~ 13 ~

287 25 12
                                    

Jimin

"Was ist das für eine Rede?", fragte er schließlich. Und ich war ihm dankbar für die Unterbrechung der bedrückenden Stille.

"Die ist für einen Ball.", berichtete ich kurz, doch Yoongi sah mich auffordernd an, weshalb ich noch näher darauf einging. "Auf dem Ball soll ich mir meine zukünftige Königin aussuchen." Ich seufzte leise.

"Uhhhh.", machte Yoongi. "Und? Weißt du schon wen du nimmst?", fragte er. "Hast du in all den Stammbüchern irgendwelche Bilder?" Sofort ging er zu meinen aufgeschlagenen Bücher auf meinem Tisch zu. Tatsächlich hatte ich darin nach den eingeladenen Prinzessinnen gesucht.

"Nein.", beantwortete ich seine Frage. Ich ging zu ihm rüber und blätterte in ein paar der Bücher rum, bis ich die richtigen Seiten fand. "Mit Prinzessin Soyeon könnte ich unser Land erweitern. Allerdings könnten wir mit Prinzessin Wheein unser vermögen am Besten erweitern. Aber Prinzessin Tzuyu hat das beste Führungsvermögen.", rätselte ich mit mir selber rum. Dabei zeigte ich auf die passenden Bilder.

"Und wen liebst du?", fragte mich Yoongi. Diese Frage brachte mich aus dem Konzept. Liebe? Ich konnte nicht nach Liebe heiraten. Zumal ich noch nie welche erfahren hatte.

"Wie fühlt sich das an?", fragte ich. Yoongi schaute mich verblüfft an.

"Wie sich das anfühlt? Warst du noch nie...?" Ich schüttelte mit dem Kopf. Er räusperte sich kurz. "Das fühlt sich bei jedem unterschiedlich an und viele reden von Schmetterlingen im Bauch, aber bei mir ist das eher ein warmes, wohliges Gefühl in der Brust. Bei der Person, die ich liebe, komme ich zur Ruhe und ich möchte ständig bei ihr sein." Das klang wunderschön. Aber ich würde wohl nie nach Liebe heiraten dürfen.

"Hast du eine Prinzessin in deinem Leben?", fragte ich. Ich wusste diese Frage war sehr Privat, aber ich wollte mehr über dieses Gefühl wissen, was ich vermutlich nie erfahren würde. Ich weiß nicht, aber irgendwie glaube ich, dass ich nicht im Stande bin zu lieben, weil ich noch nie diese gewisse Anziehung gegenüber Frauen empfunden habe.

"Na, ja. Nicht direkt. Ich date ein Mädchen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich was wird."

"Warum nicht?", fragte ich. Yoongi druckste ein wenig herum.

"Ich weiß nicht. Sie ist zwar nett und süß und so, aber für meinen letzten Ex-Freund hatte ich mehr empfunden und nur eine halbe Liebe hat sie nicht verdient. Ich meine, ich versuche es noch mit einen paar Dates, aber mal gucken." Das arme Mädchen. Yoongi wäre bestimmt ein ziemlich guter Zeitgenosse, zumal er auch sehr hübsch war. Moment...

"Ex-Freund?", sprach ich meine Verwirrung aus. Yoongi nickte.

"Das ist wenn du dich von deinem vorherigen Lebenspartner getrennt hast." Ich wedelte mit der Hand seine Erklärung weg.

"Ich weiß was das ist.", sagte ich entrüstet. "Freund?", fragte ich also noch mal nach. "Also ein Mann und keine Frau?"

"Ja.", meinte Yoongi, als ob es nichts wäre.

"Aber du bist ein Mann.", versuchte ich meine Gedanken zusammen zu fassen.

"Gut erkannt.", kommentierte Yoongi mich. "Ist es bei euch etwa nicht so, dass ein Mann auch einen Mann lieben kann und eine Frau auch eine Frau?" Ich schüttelte verwirrt den Kopf.

"Ist das so ein neues Zukunftsding?"

"Ne, eigentlich nicht.", meinte Yoongi gedehnt. "Das ist ein ganz natürlicher Effekt der Natur, der aber in Zukunft anerkannter ist als in deiner Zeit." Ich schwieg und dachte nach. "Wie sieht es denn bei dir aus? Findest du... keine Ahnung... es heiß, wenn... ich weiß nicht... deine Ritter trainieren?"

"Wie bitte?", kam es nach einer zu langen Pause von mir. Ich hatte mich doch wohl verhört.

"Na ja... Findest du einen deiner Ritter oder Diener oder sonst jemanden sehr sehr gut aussehend oder attraktiv." Unauffällig lies ich meinen Blick komplett über Yoongi mit seinen leicht gekippten Augen, seiner hellen Haut und seinem außergewöhnlichen Kleidungsstiel wandern.

"Jetzt wo ich darüber nachdenke. Mir kommt da jemand ins Gedächtnis.", gestand ich kleinlaut.

"Und willst du diese Person küssen?", fragte Yoongi weiter. Ich merkte wie meine Wangen immer wärmer wurden. Darüber denkt man nicht nach, ohne wirkliche Absichten zu haben! "Das nehme ich wohl als ja. Und wer weiß, vielleicht spielt sich ja mehr in deinem Köpfchen ab." Interpretierte er mit einem Grinsen im Gesicht. Leicht schlug ich ihn gegen seine Schulter. Die Menschen in der Zukunft waren einfach viel zu offen für das Thema.

"Und wie findest du Mädchen?", fragte Yoongi so unverschämt weiter. Ich zuckte mit den Schultern.

"Normal?" Es klang mehr wie eine Frage, als eine Antwort. Ich fand Mädchen tatsächlich normal. Sie trugen schöne Kleider und konnten meistens gut tanzen. Ich überraschte mich selbst, wie uninteressant ich Mädchen eigentlich fand im Gegensatz zu Yoongi.

Yoongi lachte. "Normal? Ich würde sagen, willkommen bei den Schwulen." Ich war mehr als verwirrt. Was man mir wohl auch ansah, denn Yoongi erklärte weiter. "Wenn man als Junge ein Mädchen mag oder umgekehrt ist man hetero. Wenn ein Junge nur Jungs mag ist er schwul und wenn ein Mädchen nur Mädchen mag ist sie lesbisch. Und wenn man beides mag, so wie ich, dann ist man bi. Okay?" Ich war immer noch verwirrt.

Das ging doch gar nicht... Oder doch?

Der Ton aus dem Handy, der Yoongi sagte, wann er wieder in die Zunft zurück musste ertönte und unterbrach somit meine Überlegungen. Er sprang auf und reichte mir seine Hand. Ich nahm diese entgegen und er zog mich mit hoch.

Zusammen gingen wir zu meinem Ankleidezimmer. Im Raum drehte Yoongi sich noch einmal zu mir um und wuschelte durch meine Haare. "Wir sehen uns, Jimin." Und schon war er verwunden und ließ mich völlig perplex zurück.

Ich dachte diesen Abend noch lange über seine Worte nach. Je später es wurde, desto mehr wurde mir klar. Ich mochte die Art, wie Yoongi mir versuchte seine Welt zu erklären, ich mochte die Art, wie er sprach und dazu gestikulierte. Ich mochte seinen Geruch und genauso sein Aussehen.

Ich mochte Yoongi.

Am Abend kreisten mir diese Gedanken beim Abendessen immer noch im Kopf herum.

"Was bedrückt dich, Jimin?", fragte meine Mutter, nach etlichen Seufzern meinerseits. Hoseok, der mir gerade ein Wasser brachte, gab mir einen stechenden Seitenblick.

"Ich will diesen Ball nicht.", sprach ich es direkt heraus. Meine Familie erstarrte in ihrer Bewegung.

"Wie bitte?", fragte mein Vater noch mal nach.

"Ich will diesen Ball nicht.", wiederholte ich. "Ich bin noch nichts so weit. Ich will keine Königin an meiner Seite." Jihyun sah mich geschockt an, während meine Mutter versuchte mitfühlend auszusehen. Mein Vater schloss seine Faust um sein Besteck noch fester, so dass seine Knöchel weiß hervorstachen.

"Hör mal, Jimin.", versuchte meine Mutter mit mir zu reden. "Das mag für dich ein wenig beängstigend wirken. Du wirst bald König und dann brauchst du eine Frau. Ich kann verstehen, dass-"

"Nein, kannst du nicht.", unterbrach ich sie harsch. Ich legte mein Besteck zur Seite. "Ich kann einfach keine Frau heiraten. Ich bin nicht so weit."

"Du weißt wohl nicht, was es heißt Verpflichtungen zu haben.", begann mein Vater bedrohlich ruhig.

"Doch, das weiß ich aber-"

"Es sind alle Königreiche informiert, alles organisiert und unser Volk erwartet das. Wir können das nicht einfach alles vergessen, nur weil du dich noch nicht bereit fühlst." Zum Ende hin fing an seine Stimme zu zittern. Immer ein Zeichen, dass er gleich die Fassung verliert.

"Bitte, Vater, ich kann nicht-"

"Du kannst! Und du wirst! Wir können es uns nicht leisten das Gespött des Landes zu sein! Und du suchts dir eine Braut aus. Jetzt geh auf dein Zimmer und denke über dein Verhalten nach." Still stand ich auf und ging den Flur entlang zur Treppe.

Ich nahm es meinem Vater nicht übel. Vor kurzem ist meine Großmutter erst von uns gegangen und seit dem ist er leicht reizbar. Außerdem hatte er ja recht. Das hatte ich auch versucht Yoongi zu erklären.

Ich hatte keine Wahl. Ich musste eine Pflicht erfüllen.

Timetraveller | YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt