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3 Jahre später...

„Anique?"
„Rijke... es ist mitten in der Nacht!"
„Ich weiß! Nimm den nächsten Flieger und komm nach Hause!"
„Wozu? Warum jetzt auf einmal?"
„Weil du hier her gehörst!"
„Sagt wer?"
„Ich... Mama... Paps... P... ich mein Thomas... Theresa... dein Patenkind! Ach, und Valerié nicht zu vergessen!"
„Ach Rijke... du fehlst mir auch... ihr alle... aber..."
„Ich dachte die Weltreise hat dir geholfen, alles zu verarbeiten! Ist es nicht dann irgendwann mal Zeit, nach Hause zu kommen?"
„Ja... die Auszeit tat gut... aber ich fühl mich hier doch wohl... die Arbeit macht mir Spaß..."
„Ja... 16000 km entfernt... weiter weg geht ja auch schlecht... du fühlst dich da wohl, weil du Abstand hast... weil du so ‚geschützt' bist!"
„Auch... ihr könnt mich doch besuchen..."
„Ja klar... Neuseeland ist ja auch gerade um die Ecke! Mensch Anique du bist Selbstständig! Hast hier immer noch 2 Agenturen die mehr als gut laufen... worüber machst du dir Gedanken? Das du kein Einkommen hast?! Süße... komm heim... bitte!"
„Ich denk drüber nach...!"
„Nicht denken, sondern machen! So dann schlaf mal weiter! Hab dich lieb!"
„Ich dich auch! Bis bald!"

Fast zwei Jahre Weltreise lagen hinter mir und knapp ein Jahr, wo ich zunächst in Australien und dann in Neuseeland quasi strandete und arbeitete. Diese Auszeit hatte mir gut getan, ich konnte für mich das Erlebte verarbeiten. Der Verlust von Mats, als auch den von Patrick wurde erträglicher, sodass ich damit lernte umzugehen. Natürlich überwog der Tod unseres Kindes, aber zweimal seine große Liebe zu verlieren, das war kaum zu verarbeiten und ehrlicher Weise gestand ich mir ein, das Patrick mir die ganze Zeit über gefehlt hatte. Erst seine Ablehnung nach dem Tod, und dann meine ihm gegenüber... dennoch liebte ich ihn... immer noch... und somit war auch für mich klar, besser allein zu bleiben, denn niemand auf der Welt hätte es geschafft, den gleichen Platz und Stellenwert einzunehmen, den Mats, als auch Patrick immer noch hatten.
Es war nicht ganz uneigennützig gewesen, ausgerechnet am anderen Ende der Welt zu landen, denn nachdem ich reiste, und zweimal Patrick unfreiwillig fast in die Arme gelaufen war, war ich hier ‚sicher'. Das erste Mal sah ich ihn sofort von weitem beim Check in London. Mein Flug ging nach Dublin, seiner nach München und nur um Haaresbreite konnte ich einem Zusammentreffen entgehen, da wir im gleichen Wartebereich des Terminals saßen. Ein paar Monate später war ich gerade in Los Angeles gelandet. Als er gerade einmal mit Cappy, Sonnenbrille und schwarzer Lederjacke den Rücken mir zugewandt am Gepäckband stand und ebenfalls auf seine Koffer wartete. Ich hatte ihn sofort erkannt, auch wenn ich zunächst sein Gesicht nicht sah. Aus Schock war ich erst wie gelähmt und starrte ihn regelrecht an, bis er sich zu mir umdrehte, sich unser Blick kurz traf und sich meine Starre löste. Ich nahm meinen Koffer und ging. Ich meinte noch kurz meinen Namen gehört zu haben ‚Ani...', aber in der großen Halle mit der Lautstärke, verschwamm es nur recht schnell.
Hin und wieder überkam es mich, meine Neugier siegte, sodass ich hin und wieder bei Instagram oder Facebook nach Patrick schaute. Er tourte erfolgreich durch Europa. Sein neues Album ID hatte eingeschlagen wie eine Bombe, seine Konzerte waren ausgebucht, das konnte ich nachlesen, als ich allerdings Fotos mit ihm und Joelle entdeckte, dazu Interviews, in denen er von seiner glücklichen Ehe sprach, beließ ich es und googelte nicht mehr.
Ich war zutiefst verletzt dies zu sehen und auch zu hören.  Aber was sollte ich ändern? Der Tod unseres Mats hatte uns beide entzweit... ich hatte die Reizleine gezogen, war gegangen... was hatte ich auch anderes erwartet? Das Patrick wie ich alleine blieb? Nein, das vielleicht nicht... aber zurück zu Joelle? Nein, das konnte ich nicht verstehen und es schmerzte. Es war auch der Hauptgrund, warum ich mich so schwer tat, zurück nach Deutschland zu kommen. Überall war Patrick präsent. In den Medien, dem Radio, im Fernsehen... einfach überall... und hier in Rotorua sprach keiner davon, niemand kannte ihn hier... niemand konfrontierte mich damit, sodass meine Vergangenheit friedlich weiterschlief... nach außen hin... in mir brodelte es täglich mehr, wie die Mood Moles, die hier allgegenwärtig waren... ebenso die Geysire.

Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt