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Seit Tagen lief mir Newt nicht mehr über den Weg. Er lag mit Überwachung in der Sani-Hütte, bekam das Essen von Alby gebracht. Mich lies man nicht zu ihm und das machte mich krank. Ich wollte wissen, warum er das getan hatte und gleichzeitig bekam ich Angst, wie er auf mich reagierte. Ob er mich anschrie oder ob er weinte. Ob Newt einfach nur regungslos da lag und Löcher in die Luft starrte. Alles war möglich.
Beim Abendessen stocherte ich nur in meiner Schale herum und redete kaum mit den Jungs. Nicht Mal Zart oder Pfanne konnten mich noch aufmuntern. Nur Minho saß noch neben mir und verstand mein Schweigen. Er hakte nicht nach, da Minho genau wusste, was los war. Das erste Mal lies er seine sarkastischen Sprüche bleiben, machte keine blöden Witze, sondern hielt einfach nur den Mund. Die Stimmung auf der ganzen Lichtung wirkte angeschlagen, was Newt getan hatte, verbreitete sich natürlich wie ein Lauffeuer. Alby verbreitete es allerdings als einen ›Unfall‹, um keine Panik auszulösen, womit sich die meisten auch zufrieden gaben. Ich tat es nicht.
»Hat er vorher noch irgendwas zu dir gesagt?«, sagte ich zu Minho, nachdem wir mit dem Essen fertig waren und über die Lichtung schlenderten. Bestimmt stellte ich diese Frage schon hundert Mal. Und erneut verdrehte der Läufer die Augen.
»Nein, gar nichts. Ich habe nur noch gehört, wie er zu der Käferklinge meinte ›Das hier geht auf eure Kosten‹. Danach bin ich so schnell wie möglich zu diesem Strunk gerannt.«
Käferklingen.
Ich lies meinen Blick über die Lichtung schweifen. Hin und wieder sah ich einen von diesen metallischen Biestern übers Gras laufen. Man könnte sie als metallische Nagetiere betrachten. Allerdings dienten diese kleinen Monster nur dazu, alles zu beobachten, was wir taten. Und demnach kamen wir auch auf den Punkt, dass hier wirklich alles manuell gesteuert wurde. Dass hier irgendjemand seinen Blick auf uns richtete und uns wie Labormäuse in einem Labyrinth gefangen hielten. Und wir mussten unseren Käse für die Freiheit suchen. Ekelhafter ging es nicht und bei dem Gedanken wurde mir wieder schlecht.
»Ich verstehe einfach nicht, wieso«, stieß ich wütend aus und trat einen kleinen Stein aus dem Weg. Wie konnte ich nicht bemerkt haben, dass es Newt so schlecht ging? Was war ich für eine Freundin, dass ich das nicht hatte kommen sehen?
›Du bedeutest mir sehr viel, Kat.‹ Dieser Satz brannte sich in mein Gedächtnis ein und ich wollte nur noch mehr mit ihm reden. Was sollte das? Gestresst fuhr ich mir durch die Haare und ging mit Minho weiter.
»Er hatte wohl keinen Bock mehr, dass wir nur noch im Kreis laufen«, murmelte Minho dann. Der Läufer mied den Blick zu mir. Keine Lust mehr. Keiner von uns hatte Lust, hier drinnen zu sein.
»Ich glaub es auch«, bluffte ich sarkastisch und ballte die Hände zu Fäusten. So viele Gefühle vermischten sich in meiner Seele. Trauer, dass ich es nicht hatte kommen sehen. Wut, dass Newt es überhaupt versuchte. Verzweiflung über die gesamte, verklonkte Situation hier.
»Kat«, hörte ich plötzlich Albys Stimme, der uns hinter her gelaufen kam. Abrupt blieb ich stehen und machte auf dem Absatz kehrt. Gespannt hing ich dem Anführer an den Lippen. Was könnte er von mir wollen? Vielleicht bekam ich endlich Neuigkeiten über Newt und ich schickte Stoßgebete in den Himmel, dass es gute waren.
»Was gibt's, Alby?« Auch Minho blieb neben mir stehen. Alby war ein wenig außer Atem und stemmte seine Hände in die Hüften.
»Wegen Newt. Er wird erst Mal nicht mehr als Läufer arbeiten. Ich werde ihn zu euch in die Gärten schicken. Zart habe ich schon Bescheid gesagt, nur dass du dich Morgen nicht wunderst, okay? Ich habe nur noch eine Bitte.« Abwartend sah ich ihn an und fragte mich, worauf Alby hinaus wollte.
»Sprecht ihn nicht... auf diese Sache an. Wir wollen das so schnell wie möglich hinter uns bringen und nicht unnötig aufbauschen. Er kann nicht länger nichts tun und muss in den Alltag zurück. Ihr sollt ihm bei der Arbeit dabei helfen. Verstanden?« Ungläubig sah ich ihn an. Natürlich wollte ich Newt darauf ansprechen, aber genau in diesem Moment nagten wieder Zweifel an mir, ob ich das wirklich tun sollte. Was, wenn ich etwas falsches zu ihm sagte und ihn nur noch mehr in die Tiefe stürzte? Also nickte ich erst Mal.
»Geht klar.«
Auch Alby nickte.
»Tut einfach so, als wäre nichts passiert. Der Alltag muss weitergehen.« Mir gefiel nicht, wie mit der Situation umgegangen wurde, aber was sollten wir hier auch tun? Ich konnte nur für Newt da sein und ihm eine Schulter zum Anlehnen bieten. Falls er das denn wollte, denn am nächsten Morgen zeigte Newts Gesichtsausdruck alles andere, nur keine Begeisterung. Seine Stirn lag in Falten, die Augenbrauen zog er missmutig zusammen. Sogar die Mundwinkel zogen sich nach unten. Was mir aber am Meisten auffiel: Newt humpelte. Ein Überbleibsel dessen, was er versucht hatte und das blieb uns wohl noch ein Leben lang erhalten. Ich versuchte, nicht all zu arg darauf zu achten und sah stattdessen in sein schlecht gelauntes Gesicht.
»Guten Morgen«, begrüßte ich den Ex-Läufer und trat dabei in das erste große Fettnäpfchen. Was sollte an diesem Morgen auch schon gut sein? Newt murmelte nur ein »Morgen« und sah mich mit einem kurzen Blick an, der mir einen Schauder verpasste. So schlecht gelaunt hatte er mich noch nie angesehen und plötzlich fühlte ich mich noch viel mieser. Daraufhin sagte ich nichts mehr zu ihm und konzentrierte mich wieder auf die Arbeit. Wie einfach stellte sich Alby das hier vor, dass alles normal weiterlaufen sollte? Zart gab Newt ein paar Aufgaben, die er den Tag über erledigen sollte. Newt brauchte eine Beschäftigung, damit er nicht seinen dunklen Gedanken nachhängen konnte. Eigentlich wollte ich mit ihm reden, ihn ablenken. Aber alle Gedanken, die mir dafür in den Sinn kamen, fühlten sich falsch und wenig hilfreich an. Ich konnte mit ihm einfach nicht über das schöne Wetter reden oder was man die letzten Tage tolles erlebt hatte. Es fühlte sich falsch an, sich in seiner Nähe sorglos zu fühlen.
Ich beschloss, mich darauf erst einmal nicht zu fokussieren. Newt sollte seine Arbeit erledigen und ich meine. Wir fanden schon eine Lösung, da war ich mir sicher. Es musste nur etwas Gras über die Sache wachsen, oder? Es war trotzdem komisch, neben Newt in der Erde herum zu graben und nicht ein Wort mit ihm zu wechseln. So vergingen Stunden und sogar Tage. Newts Laune wurde nicht wirklich besser. Zwar sah er einen nicht mehr so wütend an, aber seine Ausstrahlung verwandelte sich nun mehr in Desinteresse, was nicht unbedingt besser war. Er empfand kein Interesse daran, sich mit uns zu unterhalten oder mir überhaupt von seinen wahren Gefühlen zu erzählen. Newt machte nur noch stumpf seine Arbeit und selbst beim Frühstück und Abendessen war er mehr für sich allein. Die Blicke der anderen tauchten hin und wieder auf, aber meistens sahen diese Jungen schnell weg, wenn Newt es bemerkte. Mir schmerzte das Herz unfassbar, ihn so zu sehen. Manchmal versuchte ich, ein Gespräch mit ihm zu beginnen. Nicht mal etwas ernstes. Eher was lockeres, Smalltalk und so weiter. Doch immer, wenn ich mit ihm darüber sprach, fühlte es sich noch viel verkehrter an. Seine Stimme mir gegenüber war so kalt, dass ich mich unwohl fühlte, mit ihm zu sprechen. Und das obwohl ich immer noch in diesen Jungen verliebt war und alles dafür tun wollte, dass es ihm wieder besser ging. Nur wie kam man an so jemanden ran?
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Their Darkest Times | Newt x OC
FanfictionDie Experimente von WICKED haben gerade erst begonnen und Kat hat es in ihrem Fall ganz besonders schwer, denn sie findet sich als einziges Mädchen in einem Haufen pubertierender Jungs wieder. Gefangen zwischen Mauern und Stein, in einem ausgeklügel...