29.

206 10 0
                                    

Die Tage in London waren zunächst nicht anders wie auch daheim oder wenn ich in Deutschland war. Arbeiten konnte ich fast überall, Valerié nahm meine Aussentermine war, und schickte mir die erforderlichen Unterlagen zur Planing und Umsetzung per mail. Viel zu Gesicht, bekam ich Patrick nicht, nur Morgens kurz zum Frühstück, und mal abends, eher gesagt nachts, wenn ich nicht schon schlief. Aber es war in Ordnung. Zu wissen, er lag nachts einfach nur neben mir, oder zog mich im Schlaf einfach nur zu sich in die Arme, das reichte mir komischerweise völlig aus. Die Studioarbeiten dauerten doch dann etwas länger als ursprünglich geplant, und Patrick war sein schlechtes Gewissen mir gegenüber, das er so gut wie keine Zeit hatte, ins Gesicht geschrieben. Zudem war er ziemlich angespannt, da Joelle ihn ordentlich unter Druck setzte, wie er mir kurz erzählte, aber ich wusste, um so mehr Druck sie aufbaute, umso mehr würde Patrick sich zurückziehen. Eigentlich hätte sie es meines Erachtens besser wissen müssen, solange wie sie sich kannten und zusammen waren... ich hingegen kannte Patrick eigentlich nur einen Bruchteil von alledem, dennoch zu gut, um das zu wissen.
Natürlich nutze ich die Zeit in London nicht ausschließlich nur zum Arbeiten, sondern nutzte die Gelegenheit mir auch ein Paar Sehenswürdigkeiten anzusehen, besonders wollte ich mir eher einige Cathedralen und Kirchen ansehen, aufgrund ihrer Geschichte und den Baulichkeiten. So standen jeden Tag andere auf dem Programm... bis auf Westminster Abbay, da wollte Patrick eigentlich mit kommen...
In der City of London, etwa 300 Meter nördlich der Themse, lag die von Christopher Wren entworfene St Paul's Cathedral, die Hauptkirche der Anglikanischen Kirche in London. Die Schnitzarbeiten des Chorgestühls stammen von Grinling Gibbons, die Schmiedeeisernen Chorschranken von Jean Tijou. Erst 1890 wurden die Glasmosaiken an der Decke über dem Chor von William Richmond fertiggestellt. Der Hochaltar, nach Plänen Wrens gebaut, ist das Werk von Dykes Bower und Godfrey Allan, die ihn 1958 vollendeten, so als ich es im Guide nach. Die Kathedrale hatte eine kreuzförmige Grundfläche, die in Ost-West-Richtung ausgerichtet war. In der Mitte dieses Kreuzes konnte man eine Kuppel erkennen, auf der sich eine 750 Tonnen schwere Laterne befand , die in 111 Meter Höhe endete. Um diese gewaltige Last abzuleiten, befindet sich zwischen der äußeren und der inneren Kuppel ein konischer Steinaufbau, der auf den massigen Vierungspfeilern ruht. An der Kuppelbasis in etwa 30 Meter Höhe befand sich in der Kirche ein ringförmiger Umgang mit einem Durchmesser von 34 Meter, die sogenannte Whispering Gallery, die Flüstergalerie. Der Schall dient hier dazu durch die gebogenen Wände immer wieder zurück in das Innere des Rings reflektiert zu werden, sodass ein geflüstertes Wort auf die andere Seite der Kuppel getragen werden kann. Sie ist 365 Fuß hoch, einen Fuß für jeden Tag im Jahr. Darüber hinaus konnte man bis zur Spitze hinauf steigen, so gelangte man auf die Golden Gallery, mit der Möglichkeit einer Aussicht über London. Unter der Kirche fand ich dann die weitläufige Krypta vor, in der zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten der britischen Geschichte beigesetzt wurden.
Am folgenden Tag besuchte ich die Die St Margaret's Church. Sie ist eine anglikanische Kirche und befindet sich im Stadtteil City of Westminster am Parliament Square, unmittelbar neben der Westminster Abbey und gegenüber dem Palace of Westminster. Sie ist die Pfarreikirche des britischen Parlaments. Besonders sehenswert war für mich das östliche Fenster mit flämischer Glasmalerei aus dem Jahr 1509, angefertigt in Erinnerung an die Verlobung von Arthur Tudor, dem älteren Bruder von Heinrich VIII., mit Katharina von Aragon. Andere Glasfenster erinnern an William Caxton, den ersten englischen Buchdrucker, Sir Walter Raleigh, der hier 1618 begraben wurde, und an den Poeten John Milton, ein Mitglied der Kirchgemeinde. Zu den Personen, die in der Kirche ihre letzte Ruhestätte fanden, gehört der böhmische Kupferstecher Wenzel Hollar. Zahlreiche Berühmtheiten wurden in St Margaret's getraut, darunter Samuel Pepys und seine Frau sowie Winston Churchill und Clementine Hozier. Die Kirche wurde 1987 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Ich war beeindruckt von den vielen verschiedenen Bauweisen, und hätte mich generell auch hier in London verlieren können. Ich liebte einfach diese unterschiedlichen architektonischen Bauweisen, und musste feststellen, das ich trotz aller Bedenken meiner Familie im Bezug auf mein Studium, die richtige Wahl getroffen hatte, denn oft konnte ich meine Liebe zu der alten Bauweise in neue Projekte mit einbinden, was auch meinen Kunden gefiel.
Natürlich besuchte ich nebenbei auch andere Orte, wie den Buckingham Palace, den Tower, Madame Tussauds musste es natürlich auch sein, sowie Notting Hill...
Samstags wollten Patrick und ich dann eigentlich ins Westminster Abbay um die Messe zu besuchen, da Patrick aber erst gegen fünf Uhr in der Früh aus dem Studio zurück kam, dazu nicht mehr wirklich nüchtern, entschied ich mich nach dem Frühstuck dazu, doch alleine zu gehen, denn im Zimmer zu sitzen und ihm beim Schlafen zuzusehen, das wollte ich nun auch nicht. Da ich doch etwas früh für den Gottesdienst dran war, machte ich noch einen Abstecher Zur Westminster Cathedral. Diese Kathedrale ist die katholische Hauptkirche von Wales und England. Erzbischof Nicholas Wiseman (1802–1865) begann mit den Spendensammlungen für die neue Kathedrale. Er war der erste römisch-katholische Kardinal und Erzbischof in England nach der Reformation. Doch erst im Jahr 1895 konnte mit dem Bau begonnen werden. Eröffnet wurde die Kathedrale im Jahr 1903. Man entschied sich beim Bau für den byzantinischen Stil. Von außen bestach das Gebäude durch die aufwendig gestaltete Backsteinfassade, die hohe Kuppel und nicht zuletzt durch den für diese Breiten völlig untypischen freistehenden Glockenturm. Im Inneren überraschte sie mich durch die Raumwirkung und vor allem durch die Mosaiken an Decken und Wänden, die ständig noch nachträglich vervollständigt werden. In der Holy Souls Chapel im Seitenschiff wurden mehr als 100 verschiedene Marmorsorten verarbeitet. Ich musste sagen, das diese Kirche meines Erachtens mit dir Schönste war, die ich bisher besichtigt hatte. Zu gern wäre ich noch etwa geblieben, aber ich wollte nicht allzu spät bei der Abbey sein, denn ich hatte Angst kaum noch einen Platz zu bekommen, dem war allerdings nicht so. Es waren zwar einige Menschen da, aber dennoch war es nicht so überfüllt, sodass man relativ frei und fast allein in den Bänken sitzen konnte.
Da es noch 20 Minuten brauchen sollte, las ich leise in den hinteren etwas in meinem Führer und sah mich um.
Westminster Abbey: Traditionell werden hier die Könige von England gekrönt und beigesetzt. Die Stiftskirche des Kollegiatstifts St. Peter, Westminster gehört zur Kirche von England, ist aber aufgrund ihrer Funktion keiner Diözese zugehörig, sondern Eigenkirche (royal peculia) der britischen Monarchie. Der Haupteingang befindet sich an der Westseite. Das Portal wird von Darstellungen der vier christlichen Tugenden Wahrheit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Friede sowie von Märtyrern des 20. Jahrhunderts gerahmt. Im Mittelschiff liegt das Grab des Unbekannten Soldaten. In Erde von den belgischen Schlachtfeldern ruht dort ein unbekannter Soldat des Ersten Weltkriegs „inmitten der Könige, weil er seinem Gott und Vaterland gut diente", wie eine Inschrift auf schwarzem Marmor verkündet. Den Gefallenen beider Weltkriege wird auch in der St.-Georgs-Kapelle gedacht. Im linken (nördlichen) Querschiff sind zahlreiche berühmte britische Staatsmänner bestattet, unter anderem William Pitt, Palmerston, Benjamin Disraeli und William Gladstone. Vom nördlichen Teil des Querschiffs betritt man die hinter dem Hochaltar gelegene „Kapelle Eduards des Bekenners". In der Mitte befindet sich der Sarg des 1066 gestorbenen Königs. Dahinter steht der Krönungsstuhl, in dem sich bis 1996 der Stein von Scone befand.
Auf diesem Stein wurden jahrhundertelang die schottischen Könige gekrönt, bis ihn Eduard I. im Jahr 1297 den Schotten abnahm. Zu Weihnachten 1950 wurde der Stein gestohlen und erst nach langem Suchen wiedergefunden. 1996 wurde er offiziell an Schottland zurückgegeben und befindet sich seitdem im Schloss von Edinburgh. Der Stein gilt als ein Symbol für die Einheit der Königreiche England und Schottland. In dieser Kapelle befinden sich außerdem die Särge von Heinrich III., Eduard I., Eduard III., Richard II. und Heinrich V. Die UNESCO erklärte die Kirche 1987 zum Weltkulturerbe.
Ich betrachtete einige Bilder und überlegte gerade, doch noch anschließend eine Führung zu buchen, da erschrak ich mich fast zu Tode. „Deine Faszination zu Kirche und Architektur hast du also nicht verloren in all den Jahren... deine Augen... es ist Wahnsinn, wie sie strahlen...", ertönte eine Stimme hinter mir und ich spürte den heissen Atem in meinem Nacken. „Patrick!", stieß ich hervor und er grinste mich hinter einer Sonnenbrille versteckt an. „Was machst du hier?!" „Naja... wollten wir hier nicht gemeinsam hin?!" „Doch schon... aber ich wollte dich nicht wecken... zumal du auch nen guten Pegel hattest...", flüsterte ich nach hinten. Patrick stand nun auf und setzte sich schnell neben mich. „Yes... I'm so sorry... the guys and I have been to the pub, after the finishing... It's done... finally..." „Ist doch in Ordnung, oder hab ich was anderes gesagt?", lächelte ich. „Schön, das du extra gekommen bist..." „Ich hatte so ein schlechtes Gewissen... ich bin kurz wach geworden, du warst weg, hab ich aus Handy geschaut und dachte nur ‚Fuck'!", in dem Augenblick begann die Messe.

Patrick und ich verließen Hand in Hand gute eine 1,5 Stunden später die Westminster Abbay und ich vergaß meinen Plan mit der Führung glatt, da Patrick spontan zum Markt auf der Portobello Road in Notting Hill wollte. Mit der Tube fuhren wir hin.
Die Stände dieses im Herzen des modernen Notting Hill gelegenen Marktes lockten mit einem reichhaltigen und hochwertigen Angebot. Hier gans Antiquitäten von besonders hoher Qualität, wie Patrick meinte. Original-Bekleidung aus vergangenen Jahrzehnten, Accessoires für Trendsetter sowie Lebensmittel aus biologischem Anbau. Jeden Freitag bis Sonntag fand dieser besondere Markt wohl statt und  sich unzählige Menschen tummelten sich hier und durchwühlten regelrecht die Kleiderberge nach den besten Stücken. „Dieser Markt ist bei routinierten Schnäppchenjägern und Touristen gleichermaßen beliebt. Früher haben meine Geschwister und ich auch viel hier gekauft... Patricia und Barby Voralkem hochwertige Stoffe für die Bühnenoutfits... wir Jungs sind dann lieber losgezogen und haben versucht bei Vinyls zuzuschlagen...", erzählte er begeistert und strahlte dabei. „Doch auch schöne Erinnerungen..." „Ja... war ja nicht alles schlecht damals, ne?! Ich sehe vieles jetzt auch einfach anders als früher... wir waren auf den Erfolg gar nicht vorbereitet und auch viel zu jung eigentlich dafür... weißt du mit 14/15 findest du das natürlich toll, wenn so viele Mädchen auf dich stehen, aber später fragst du dich, wenn du immer hörst ‚Paddy, ich liebe dich', wie wollen sie dich lieben, wenn sie dich doch gar nicht richtig kennen, verstehst du? Dazu kam dann, das ich mit 20 das hatte, was manche Künstler erst nach 40 Jahren im Business erreicht hatten... das war Zuviel und der Druck wuchs... inzwischen komm ich gut klar. Ich weiß, was ich tun muss und wie ich manche Dinge zu Händeln hab... aber die Auszeit damals... die war verdammt nötig... auch wenn ich das liebste, was ich in meinem Leben hatte, so verletzten musste...", zwischenzeitlich hatten wir uns etwas abseits des Trubels auf eine Bank gesetzt und tranken einen Milchkaffee. Patrick sah mich an. „Ani... wirklich... es ging nicht mehr... als du aus Köln weg bist... der Stress wurde immer mehr und mehr... ich bin nach Lourdes für ein Paar Wochen... und dort ist mir klar geworden, ich kann so nicht mehr... mir tat das Leben im Kloster gut.... Und..." „Patrick bitte... es ist lange her!", wank ich ab, denn. Ich wollte beim besten Willen nicht an diese Zeit und ihre Geschehnisse erinnert werden... zudem ich immer noch hin und her gerissen war, ihm von meinem Geheimnis zu erzählen, auch wenn ich im Grunde genommen wusste, dass ich es ihm sagen musste, denn es schwebte wie ein Damocles Schwert über uns. „Ich bin dir ja noch ne Antwort schuldig...", sprach er weiter. „First off all... Ich wurde nach einige Jahren krank im Kloster... zuerst wusste keiner, was los war... keine Ärzte, bis ich irgendwann zusammenbrach und ins Krankenhaus kam. Sie meinten dort, es liegt an der Psyche... lange rede kurzer Sinn... sie meinten mir fehlt das Musik machen, meine Familie und mein altes Leben als Musiker. Ich konnte und wollte es nicht begreifen, zumal ich kurz vor dem Profess stand. Ich liebte es im Kloster... fühlte mich wohl und war angekommen... nur langsam ging es mir besser... und irgendwann eines Nachts bin ich in den Musikraum und hab mir die Gitarre geschnappt und die ganze Nacht gespielt... unbemerkt blieb das nicht... nach vielen Gesprächen mit unseren Vorsteher traf er dann die Entscheidung für mich und ‚warf mich mir den Worten „mach Musik, such dir eine Frau, bekomm Kinder" raus'... Die Entscheidung war gefallen und einige Tage später holte mich Patricia ab. Nachdem sie mich erstmal gefühlt erdrückt hatte fragte sie sofort, ob sie mich zu dir fahren soll, und ich sagte sofort ja..."

Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt