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Jimin

"Und, mein Sohn?", fragte mich mein Vater gerade beim Frühstück. "Wer ist unsere zukünftige Schwiegertochter? Ich konnte sie gestern bei der Verabschiedung nicht definieren." Augenblicklich erstarrte ich mitten in meiner Bewegung.

Nach meinem fatalen Antrag bei Yoongi hatte ich mich erst in die Bibliothek zurück gezogen, um dort meiner Trauer freien lauf zu lassen. Später war ich in den Ballsaal zurück gekehrt, doch ohne einen Plan wen ich nun heiraten sollte. Ich wollte nach wie vor niemand anderen lieben, außer Yoongi. Und ich hasste mich dafür. Wieso konnte ich nicht normal sein? Warum musste es ausgerechnet dieser Lump sein?

"Das... das soll eine Überraschung werden.", antwortete ich meinem Vater kleinlaut.

"Oho.", meinte mein Vater fröhlich. "Eine Überraschung. Da will uns jemand auf die Folter spannen. Wann dürfen wir sie denn kennen lernen?" Er konnte echt nicht nachgeben.

"Bald.", brachte ich nur heraus. Ich schob meinen Teller von mir weg. Ich hatte vorher schon keinen Appetit mehr gehabt, aber jetzt war mir übel. "Dürfte ich mich entschuldigen, um mit meiner... Verlobten in Kontakt zu treten?", fragte ich meine Eltern.

"Aber natürlich, mein Schatz." Meine Mutter lächelte mich liebevoll an. "Frauen lässt man nicht lange warten." So schnell ich konnte stand ich auf und rannte schon fast in mein Zimmer. Dort schmiss ich mich auf mein Bett und ließ wieder meinen Tränen freien lauf.

Ich hatte alles vermasselt. Jetzt hatte ich nicht nur Yoongi verloren und das auch noch mit dem schlechtesten Abschied diesen bis seinem Jahrhundert, sondern nun enttäuschte ich auch noch meine Familie. Ich konnte mir ihre Reaktion nicht ausmahlen, wenn sie heraus fanden, dass es keine Verlobte gab. Nachträglich konnte ich sowieso keine mehr fragen.

"Jimin?" Es war Jihyun. Hastig wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und drehte mich zu ihm um. Ich versuchte ein lächeln. "Du brauchst nicht so zu tun.", stellte mein Bruder klar. "Ich kenne dich dafür einfach zu gut."

Sofort liefen mir wieder Tränen über die Wangen. Jihyun schloss die Tür und kam zu mir herüber. Vorsichtig nahm er mich in den Arm. Erst sagte erst gar nichts, wofür ich ihm sehr dankbar war. Ich konnte mich einfach an seiner Schulter ausweinen, ohne mal wieder etwas mit meinen Worten zu ruinieren.

Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, fing Jihyun an zu fragen. "Gibt es überhaupt eine Verlobte?" Nach kurzem Zögern schüttelte ich meinen Kopf. "Bist du- Hast du- Verzeihung, wenn diese Frage aufdringlich oder gar unangemessen ist, aber magst du den jungen Mann, der gestern bei dir war?"

"Wie kommst du darauf?", fragte ich etwas verwirrt. Ich hatte nie jemandem erzählt, dass ich anscheinend Männer mochte. Geschweige denn hatte ich jemandem von Yoongi erzählt oder gar hat mich vorher jemand mit ihm gesehen.

"Nun ja. Als wir vor ein paar Tagen Nachts zusammen in der Küche waren, da hast du mir im Prinzip gesagt du würdest die Krone gerne abgeben können. Auf dem Ball hattest du nie mit ein und demselben Mädchen zwei mal getanzt, bist aber immer wieder zu diesem Mann zurück gekehrt. Außerdem siehst du mit ihm glücklicher aus, so weit ich das beurteilen kann, und ihr seid in Richtung Rosengarten verschwunden. Den Ball hast du nur ein mal verlassen und nicht zwei mal." Okay, so unauffällig wie ich dachte waren wir wohl doch nicht.

"Du hast recht." Ich atmete tief durch. "Das Problem ist, ich mag ihn nicht nur. Ich liebe ihn." Ich wartete auf eine besondere Reaktion von Jihyun, doch dieser überlegte nur.

"Hat er 'Ja' gesagt? Wollte er dich heiraten?" Ich schüttelte den Kopf, wobei mir wieder mehr Tränen die Wangen runter flossen.

"Ich werde ihn wohl nie wieder sehen.", schluchzte ich.

"Was für ein Schuft." Jihyun sah mich besorgt an. "Man schlägt einen Antrag nicht einfach so aus und lässt sich dann nie wieder blicken. Wenn er einen funken Anstand besitzt sucht er noch einmal ein Gespräch auf."

"Findest du das nicht komisch?", fragte ich.

"Was genau?"

"Dass ich keiner Frau einen Antrag gemacht habe."

"Nein." Beruhigend strich er mir über den Kopf. "Meine Freundin hat mir erzählt, dass eine Freundin von ihr wohl eine geheime Beziehung mit ihrem Dienstmädchen führt. Die beiden lieben sich auch. Außerdem kann an liebe doch nichts komisch oder falsch sein, oder? Sie ist einfach das schönste was ich je empfunden habe und ich meine viele Menschen denken auch so." In diesem Moment hatte ich meinen Bruder mehr lieb den jeh und erdrückte ihn fast.

"Jimin.", beschwerte er sich. "Ich kriege keine Luft mehr." Dank ihm ging es mir wieder etwas besser. Immerhin wusste ich jetzt, dass wenigstens mein Bruder mich nicht komisch findet und er auf meiner Seite ist. Außerdem hatte er recht. Yoongi war nun mal ein Schuft. Wenn auch ein berechtigter Schuft mit gutem Aussehen. Ich war schließlich auch etwas hart zu ihm.

"Ich glaube nur, dass du Mutter und Vater beichten musst, dass du keine Königin erwählt hast." Mir grauste es bei dieser Vorstellung. "Oder du redest noch mal mit dem jungen Mann."

"Ich-" Ich atmete tief durch. "Ich kann beides nicht. Mutter ist der festen Überzeugung ich hätte schon vor Wochen eine Briefschacht mit meiner angeblichen Verlobten und Vater würde es nicht verstehen. Er ist so stur was die Zukunft unserer Regentschaft angeht. Und Yoongi... Er kommt nicht mehr wieder."

"Dann geh du doch zu ihm.", schlug Jihyun vor.

"Das geht nicht. Ich weiß nicht wo er lebt." So ganz stimmte das zwar nicht, aber ich konnte schlecht sagen, dass Yoongi eigentlich erst in rund 4000 Jahren geboren wird.

"Das ist durchaus ungünstig." Nun verharrten wir schweigend in meinem Bett. Keiner wusste mehr, was er sagen sollte. Ich hatte keine Lust mehr über mein klägliches Liebesleben zu reden, also wechselte ich das Thema.

"Sooooo", begann ich. Jihyun sah mich fragend an. "Du sagtest eben 'meine Freundin'. Seid ihr jetzt ein Paar?" Jihyun wurde rot.

"Ja.", beichtete er kleinlaut.

"Hallo? Erzähl!", drängte ich.

"Wir wussten schon länger von unseren Gefühlen voneinander. Das weißt du ja. Gestern als wir spazieren waren, da hat sie mich gefragt, ob wir nicht fest zusammen sein sollten." Ich umarmte meinen kleinen Bruder.

"Ich freue mich ja so für dich!"

"Aber, Jimin, findest du das nicht komisch?", fragte Jihyun.

"Was denn?"

"Na, dass sie mich gefragt hat und nicht ich sie. Normalerweise macht der Mann doch den ersten Schritt." Ich wedelte mit meiner Hand seine Bemerkung weg.

"Warum sollten nicht beide einen Schritt mach können? Es sind doch beide Menschen in der Beziehung involviert, also dürfen doch auch beide etwas dafür tun. Ich finde das süß." Jetzt umarmte Jihyun mich.

Doch mir wurde etwas klar. Es sind beide Menschen in der Beziehung involviert. Das heißt dann auch beide Menschen müssen gleich viel dafür tun und auch gleich bereit sein etwas zu tun. Anfangs hat das bei Yoongi und mir eigentlich auch geklappt. Wir haben uns beide bereit gefühlt uns küssen. Wir wollten uns beide auch inniger küssen, aber gleich heiraten? Wir waren nicht so weit. Jetzt im Nachhinein sehe ich das ein, aber in dem Moment war ich zu blind von meinen Pflichten um das zu erkennen. Ich war viel zu voreilig, auch ohne das Problem, dass Yoongi nie wieder kommt.

Von jetzt an schwöre ich mir in meiner nächsten Liebe nicht vorschnell zu handeln und lasse die Zeit bestimmen, wann der nächste Schritt angebracht ist. Wenn es denn eine nächste Liebschaft gibt.

Timetraveller | YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt