🔸Sebastian🔸
Ich verbeugte mich vor dem Arzt nochmal und wurde dann auch schon von dem Wächter aus dem Raum geführt. Seine Hand war warm und schon nach wenigen Schritten, in welchen er vielleicht gemerkt hatte, dass ich ihm brav folgte und keinen Meter von der Seite wich, wurde sein Griff lockerer. Mein Blick war immernoch auf den Boden gerichtet und nun sah ich andere Fließen. Es waren eher Steine. Nicht kaputt aber auch nicht komplett neu. Aber es war sauber, nirgends war Schmutz oder sonst was zu sehen. Im Vergleich zur alten Unterkunft war diese wohl doch ein wenig besser.
"Ab hier kannst du ein wenig mehr nach oben schauen, merk dir den Weg ein wenig." sagte er und bog um eine Ecke. Mit einem kleinen Nicken gab ich zu verstehen, dass ich ihn gehört hatte und hob meinen Kopf tatsächlich ein wenig. Wir gingen durch einen langen Gang. Manche Türen hatten eine kleine Taffel daneben, wo irgendeine Nummer oder sowas bestimmt draufstand, aber das konnte ich leider nicht erkennen.
Wir bogen immer wieder ab und so langsam wurde mir bewusst, wie groß die ganze Anstalt hier nun war. Es gab so viele Türen, Treppen, Flure und sonst noch was. Ich würde mich bestimmt verlaufen, wenn ich nicht aufpasste. "Du wirst den restlichen Tag nurnoch zum Abendessen aus deinem Zimmer geholt. Ab Morgen nimmst du dann am täglichen Programm, bestehend aus, Duschen, Frühstück, Unterricht, Essen, Unterricht oder Aufgaben, Hofzeit, Unterricht oder Freizeit, Abendessen und Duschen teil." Ich nickte und war leicht fasziniert davon, wie strukturiert das ganze mittlerweile war und wie viel ich doch vor hatte.
Das alles bedeutete nämlich, dass ich nicht stundenlang alleine in meinem Zimmer sitzen würde und mit mir selbst reden müsste, wie jemand, der langsam verrückt wurde. Ich wäre den Tag über beschäftigt, würde wieder Sachen lernen, bekam drei Mal am Tag Essen. Und am schönsten war in meinen Augen, dass die Hofzeit noch existierte. Dort konnte ich an die frische Luft, konnte den Himmel sehen und vielleicht ein ganz ganz kleines wenig mit den anderen Sklaven reden. Es gab ja...bis zur Nummer 87 oder sowas...Hier müssten mittlerweile also wirklich wirklich viele sein. Da wäre bestimmt jemand dabei, der mit mir reden würde.
"Ansonsten hier nochmal die Regeln. Antworte nur, wenn du dazu aufgefordert wirst, halte den Kopf gesenkt, Befehle von uns sind ohne jegliches Hinterfragen auszuführen, keine sexuelle Befriedigung, kein sexueller Kontakt zu anderen Sklaven, kein Diebstahl von Essen oder sonstigen Utensilien beim Arbeiten oder aus dem Unterricht und sprich Autoritätspersonen wie mich, die Lehrer etc. immer mit Sir an." sagte er, woraufhin ich wieder leicht nickte.
Mittlerweile waren es also ein paar mehr Regeln geworden, aber das war ja zu erwarten gewesen. Immerhin sind es mehr Sklaven, ein größeres Buissnes und sonst noch was. Bei den Gedanken wurde mir tatsächlich leicht schlecht. Egal wie freundlich und nett sie hier auch waren, wie könnte man sein Geld mit sowas, mit Entführung und Versklavung, verdienen wollen? Konnten all diese Wächter und Personen nachts mit einem guten Gewissen schlafen?
Dann kam er vor einer Tür zum Stehen. Ich blickte kurz zu ihm hoch und sah mich nochmal genauer im Gang um. Wenn dies mein Zimmer wäre, sollte ich es immerhin wieder selbst finden. Er schloss die Tür auf und griff mich wieder etwas fester am Arm. Sofort senkte ich den Kopf und lief ihm vorraus ins Zimmer. Es war wirklich ein Zimmer, das konnte ich noch erkennen, mehr aber nicht. Sobald er meinen Arm los ließ ging ich in die Subhaltung, ich wollte einfach keine Probleme mehr haben.
Bei Caleb wurde ich willkürlich für alles und jeden kleinen Atemzug geschlagen und bestraft. Hier gab es klare Regeln, an die ich mich halten musste. Wenn ich also gegen die widersprach oder die Regeln brach war es meine eigene bewusste Schuld und nichtmehr Calebs. Ich hatte mein eigenes Wohlbefinden nun also in der Hand, ich war für mich selbst verantwortlich und konnte mein ganzen Zustand hier durch mein Handeln beeinflussen.
Der Arzt hatte mir nämlich auch gesagt, dass man eine bessere Nummer bekommen könne, wenn man sich gut verhalte und sowas. Das Aussehen war also nur ein Teil, das Verhalten ein andere. Und wahrscheinlich hatte es mir auch einige Punkte abgezogen, dass ich keine Jungfrau mehr wegen Caleb war und allgemein in dem Bereich...schon viel mitmachen musste.
Ein leises "Danke Sir." verließ meine Lippen, woraufhin er nickte und mir einmal kurz den Kopf tätschelte. Kein gewaltsamen oder grobes. So ein Headpat eben. "Das linke Bett ist deines. Ich hol dich in einer Stunde zum Abendessen wieder." sagte er noch, ehe er schon die Tür zuzog und ich den Schlüssel im Schloss wieder hörte. Erst, als sich seine Schritte entfernten und ich sie nicht mehr hörte, löste ich mich aus der Position und setzte mich normal hin.
Mit dem Rücken an der Wand und angewinkelten Beinen sah ich mich im Raum um. Zwei Betten, links und rechts eines an der Wand. Ansonsten eine Toilette, ein Waschbecken und ein kleiner Schrank. Meine Aufmerksamkeit legte sich jedoch auf das kleine Fenster zwischen den beiden Betten hoch an der Wand.
Sofort lief ich zu dem Fenster und legte mich davor auf den Boden. Ich versuchte einen Winkel zu finden, in welchem ich den Himmel sehen konnte. Zuerst fand ich keinen und ging auf mein Bett, um es von dort aus zu versuchen, doch das klappte auch nicht. Erst beim zweiten Mal auf dem Boden liegen fand ich endlich den Winkel. Wenn ich richtig lag konnte ich tatsächlich ein kleines wenig den Himmel sehen.
Ich sah zwar nicht viel und gerade ging wahrscheinlich die Sonne unter und auch den schönen Verlauf davon sah ich nicht, aber ich sah den Himmel und das war alles, was zählte. Es war mittlerweile bewölkter geworden als heute Mittag und auch allgemein war der Himmel nun etwas düsterer. So wie es bis jetzt aussah würde es heute Nacht wahrscheinlich regnen.
Ohne dass ich es wohl so wirklich bemerkte war ich eingeschlafen. Erst als es an der Tür klopfte wachte ich wieder auf. Mein Blick wandt sich zur Tür, in welcher der Wächter von vorhin stand und dagegen klopfte. Er wollte gerade schon den Mund öffnen und mir wahrscheinlich einen Befehl geben, doch ich begab mich so schnell in die Subhaltung, wie noch nie zuvor.
Ich war wirklich eingeschlafen, auf dem Boden und ohne Kissen oder Decke. Darüber musste ich leicht schmunzeln. Trotzdem fühlte ich mich nun ein wenig ausgeruhter. Und vielleicht war es auch ganz gut, so konnte ich das alles unterbewusst ein wenig verarbeiten und musste mir nicht den Kopf über alles, was heute passiert war, zerbrechen. Bestimmt hatte ich auch irgendwas richtig verrücktes geträumt, konnte mich aber nicht mehr daran erinnern.
"Komm her 45" sagte er und klang zum Glück noch nicht genervt. 45...Ich wurde also wirklich mit meiner Nummer angesprochen. Namen hatten sie wohl wirklich abgelegt...Das stand uns wohl also nicht mehr zu...Aber wenn sie es so für sinnvoll hielten würde ich mich bestimmt auch daran halten. Unnötig Ärger machen...
Allgemein, alles was ich gegen sie tun würde, jeden Befehl, den ich verweigern würde und der mir eine Strafe einbringen würde, der wäre doch sinnlos. Sie würden niemals etwas an ihrem System ändern oder gar etwas extra nur für mich machen. Sie dachten nicht an die einzelnen Individuen hier, sondern sahen uns eben als große Maße...
Der Wächter brachte mich mit ein paar anderen, es waren glaube ich 3, irgendwo hin. Als er die Tür öffnete verschlug es mir die Sprache. Ach du heilige Scheiße...Das hier war der Essensaal...und ich hatte nicht erwartet, dass 87 Sklaven...doch so viele sind...
🔸Upload: 01.01.2022🔸
🔸1282 Wörter🔸
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Alone | Adventskalender | Shadowuniversum
JugendliteraturWie überlebt man die Isolation als Extrovert? Wie schweigt man eine Ewigkeit lang? Wie überlebt man ohne Aufmerksamkeit? Was ist man alles bereit für ein wenig Zuneigung zu tun? 🔸🔸🔸 Sebastians Geschichte - Sidestory zu Double Checkmate - Adve...