Am Abend saß ich wieder einmal am Fensterbrett in meinem Zimmer, es regnete und ich dachte an mein Gespräch mit Natalia vom Morgen.
Immer wieder gingen mir ihre Worte durch den Kopf doch sie wollten einfach nicht sinnvoll zusammen passen.
An wem wollte sie Rache? Wo konnte sie ihre Kinder nicht beschützen?
Es machte keinen Sinn für mich.
Von einem leisen Klopfen an der Tür wurde ich aus meinen zermalmenden Gedanken gerissen.
„Herein."
Gestattete ich, kurz darauf stand Elyas in meinem Zimmer.
„Wie geht es dir?"
Erkundigte er sich und trat vorsichtig näher.
„Was interessiert dich das?"
Konterte ich genervt und wendete den Blick ab.
„Ich bin nicht hier um mich zu streiten."
Entgegnete er und setzte sich zu mir.
Mal was ganz neues.
„Darauf läuft es doch immer wieder heraus. Jede unserer Unterhaltungen führt zum
Streit."
Stellte ich fest.
„Das muss doch gar nicht sein, ich finde, wir haben schon oft gut als Team gearbeitet."
Was stimmte nicht mit ihm?
„Ja richtig, zum Beispiel als man mich entführt oder festgehalten hat.
Tolles Team."
Provozierte ich.
Er verdrehte die Augen doch blieb ruhig.
„Ich mein ja nur, ich finde, wir sollten wieder zusammen arbeiten."
Schlug er vor.
Ich traute meinen Ohren nicht. War das gerade sein Ernst?
Nach all dem was ich wegen ihm durchmachen musste, erwartete er immer noch, dass ich mit ihm zusammenarbeiten wollte?
„Also bist du gerade nur so nett zu mir, damit ich mich noch einmal auf dich einlasse, ja?"
Fragte ich empört und wich ein Stück zurück.
„Das hast du jetzt falsch verstanden."
Stritt er es ab.
„Ich wollte nur sagen...
Ich kann dir möglicherweise die Antworten geben, die du suchst"
Das machte mich wieder neugierig.
Fragend hob ich die Augenbrauen an.
Er seufzte und begann wiederwillig zu reden.
„In der Zeit in der du weg warst habe ich viel recherchiert.
Ich habe die Hoffnung in dich nie aufgegeben, ich wusste, dass du noch am leben warst.
Ich habe viel nachgeforscht und herausgefunden, dass es am anderen Ende der Stadt ein altes Bankgebäude gibt.
Es wurde in den 90ern in die Luft gesprengt und ist nicht mehr im Betrieb, aber die Tresore funktionieren immer noch einwandfrei.
Sie werden immer noch von verschiedenen Kartellen zum Aufbewahren von wichtigen Dokumenten benutzt, so auch von meinen Eltern.
Wir könnten morgen hinfahren und sehen was darin versteckt ist."
Schlug er vor.
Das klang tatsächlich interessant doch ich war dennoch misstrauisch.
„Und wie willst du herausfinden welcher Tresor deinen Eltern gehört? Er ist doch bestimmt verschlüsselt wie sollen wir daran kommen?"
Fragte ich nervös.
„Ich war schon dort. Ich habe den Safe meiner Eltern gefunden und eine Nummer habe ich auch, du musst dir also keine Sorgen machen."
Versuchte er mich zu beruhigen.
„Und was ist, wenn das Alles wieder schief geht? Was, wenn uns jemand auflauert oder sonst irgendwas passiert?"
Hakte ich weiter nach.
Nervös kaute ich an meiner Unterlippe rum, was Elyas zu merken schien.
„Ich habe mich um alles gekümmert.
Tim ist auch eingeweiht.
Er hat zwar nicht viel Erfahrung aber er ist stärker, als man denkt.
Du bist also durch uns beide geschützt. Glaub mir, dir wird nichts passieren."
Erklärte er zumutlich, was mich schließlich wieder einmal dazu brachte, ihm zu vertrauen.
Immer wieder ließ ich mich auf ihn ein, ließ mich von ihm überzeugen und immer wieder wurde es mir zum Verhängnis.
Ich sah kurz aus dem Fenster, um nachzudenken.
Was sollte schon passieren, schlimmer als es war, konnte es doch gar nicht werden.
Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah ihm direkt in die giftgrünen Augen,
die mir sowohl eine Gänsehaut, als auch ein merkwürdiges Gefühl im Bauch bereiteten.
„Ich vertraue dir."
Sagte ich also schließlich.
Ihm schien ein Stein vom Herzen zu fallen, erleichtert stand er auf und sah mich dankend an.
„Dann sehen wir uns also morgen?"
Fragte er hoffnungsvoll.
„Ja, morgen also."
Bestätigte ich und zwang mich zu einem Lächeln.
Er steuerte die Tür an.
„Du solltest schlafen gehen, es ist spät."
Fügte er noch in einem befehlerischen Ton zu und verließ dann mein Zimmer.
Immer, wenn ich das Gefühl hatte, in Elyas etwas Nettigkeit oder Empathie zu sehen, machte er es sofort danach mit seiner arroganten Selbstgefälligkeit zu nichte.
Ich wurde aus ihm einfach nicht schlau.
Und morgen begleite ich ihn zu diesem Bankgebäude, ich konnte einfach nicht glauben, dass er mir wirklich helfen wollte.
Warum sollte er auch?
Das Alles musste einen Haken haben.
Wollte er mich irgendwem ausliefern?
Oder war er selbst das Problem?
Ich wollte ihm nicht vertrauen aber ich hatte auch keine andere Wahl.
Morgen würde ich möglicherweise an alle Antworten kommen, die ich mir seit dem ersten Tag hier erträumt hatte.
Morgen würde ich Klarheit haben.
DU LIEST GERADE
Stockholm
RomanceMehr und mehr realisierte ich, dass „Bis der Tot uns scheidet", kein Segen war. Es war ein Fluch. Kenna's Leben könnte banaler gar nicht sein. Ihre Zeit verbrachte sie schon immer im Schatten anderer, bis sie an einem schicksalhaften Abend zur fals...