich.

Er folgte mit seinen blauen Augen nun Gellerts Blick, der immer noch an den Wolken hing. Und nun entdeckte auch er die Wolke, die wie einer seiner Kesselkuchen aussah. Albus schmunzelte. Er atmete tief ein und aus und verlor seine Gedanken in den Wolken.

Erised (Grindeldore FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt