Mein Leben war zerstört, meine Zukunft ebenfalls.
Mehr und mehr realisierte ich, dass
„Bis der Tot uns scheidet", kein Segen war.
Es war ein Fluch.
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„Kannst du mal aufhören, mich ständig herumzukommandieren? Es nervt!"
Rief ich Elyas nach, der hektisch auf sein Auto zu ging und schon an der Fahrertür angekommen war.
Bei meinen Worten drehte er sich zu mir um und kam mit finsterer Miene auf mich zu.
„Kannst du mal aufhören, dich an meinen Bruder ranzumachen? Das ist ekelhaft!"
Konterte er.
Sein Ernst? Schon wieder konnte ich nicht glauben, was da gerade aus seinem Mund kam.
"Bist du eifersüchtig, oder was?"
Mir war klar, wie kindisch diese Frage war. Aber er hatte angefangen mit dem kindischen Verhalten.
Er lachte.
„Nein, ich habe Mitleid, dass er seine Zeit mit so 'ner Schlange verbringt."
Nach dieser Aussage spuckte ich auf seinen Schuh. Erschrocken starrte er erst nach unten und dann wieder zu mir.
Nun war ich es, die lachte.
"Die Schlange wird dir gleich den Kopf abreißen!"
Bei diesen Worten bohrte ich meinen Zeigefinder in seinen Brustkorb und stieß ihn von mir weg.
Er stolperte mit Absicht ein paar Meter nach hinten und hielt sich übertrieben die Stelle auf der Brust, als hätte es ihm wirklich wehgetan.
"Ich sagte Schlange, nicht Lama!
Und jetzt steig ein, das Geld verdient sich nicht von alleine."Eine halbe Stunde später parkte Elyas seinen Wagen auf dem Parkplatz eines Hafens.
Er stieg aus und ohne auf mich zu warten marschierte er auf ein Containerschiff zu. Im Auto haben wir uns ebenfalls ignoriert.
Ich musste fast rennen um bei seinem Tempo mitzuhalten. Er hingegen würdigte mich keines Blickes und blieb kurz vor der Rampe, die auf das Schiff führte stehen.
Wieder dieser Giftige Blick, seine grünen Augen, die die meinen durchstachen.
„Hör zu, Kleine. Mit diesen Typen ist nicht zu spaßen. Halt besser deine vorlaute Klappe."
Ich bekam Gänsehaut, als er diese Worte aussprach.
Mein Gott, man musste doch nicht alles so überdramatisieren.
Als wir an Bord kamen, blickte ich in fünf belustigte Männergesichter.
Sie machten sich wohl einen Spaß daraus, dass Elyas in begleitung eines „kleinen Mädchens" war.
Auch Elyas schien nicht begeistert darüber, dass wir hier waren, aber ein Kunde war nunmal ein Kunde.
Einer der Männer, der offensichtlich der Anführer der Gruppe war, kam auf uns zu. Er war ein schmieriger Italienischer Mann in seinen vierzigern und machte mir mit seiner Ausstrahlung irgendwie Angst.
Er unterhielt sich mit Elyas, doch schielte währenddessen die ganze Zeit zu mir rüber. Es machte mir Angst und ich musste an Elyas' Warnung denken, weswegen ich auf den Boden starrte. Ich fühlte mich unwohl.
Sie beendeten ihr Geschäft und ich atmete erleichtert aus, als wir die Tür erreichten, die uns wieder nach draußen führen sollte, rief der Mann uns oder besser gesagt mich wieder zurück.
„Kenna Steward?"
Ich fuhr herum, was wohl der größte Fehler meines Lebens war. Ich hätte es ignorieren und weiter gehen sollen, doch es war so ein Reflex.
„Du bist so wunderschön wie deine Mutter."
Sagte der Italiener, was mich in eine Schockstarre verfallen ließ.
„Woher kennen sie meine Mutter?"
Fragte ich verwundert.
Das musste eine Verwechslung sein.
„Ich kenne sie schon seit Ewigkeiten, in etwa, seit sie so alt war wie du.
Wir waren Geliebte."
Entgegnete er mit nostalgischem Unterton.
Ich glaubte ihm kein Wort.
„Ja ja, schon gut, Gustavo.
Wir müssen jetzt weiter, wir haben noch andere Kunden."
Mischte sich Elyas ein. Doch der Schmierige Italiener ging gar nicht darauf ein. Stattdessen machte er eine Handbewegung, woraufhin zwei seiner Handlanger aufstanden, die Elyas und mich festhielten.
„Deine Mutter und ich liebten uns, bis dein Vater kam, mit seinem übertriebenen Charme und sie mir wegnahm. Ich hätte ja nie Gedacht, dass sie mit diesem Hochstapler ein Kind zeugen würde."
Seine Lästereien über meinen Vater brachten mich zur weißglut.
„Als ich deinen Namen in den Nachrichten gehört habe, konnte ich es kaum glauben, Kenna. Sie hat dich nach deiner Großmutter benannt."
Er hatte recht.
„Doch dann dein Bild, du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten."
Er machte eine kurze Pause, die seine Ansprache wohl dramatisch wirken lassen sollte.
„Und jetzt, wo du mit diesem Schönling hier auftauchst, macht alles Sinn!
Er hat dich aus den Fängen deines bösen Entführers befreit, und aus Angst vor deinen Eltern, bist du mit ihm durchgebrannt und ihr habt euch in einander verliebt."
Ich musste mir das lachen verkneifen. Wenn er nur wüsste, wie falsch er lag.
„Aber mach dir nichts drauß, bei deinen Eltern hätte ich auch Angst, nachhause zu kommen."
Wovon redete er da?
„Ob dein Schöner Elyas immer noch so schön ist, wenn ich ihm ein paar Knochen gebrochen habe?"
Er lachte böse und rieb sich die Hände, ich war mir sicher, dass dieses Lachen mich noch in etlichen Alpträumen verfolgen wird.
Aber ich entschloss mich dazu, diese Lüge mitzuspielen, hoffentlich konnte Elyas genauso schnell denken, wie ich.
Ich hatte einen Plan und wenn er mitspielte, könnten wir hier beide unversehrt rauskommen.
Ich zappelte wild umher, wollte mich gegen die Männer, die mich festhielten wehren und versuchte zu schreien.
Gustavo drehte sich erwartungsvoll zu mir um.
„Möchtest du etwas dazu sagen?"
Fragte er belustigt.
„Bitte, lasst ihn gehen."
Ich war völlig aus der Puste und sah verschwörerisch zu Elyas.
Er schien meinen Plan zu durchschauen.
„Bitte, er ist alles für mich, lasst ihn gehen, nehmt stattdessen mich."
Flehte ich.
Ich war in diesem Moment so zuversichtlich, dass Elyas das richtige tun würde, auch wenn er mich nicht ausstehen konnte, hatte ich das Versprechen, dass die ganze Familie alles für mein Überleben tun würde.
Er würde mich hier nicht sterben lassen.
„Wie rührend, du opferst dich für das Leben deines Geliebten. Sollte es nicht eigentlich andersrum sein?"
Ich ignorierte seine Provokation und sah ihn weiterhin flehend an.
„Na schön, wenn das dein Wunsch ist."
Er nickte seine Männer an, die Elyas umgehend zum Ausgang schupsten.
Einer öffnete die massive Stahltür und schmiss Elyas raus, ehe er die Tür schloss, hörte ich ihn noch rufen.
„Ich hol dich da raus, versprochen."
Dann wurde die Tür mit einem lauten Knall zugeschmissen.
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Stockholm
RomanceMehr und mehr realisierte ich, dass „Bis der Tot uns scheidet", kein Segen war. Es war ein Fluch. Kenna's Leben könnte banaler gar nicht sein. Ihre Zeit verbrachte sie schon immer im Schatten anderer, bis sie an einem schicksalhaften Abend zur fals...