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2015...

Warum zum Teufel hatte ich den Auftrag für eine Münchener Journalustin nochmal angenommen? Richtig... mein Schwager... er hatte bei Kollegen immer wieder mal erzählt, das die Schwester seiner Frau inzwischen drei Architekturbüros hatte... und so hatte mich ein Kollege von ihm empfohlen. Natürlich waren Empfehlungen immer von Vorteil... aber auch, wenn ich jetzt seit drei Jahren wieder vermehrt in Deutschland war, mein Hauptkundenklientel  lag doch weiterhin in Frankreich und Belgien, als in Good old Germany. Ich wusste nicht, woher meine Abneigung gegen Deutschland kam, obwohl ich hier aufgewachsen war. Vielleicht lag es auch an der Hektik der Großstadt. In Mittelfranken, wo nach wie vor meine Schwester, ihrem Mann mit inzwischen 2 Kindern und meine Eltern weiterhin lebten, war es noch beschaulich und ruhig. Zum Urlaub machen absolut ideal und idyllisch. Aber in München? Auch wenn die Stadt architektonisch viel zu bieten hatte, ich die alten Bauten über alles liebte... die Vorstellung hier zu wohnen, das war nahezu unmöglich, jedenfalls in meiner Vorstellung. Dennoch war ich professionell genug, um meinen Kunden ihre Wünsche auch hier zu erfüllen. Ich hatte bereits aus Frankreich Kontakt mit meiner neuen potentiellen Kundin aufgenommen. Einige Male telefonierten wir und standen auch per Mail in Kontakt, in denen sie ihre Wünsche und Vorstellungen äußerte. Es war nichts außergewöhnliches oder abgehobenes dabei, was die Arbeit deutlich vereinfachte. Drei Objekte hatte ihr Makler mir vorab zukommen lassen, inkl. ihrer Umbauwünsche. Alles war umsetzbar und stellte mich jetzt nicht großartig an eine Herausforderung. Normalerweise hätte ich sie an einen deutschen Studienkollegen vermittelt, aber ich wollte den besten Freund meines Schwagers nicht enttäuschen, der mir ja diesen Kontakt vermittelt hatte... zudem wahr ich eh in Caldolzburg für zwei Wochen, um im Hause meiner Eltern nach dem Rechten zu sehen und ihre beiden Hunde zu versorgen, während sie in den USA waren. Natürlich hätte auch meine Schwester die Doggies nehmen können, allerdings hatte sie nochmal unverhofften Nachwuchs bekommen, nachdem es all die Jahre nie geklappt hatte. Theresa war gerade 2 Monate alt... so wollte ich ihr nicht noch mehr Stress zumuten, nachdem ihre Schwangerschaft schon so voller Komplikationen war.

Nun fand ich mich auf der A 9 wieder auf dem Weg nach München... mitten im Berufsverkehr und schon lagen meine Nerven blank. In Frankreich war ich das nicht mehr gewöhnt... selbst in den überfüllten Großstädten ging es schneller wie hier... und es hieß für mich, das ich zu spät kommen würde... obwohl ich früh genug losgefahren war.
Mit gut 25 Minuten Verspätung erreichte ich das erste mögliche Objekt, vordem bereits 2 Personen warteten.
„Pardon, je suis desolée... le circulation...", der Herr sah mich indes fragend an und ich merkte nun meinen Fauxpas, das ich wie automatisch Französisch gesprochen hatte und wechselte sofort in meine Muttersprache. „Entschuldigen Sie meine Verspätung. Ich habe nicht mit so einem hohen Verkehrsaufkommen gerechnet." „Frau McKinley nehme ich an?" „Ja genau Herr Voigt, Frau Verreet... , schön das der Termin heute so kurzfristig geklappt hat und ich freue mich Sie endlich persönlich kennen zu lernen." „Je suis également heureux.", antwortete mir Frau Verreet im perfekten Französisch und lächelte mich an. Das Eis war gebrochen.
Binnen zwei Stunden hatte ich mit Herrn Voigt und Frau Verreet die drei möglichen Immobilien besichtigt, und beim letzten Objekt war auch die Wahl getroffen. Die alte Stadtvilla sollte es sein, und planungsmässig war dieses Objekt auch das aufwendigste, allerdings auch das schönste Objekt.
Wir verabschiedeten uns von Herrn Voigt, der zeitnah sowohl mir, als auch meiner Kundin alle erforderlichen Unterlagen zukommen lassen wollte, als sie mich noch zu einem Kaffee in einem nahegelegenden Café einlud, um noch weitere Details zu besprechen.
Frau Verreet und ich verstanden uns auf Anhieb, sodass wir schnell beim „Du" landeten. Ihre Vorstellungen waren konkret, einfach umzusetzen und sie war kompromissbereit, bis auf eine Ausnahme... die Dachfenster! Diese sollten durch wesentlich größere Ersetzt werden, da ihr Mann diesen Raum in Zukunft als Atelier nutzen sollte. Meines Erachtens ging zwar dadurch der Charme des Hauses etwas verloren, aber der Kunde war bekanntlich König. Zudem sollte der Antrag beim zuständigen Bauamt auch keine großen Probleme darstellen. Kurzum, der Termin war ein voller Erfolg und meine Kundin bisher vollstes Zufrieden, das ich mit einem mehr als guten Gefühl wieder Richtung Cadolzburg fuhr.

Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt