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Bevor ich eine Entscheidung traf, meldete ich mich zunächst bei meiner Familie. Das ich fast zwei Tage verschlafen hatte, konnte ich zunächst kaum glauben, aber aufgrund der Vorkommnisse und meines wenigen Schlafes die letzten Wochen war es wohl bitter nötig gewesen. Zudem fühlte ich mich jetzt, wo ich aus der Klinik raus war so befreit und gelöst, wie seit Jahren nicht mehr....

„Anique... endlich! Wie gehts dir?"begrüsste mich meine Schwester aufgeregt als auch besorgt. „Wir haben so oft angerufen in der Klinik... aber sie sagten, du willst keinen Kontakt und..."
„Hey Rijke... mir geht's gut! Endlich! Und vorab, die Azssage, ich wollte keinen Kontakt, das stimmt nicht. Ich vor zwei Tagen hatte ich von der Klinik aus eine Kontaktsperre... durfte nicht raus... nix... dann haben sie mich auf die offene gelegt und ich bin einfach gegangen!"
„Du bist abgehauen?!"
„Wenn du es so nennen magst, ja! Und das war die beste Entscheidung! Ich erzähl euch das alles bald in Ruhe..."
„Ja... ist gut! Hauptsache du bist in Ordnung! Wir haben uns so Sorgen gemacht... Aber nicht nur wir... Paddy auch... er hat fast täglich angerufen..."
„Ich weiß..."
„Bist du bei ihm?"
„Nein... ich bin bei Joey in Siegburg.. er hat mich auch abgeholt... aber Patrick war hier..."
„Maus....."
„Es ist nicht so einfach Rijke... die Zeit wird's zeigen..."
„Paddy... er liebt dich..."
„Ich weiß... ich ihn doch auch... ich muss aber erstmal schauen, wo meine Reise nun hin geht... was ich machen will..."
„Dann komm heim... wir suchen dir eine schöne Wohnung... oder ein Haus... und ein Büro zum Arbeiten... alles mit der Ruhe, und so lange bleibst du bei uns, ja?"
„Süße, das ist total lieb und ich bin dir auch mehr als Dankbar, das ihr mir helfen wollt und das auch immer getan habt, aber ich will das alleine machen. Ich weiß noch nicht, ob ich nach Mittelfranken zurück komm, hier in der Gegend bleib, nach München wieder gehe oder auch wo anders hin."
„Kerlouan?"
„Nein, das bleibt einfach nur mein Ferienhaus... ich bleib schon in Deutschland... Joey hat mir angeboten, erstmal hier zu bleiben... Patricia hat eine Wohnung zu vermieten in Heiligenhaus... sie steht frei... ich schaue sie mir mal an, aber das ist auch erstmal alles..."
„Mach das, auch wenn ich dich lieber näher bei uns wüsste..."
„Ich bin nicht aus der Welt und werde auch in der nächsten Woche bestimmt paar Tage zu euch kommen... wenn ich darf..."
„Immer!"
„Ok... ich werd mal runter... Joey hat zum Essen gerufen..."
„Bestell liebe Grüße! Und meld dich bei Mama!"
„Hab ich eben schon gemacht! Keine Sorge! Bis die Tage! Lieb euch!"
„Wir dich auch!"

Ich beendete das Gespräch, zog mir was drüber und folgte den Stimmen runter.
„Hey... Grüße von Thomas und Frederijke soll ich ausrichten...", sagte ich zu Joey, der mich aufforderte mich an den Esstisch im Wohnzimmer zu setzen. „Setz dich. Tanja holt nur noch die Kartoffeln..." „Kann ich noch helfen?" „Nein, und das brauchst du auch nicht, du bist unser Gast!", ertönte eine sanfte Stimme hinter mir, zu der ich mich umdrehte. „Hallo Anique, ich bin Tanja. Freu mich dich endlich mal persönlich kennen zu lernen.", sagte sie mit einem Lächeln und druckte mich kurz, nachdem sie die Schüssel mit den Kartoffeln auf den Tisch gestellt hatte. „Luke, Leon, Lysann.... Essen!", rief Joey nun und rasch hatten sich die drei ebenfalls am Tisch eingefunden. Luke begrüßte mich freundlich, Leon und Lysann ebenfalls, aber heimlich musterte mich die beiden immer wieder, während Tanja ihren Kindern, das Essen reichte. Auch Joey bemerkte es. „Ist irgendwas ihr beiden?!", schnell senkten die Beiden ihren Kopf, schüttelten ihn und begannen zu essen. Lysann sah aber dennoch immer wieder zu mir. „Kleines, gibt es irgendwas was dir auf dem Herzen liegt, oder was du fragen möchtest?", sprach ich sie direkt an, und unsicher blickte Joeys Tochter zwischen mir und ihrem Vater hin und her. Auffordernd nickte er seiner Tochter zu. „Anique? Weißt du warum Onkel Paddy so traurig ist?", fragte sie direkt. „Traurig?", fragte ich nach und sah fragend zu Joey, der mich genauso ansah. „Ja... als er hier war, hat er nachts geweint... und auch so war er nicht so lustig wie sonst." „Er hat sich Sorgen um Anique gemacht...", erklärte Joey. Ihr wisst doch, das Paddy und Anique ihr Baby verloren haben... und euer Onkel hatte nun Sorge auch noch Ani zu verlieren, dabei hat sie nur geschlafen..." „Kann man denn so lange traurig sein?" „Wie meinst du das Lily?" „Onkel Paddy ist so lange schon traurig..." „Darf ich?", fragte ich Joey, und er stimmte zu. Ebenso Tanja. „Wisst ihr, was ich gemacht habe die letzten Jahren, beziehungsweise Wochen?", die beiden schüttelten den Kopf. „Also, euer Onkel und ich waren sehr traurig, das Mats gestorben ist. Und diese Traurigkeit wird nie weggehen... sie wird anders sein... erträglicher... aber bleiben wird sie immer. Ich bin damals weggelaufen... nicht wie ihr euch das vielleicht vorstellt, von zu Hause als Kind weglaufen, sondern vor Patrick, vor mir selber, weil ich mit der Situation nicht umgehen konnte. Ich hab versucht das zu verdrängen, und bin vor einigen Wochen deshalb sehr krank geworden. Was ich sagen möchte, wenn euer Onkel zeigt, das er traurig ist, ist das vielleicht nicht schön zu sehen, aber besser, wie ich es getan habe... er zeigt, das es ihm nicht gut geht, und ihr könnt dann für ihn da sein... lenkt ihn ab, nimmt ihn in den Arm, sprecht ihn ruhig darauf an..." „Bist du denn wieder gesund?" „Noch nicht ganz, aber ich bin auf einem guten Weg... auch dank eurem Onkel und euren Eltern..." „Das ist schön... aber... Onkel Paddy... er ist dann immer so... komisch... er will alleine sein. Macht keinen Quatsch mehr mit uns..." „Ist das so?", fragend sah ich zu Joey, denn ich kannte Patrick eher als totalen Kindskopf und Quatschkopf, der immer mit seinen Neffen und Nichten nur Blödsinn im Kopf hatte oder zum Leidwesen seiner Geschwister Streiche ausheckte. „Lily hat nicht ganz unrecht. Paddy ist schon sehr verschlossen... aber wem sag ich das... du kennst Paddy nicht erst seit gestern... du warst die einzige, die er an sich rangelassen hat... aber als du weg bist... ist kein Vorwurf, versteh das bitte nicht falsch!" „Schon gut..." „Anique?" „Ja Leon?" „Kannst du Onkel Paddy nicht helfen?", nun waren alle Blicke auf mich gerichtet und Joey grinste frech. „Ja... könnte sie..., wenn sie sich nicht selbst im Wege stehen würde!", grinste Joey und widmete sich wieder dem Gulasch. „Joseph Maria!"zischte Tanja. „Was? Ist doch nur die Wahrheit... oder Luke?!" „Dad! Halt mich da raus!" „Leon... ich kann dir nichts versprechen, aber ich überleg mir was, ok? So... ich bin total müde... ich hoffe es ist ok, wenn ich mich noch was hinlege..." „Naturlich! Ruh dich aus... wenn du was brauchst, sag Bescheid...", lächelte Tanja. „Danke... Joey... ich hab noch eine Bitte... steht das Angebot mit der Wohnung in Heiligenhaus noch? Also das ich sie mir mal ansehen kann? Vielleicht auch schon morgen?" „Klar! Ich sag Denis gleich noch Bescheid..." „Perfekt... na dann... Gute Nacht!"

Dämonen der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt