48. Kapitel

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Wahre Liebe siegt immer.

Meine Hand, die sich am Türrahmen befand, sank augenblicklich und ich spürte, wie jede einzelne Kraft meinen Körper verließ. Meine Augen verharrten auf einer Stelle, auf den Teppichboden. Wie in Trance bewegte ich mich aus der Sichtweite, und Schritt für Schritt betraten meine kleinen Füße die jeweiligen Treppen, die in die obere Etage führten. Ich konnte keinen der Personen in die Augen sehen. Niemanden. Und erneut bemerkte ich, dass mein Leben vollkommen vorherbestimmt wurde. Zu einem traurigen Leben, voller Leid und Schmerz.

Zielsicher kam ich in meinem Zimmer an, und legte mich blitzartig auf mein Bett. Meinen Kopf vergrub ich auf meinem Kissen und ich spürte, wie sich schon mehrere Tränen in meinen Augen sammelten. Vielleicht denkt ihr, ich übertreibe?? Doch wisst ihr überhaupt warum ich es tat?? Mein Bruder, den ich vollkommen vertraute, dachte darüber nach, mich mit Ismail heiraten zu lassen. Mit dem Cousin von Cemre, der eigentlich mit ihr heiraten sollte! Schon klar, dass ich weiß, dass er mir das niemals antun würde, doch allein dass er darüber mit jemanden reden wollte, und die Antwort nicht sofort wusste, verletzte mich.

Lange verweilte ich in meinem Zimmer, und dachte über alles darüber nach, was in den letzten Monaten passiert war. Vergeblich versuchte ich nach wahren Antworten zu suchen, doch wie es Kaan gesagt hatte - womöglich ist es wirklich ein Rätsel, und um dahin zu gelangen, muss ich die Puzzleteile zusammensetzen.
»Mach die verdammte Tür auf!«, hörte ich urplötzlich eine raue, männliche Stimme, die wie verrückt an meine Tür hämmerte. Erschrocken, aber auch erleichtert atmete ich auf, als ich hörte, dass es mein Bruder war. Zwar wollte ich auf keinen Fall mit ihm reden, doch ich durfte keine Anzeichen geben, dass ich wütend bin. Blitzschnell stand ich auf, wusch mein verlaufendes Make-up ab und bewegte mich zu der Tür, um sie im nächsten Moment zu öffnen. Mit schnellem Herzschlag stand mein Bruder vor mir, und schaute mich bedrückt an. »Ist alles okay? Du bist nicht mehr runtergekommen.«, fing er an, und eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Körper. Mit einem Klos im Hals nickte ich nur, und schaute in seine dunkel braunen Augen. »Fühlst du dich nicht gut?« Ich schüttelte den Kopf, und zeigte ihm mit dieser Bewegung, dass es mir gut ging, obwohl es überhaupt nicht der Fall war. »Hast du Lust heute einen Ausflug zu machen? Ich dachte, wir können wieder etwas zusammen unternehmen. Du, Cemre, Sinan und ich.« Meine Augen blitzten auf, und meine Augenlider rissen sich im null Komma nichts auf. Mit leicht offen stehendem Mund betrachte ich sein lächelndes Gesicht, und ich wusste, dass er schnell eine Antwort hören wollte. Mein Herz pumpte das Blut durch meine Adern, und ich konnte förmlich spüren, wie sie das Tempo verschnellerten. »Mit Sinan?«, stotterte ich, und schlug mir innerlich daraufhin gehen meine Stirn. Wieso habe ich nachgefragt?? Ich merkte, wie ich es noch auffälliger gemacht hatte, da er sein Gesicht verzog und mich ernst ansah. »Ja, ist das schlimm? War er nicht nett zu dir?«, fragte er, und ballte seine Hand zu einer Faust. »Nein, alles okay.« Mit zitternden Händen richtete ich aus Nervosität meinen Zopf, und fragte mich augenblicklich, wie ich diesen Tag überstehen könnte, da ich jedem etwas Vorspielen musste. Mein Lächeln. Mein Lächeln, dass ich jeden Tag auf's Neue fälschen musste.
»Mach dich bitte fertig. In einer Stunde treffen wir uns unten.«, flüsterte er noch, und gab mir einen Kuss auf die Stirn, ehe er anschließend mein Zimmer verließ. Mit verharrtem Blick schaute ich ihm hinterher. Ich wusste nicht, was ich von all dem halten sollte, und was ich nun lediglich tun sollte. Erstens war ich noch immer enttäuscht von meinem Bruder, und zweitens wusste ich einfach nicht, warum Sinan mit uns gehen sollte. Verzweifelt schloss ich die Tür und ging mit langsamen Schritten in die Dusche.

Das heiße Wasser prasselte auf meinen kalten Körper, und durchzog in mir eine Gänsehaut. Mit meinen Händen säuberte ich mein Gesicht von den Tränen, und fragte mich immer wieder, was ich falsch gemacht hätte, dass ich das alles verdient habe.

Schicksal führt zusammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt