Kapitel 12

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Der Mann, der uns die Tür öffnete, war ungefähr im selben Alter wie Marco.
„Hallo, mein Freund."
Sagte er, Elyas zugerichtet. Sie begrüßten sich mit einem freundschaftlichen Handschlag. Dann fiel sein Blick auf mich.
„Wer ist die Kleine? Deine neue Freundin?"
Fragte er neugierig und gab mir die Hand.
Ich zögerte kurz doch erwiderte.
„Sie ist eine entfernte Bekannte der Familie. Sie war gerade in der Gegend und hatte uns einen Besuch abgestattet."
Log Elyas. Aber das war wohl die plausibelste Erklärung.
„Gina."
Stellte ich mich mit falschem Namen vor und lächelte den Mann an, der sich als Giovanni vorstellte.
Er bat uns in die kleine Mietwohnung herein, die anders aussah als das restliche Gebäude.
Es war nur ein normalgroßer Raum, in der hinteren Ecke war eine Tür, wahrscheinlich zum Badezimmer. Gegenüber befand sich die kleine Küche, die anscheinend zur Drogenküche umfunktioniert wurde.
Dennoch war der Rest des Zimmers relativ schön und modern eingerichtet.
Ich nahm Platz auf dem weißen Ledersofa und ließ die Männer ihre Geschäfte machen.
Ich gehorchte Elyas, ich hatte wirklich keine Lust auf Stress, obwohl das Gespräch, abgesehen von der geladenen Pistole in Elyas' Hosentasche, sehr freundschaftlich verlief.
Ich war von Elyas verblüfft, ich entdeckte eine ganz neue Seite an ihm, die nett war und sogar Spaß verstehen konnte.
Nicht so arrogant und spießig, wie er immer war, wenn wir allein waren.
Nach kurzem Smalltalk, kamen die Männer zum geschäftlichen.
Giovanni ging in die Küche, öffnete eine Schublade und brachte einen dicken Batzen Scheine hervor, den er in tausender Schritten abzählte.
„2,4,6,8,10 Tausend, für dich mein Freund."
Er reichte Elyas das Bündel, der es ohne nachzuzählen in seiner hinteren Hosentasche verschwinden ließ.
Dann stellte er seinen Aktenkoffer, den er die ganze Zeit unter dem Arm hatte auf den Tisch und öffnete ihn.
„10 Kilo, feinstes Kokain."
Sagte er anpreisend.
Giovannis Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen.
Es lief sicherlich nicht mit allen ihren Kunden so freundschaftlich.
Nachdem die Beiden sich noch kurz unterhielten, begleitete Giovanni uns wieder zur Tür.
Er und Elyas verabschiedeten sich mit einem Handschlag, dann wandte er sich mir zu.
„Auf wiedersehen."
Sagte er charmant und gab mir einen gekonnten Handkuss, dann schloss er die Tür.
Als wir im Auto saßen, war Elyas wieder der Alte. Schade eigentlich, ich hätte mich wirklich gerne mal normal mit ihm unterhalten. Doch schließlich ergriff er doch das Wort.
„Danke für die Lüge."
Ich zog eine Augenbraue hoch.
Wieder einmal machte er mich sprachlos.
„Huh?" Machte ich.
„Na die Lüge, mit deinem Namen. Man hört ihn überall in den Nachrichten. Also, danke."
Erklärte er.
War das sein Ernst? Das war vielleicht auch der Grund, weshalb ich das Radio vorhin nicht einschalten durfte.
„Kein Ding."
Tat ich die Sache ab.
Ich wollte mich nicht zu früh freuen oder eine Mücke aus einem Elefanten machen aber hat er sich gerade tatsächlich bei mir bedankt?
Ungläubig sah ich zu ihm rüber.
Wieder einmal zuckten seine Mundwinkel zu einem unmerklichen Lächeln, ehe sein Gesicht wieder ernst wurde. Er ließ sich wirklich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Ich betrachtete ihn ganz genau. Ihm war sicherlich klar, dass er verdammt gut aussah und auch, dass ich mir bei diesem Gedanken total bescheuert vorkam. Ich konnte doch nicht meinen Entführer attraktiv finden.
Naja, schwer genommen war er es nicht, der mich entführte. Aber er war daran beteiligt.
Wir fuhren in den Ort hinein, in dem die Familie wohnte.
Es war wirklich abgelegen.
„Habt ihr eigentlich keine Angst, dass ich mir bei diesen Botengängen den Weg merke und abhaue?"
Fragte ich. Natürlich war es eine Fangfrage, ich hoffte, dass er es nicht durchschaute.
„Unmöglich, selbst wenn. Drum herum ist nur Wald. Du würdest dich nur verlaufen. Du bräuchtest ein Auto um das Dorf zu verlassen."
Entgegnete er.
Bingo, er hat es nicht bemerkt.
„Und was, wenn nicht? Was wenn ich es durch den Wald schaffe?"
Hakte ich weiter nach.
„Selbst wenn du es schaffen würdest, was völlig unmöglich wäre. Du wärst komplett aufgeschmissen. Ohne Handy, ohne Geld. Du hast doch nicht mal ein Plan davon, wo wir sind."
Erklärte er. Er hatte natürlich recht. Nur war es genau das, was ich wissen musste.
Er atmete genervt aus.
„Außerdem, selbst wenn du entkommen würdest, lange würden wir nicht brauchen um dich zu finden.
Mein Dad hat dir als du geschlafen hast einen Peilsender eingesetzt.
Es wäre also unmöglich zu entkommen."
Beichtete er.
Das war unmöglich. Verdutzt starrte ich ihn an.
Dann begann ich hohl zu lachen.
„Jetzt verarscht du mich aber, oder?"
Fragte ich hoffnungsvoll, doch wie so oft war es hoffnungslos, Humor bei diesem Menschen zu finden.
Er verdrehte die Augen, nahm etwas unsanft mein Handgelenk und führte meine Hand zu der Stelle in meinem Nacken, die wirklich etwas schmerzte, seitdem ich hier war. Ich dachte, das läge daran, dass ich im Transporter irgendwo gegenkam.
Ich spürte den harten Chip.
„Das ist doch nicht dein Ernst. Warum?!"
Ich wurde etwas lauter. Das konnten die doch nicht machen.
„ich weiß es nicht."
Gab er zu, doch ich glaubte ihm nicht.
„Glaub mir, ich erfahr auch nur die Hälfte von dem, was meine Eltern beschließen."
Er fuhr auf den Hof und parkte vor der Gerage.
„Keine Ahnung, ich verstehe selbst nicht, warum meine Eltern dich hier behalten wollen, es gibt keinen Grund dazu. Echt, wenn es nach mir ginge, wärst du schon längst zuhause. Aber naja, meine Eltern sind nahezu fanat in dich. Sie wollen auf keinen Fall, dass dir was passiert oder dass du nachhause kommst."
Gab er zu. So viel hatte ich ihn noch nie am Stück reden hören.
„Ach Scheiße, vergiss das bitte wieder. Das sind vertrauliche Informationen, ich bin am Arsch, wenn meine Eltern rausfinden, dass ich meine Klappe nicht halten konnte."
Ärgerte er sich. Doch zu spät, ich sprang aus dem Auto und stürmte über den Hof und ins Haus.
Von Elyas ließ ich mir nichts mehr sagen, auch wenn er mich anbettelte, ruhig zu bleiben. Das hatte dieser Arrogante Typ davon.
Es war mir egal, er war mir egal.
Ich wollte nur nachhause. Jetzt, wo ich wusste, dass es keinen Grund gab, mich festzuhalten, schien mein Ziel, wieder nachhause zu kommen, zum Greifen nah.

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