Kapitel 18

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Ich vertraute Elyas mein Leben an, obwohl wir uns nicht einmal ausstehen konnten.
Und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass er mich hier rausholen würde.
Ich war mir so sicher.
Gustavo packte mich am Nacken und schob mich vor sich her zu einer Tür, die er öffnete.
Er schubste mich in den kleinen Raum und schloss die Tür wieder.
Seitdem hatte ich jegliches Gefühl von Zeit verloren.
Ich wusste nicht, wie lange ich schon in diesem Raum verweilte. Stunden, Tage?
So fühlte es sich zumindest an.
Auf einmal öffnete sich die Tür und Licht drang zu mir hindurch, welches jedoch von Gustavo's breit gebauten Körper verdeckt wurde.
Er sah herrisch zu mir hinab.
„Denkst du wirklich, dein Freund wird kommen um dich zu retten?"
Fragte er mit ignoranter Stimme.
„Das wird er, wir lieben uns!"
Versuchte ich so dramatisch wie möglich zu antworten.
„Ach ja, die Liebe."
Schnitt er melodramatisch an und kam einen Schritt auf mich zu.
„Ich dachte wirklich, ich hätte sie in deiner Mutter gefunden.
Aber als dein Vater sie mir wegnahm, hatte die Schlampe nur noch Augen für ihn."
Ich spuckte ihm auf die Füße, wie ich es zuvor bei Elyas tat.
„Reden sie nicht so über meine Mutter!"
Befahl ich.
„Außerdem glaube ich ihnen diese Geschichte nicht! Was würde meine Mutter von so einem Typen wie ihnen wollen?"
Fragte ich empört.
Er kramte etwas aus seiner Hosentasche hervor und überreichte es mir.
Es war ein altes Bild.
Ein junges Pärchen, das aneinander geschmiegt auf einer Brücke stand, im Hintergrund ein wunderschöner Sonnenuntergang.
Der Mann war Gustavo, keine Zweifel. Und die Frau?
Beim näheren Betrachten erkannte ich sie.
Meine Mutter.
Er hatte die Wahrheit gesagt.
Ich sah ihn verdutzt an.
„Ich war nicht immer so, deine Mutter hat mich zu dieser Person gemacht!"
Rechtfertigte er sich.
Doch nichts in der Welt rechtfertigte dieses Verhalten.
„Warum bin ich hier?"
Fragte ich unsicher.
Wollte ich das denn wirklich wissen?
„Du denkst wirklich, Elyas liebt dich über alles, hm?"
Begann er. Er würde wirklich einen guten Schauspieler abgeben.
„Weißt du, ich kenne ihn und seine Familie schon viele Jahre.
Glaub mir, wenn ich sage, dass er dich schon längst vergessen hat.
Du bist nichts besonderes. Weder für ihn, noch für seine Familie."
Wenn er nur wüsste.
„Ich will, dass du das durchmachst, was ich durchmachen musste."
Stellte er triumphierend fest.
„Und wieso?"
Fragte ich. Langsam riss mir der Geduldsfaden. Der Typ hatte sie doch nicht mehr alle.
„Ganz einfach, weil du dann leidest. Und wenn du leidest, leidet deine Mutter auch."
Er klang so verrückt.
Wahrscheinlich hatte meine Mutter ihm nicht nur das Herz gebrochen sondern ihm noch dazu sämtliche Sicherungen rausgerissen.
„Das heißt, das hier ist alles eine Racheaktion gegen meine Mutter und ich bin nur hier, weil Sie damals einen Korb bekommen haben?"
Stellte ich das Ganze in Frage.
„Du lernst schnell!"
Lobte er und legte wieder eine dieser Dramatik-Pausen ein.
„Ich gebe deinem Liebling drei Tage, genau so lange, wie deine Mutter brauchte um mich gegen deinen Vater einzutauschen.
Wenn er bis dahin nicht zurückgekommen ist, um dich zu retten, werde ich dich vom Schiff schmeißen."
Mit diesen Worten verließ er meinen kleinen Raum wieder und schmiss hinter sich die Tür zu.
Drei Tage, oh Gott, bitte Elyas, bitte tu das Richtige!

StockholmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt