40. Kapitel

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•Der Schein trügt.•

Man denkt, Menschen zu kennen, mit denen man sein ganzes Leben verbracht hat, jeden Tag, und doch kommt irgendwann die bittere Wahrheit ans Licht. Eine Wahrheit, die dich entweder mehr als glücklich, oder dich unglücklich macht.
Man vertraut nahestehenden Menschen, weil man es gewohnt ist, Ihnen zu vertrauen. Es sind entweder deine Freunde oder Familie, vielleicht auch Fremde, denen man sein vollkommenes Vertrauen schenkt. Denn man braucht doch solche Personen, oder etwa nicht? Man braucht Menschen, die für dich da sein sollen, wenn es dir nicht gut geht, oder?? Die, dir helfen können, die dich blind verstehen können.
Doch was passiert, wenn manche Personen in deinem Leben genau das, was für dich in deinem Herzen am wichtigsten ist, ausnutzen?
Jeder Mensch hat oder hatte ein Geheimnis, welches man vielleicht noch nie jemanden erzählt hatte. Vielleicht ist es so dermaßen schlimm, dass man Angst davor hat, wie die Personen, die man liebt, reagieren. Oder was am schlimmsten ist, sie zu verlieren. Kann man das in Kauf nehmen?? Oder soll man für den Rest seines Lebens ein Geheimnis hüten und niemals jemanden davon erzählen?
Starr saß ich auf meinem weichen Bett, mein Rücken an die Wand gelehnt, und beantwortete meine eigenen Fragen wie von selbst, da ich den Brief den ganzen Tag in der Hand hatte und ihn gefühlte 50x gelesen habe. Die Kopfhörer fanden in meinen Ohren Platz, und laute Musik umhüllte mein Trommelfell, da ich vergeblich versuchte, mich abzulenken, von all den Fragen, die ich hatte. Auch umgab jede Sekunde ein qualvolles Stechen mein Herz, sodass ich mir jedes Mal versuchte, es mit meiner Hand zu massieren. Sie waren qualvoll und unerträglich, denn mein Herz war und ist es, dass mir so große Schmerzen zufügen kann.
Wisst ihr, und das schlimmste ist, dass ich in dem Moment, als ich diese wenigen Zeilen las, nur an eine Person denken konnte, die auch in dieser Sache verwickelt war, und zwar allein wegen der Schuld unserer Eltern. An meinen Beschützer, Sinan. Wir sind alle unschuldig und doch so schuldig. Ich dachte in diesem Moment an die Geschichte, die mir Sinan erzählt hatte, von Yagmur und Hasret, dem Wasser und dem Feuer. Unmögliche Vereinigung, verbotene Liebe.
Ich hätte nie jemals an so etwas geglaubt, doch jetzt ist es die Wahrheit, die mich umzingelt hat. Sinan und Ariana, das wird es niemals geben können. Wir sind verdammt, unsere Liebe zueinander wäre verboten.

- Stunden davor -

,,Das ist unmöglich, was du da erzählst! Ich kann es nicht mehr hören!" Aufgebracht lief Sinan durch das Zimmer, seine Hände verweilten an seinen Ohren und ich schaute, immer noch kniend, bedrückt auf den Boden, nachdem ich ihm alles versuchte, zu erklären. Ich traute mich nicht mehr etwas zu sagen, denn ich hielt es genauso für unmöglich. Ich war sichtlich enttäuscht, und das von meinem eigenen Vater. Allein die Affäre mit der Mutter von Sinan, und dass daraus Kaan entstanden ist, brachte mich um. Fragen häuften sich in meinem Gehirn, denn Kaan lebte wahrscheinlich sein Leben lang in Unsicherheit und in einem Leben ohne Informationen. Die falschen Eltern, wahrscheinlich hatte man ihn abgegeben. Doch wie ist es alles möglich?? Ist es überhaupt möglich?? Und vor allem: Wer wusste oder weiß von diesem großen Geheimnis??
,,Dein Vater und meine Mutter", flüsterte Sinan wiederholte Male, bis ich es nicht mehr hören konnte, und mich auf dem Boden legte. Anstatt dass er mich nun trösten würde, tat er es nicht. Ich hörte nur seine schnellen Atemzüge, die mehrere Meter von mir entfernt schienen. ,,Sind wir jetzt sowas wie Halbgeschwister, oder was?!", fragte er schreiend und ich zuckte erschrocken zusammen. Ich hatte Angst. Angst vor ihm, Angst vor der Zukunft. ,,Sinan, nein! Mein Vater und deine Mutter haben vielleicht ein Kind, aber das hat nichts mit uns zu tun", flüsterte ich ängstlich, und versuchte vergeblich aufzustehen. Als ich vor ihm stand, und eine Hand auf seine Schulter legte, nahm er sie weg, und ballte seine Hände zu Fäusten. Meine Augen füllten sich mit dem altbekannten Wasser von Tränen und ich schluckte den schweren Klos herunter, der sich in meinem Hals gebildet hatte. ,,Nein, es funktioniert nicht, verstehst du das? Allein dieser Gedanke daran, dass meine Mutter mit jemanden anderen geschlafen hat, und zwar mit deinem Vater! Mit dem Vater von dem Mädchen, dass ich über alles liebe!", schrie er verzweifelt und ich bemerkte seine Enttäuschung und Wut in den Augen, weswegen sich mein Herz schmerzvoll zusammenzog. ,,Sinan...", fing ich an, doch er ließ mich nicht ausreden: ,,Nein, lass es einfach. Ich kann das nicht. Ich gehe." Fest entschlossen verließ er das Haus, und ließ mich verdutzt stehen, traurig, wütend, enttäuscht, verwirrt, voller Fragen, auf denen es keine Antwort gab. In einem großen Gefühlschaos.

Schicksal führt zusammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt