Kapitel 2

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Lange saß ich da und schlürfte an meinem Kaffee, bis er kalt war. Ich versuchte mit den Gedanken bei dem Wetter zu spielen, beim Fernsehen, beim Radfahren, beim Essen, Trinken und weiteres, doch mir fehlte die Kontrolle darüber, was mich dazu treibte an Bill zu denken.

Wie unehrlich auch immer ich versuchte mir gegenüber zu sein, ich wusste was die Wahrheit war, und diese überschlug mich ohne weiteres. Vorallem nach der Aktion gerade eben.

Gottverdammt, er war doch eigentlich perfekt. Ich schüttelte den Kopf. Nein., dachte ich. Vergiss' es, Nancy.

Pech. Er hatte sich bereits in meinem Kopf eingenistet. Seine Tattoos, die ihre Farbe verdunkeln, wenn sein schlanker Körper über mir schwitzen würde. Seine blonden Haare, die ihm völlig nass an seinen Schläfen kleben würden. Seine Hände, seine Finger, welche mich berühren würden, überall, ob zart oder genussvoll mit Druck. Seine vollen Lippen, in die sich seine schneeweißen Zähne rammen würden, und-

"Babe, aufstehen. Heute hast du keine Zeit zu schlafen.", ertönte seine Stimme vor mir und riss mich zurück in die Realität. Ich spürte, wie mir die rote Farbe den Hals hoch schoss. Wie peinlich.

Er grinste schief und legte seine leergetrunkene Tasse in die Spüle. "An was hast du denn gedacht?", fragte er entzückt. Es amüsierte ihn wahrscheinlich prächtig, wie ich auf sein plötzliches Auftauchen reagiert hatte.

Ich drehte mich weg und trank den kalten Kaffee weiter. Es war widerlich, aber ich wollte ihn möglichst nicht anschauen. Nancy, du hasst ihn! Bilde dir nichts ein!

Natürlich hasste ich ihn, aber. -Da gab es ein riesengroßes Aber. Und das Aber war er.

"Wusste ich's doch.", platzte es aus ihm heraus und plötzlich wurde mir abwechselnd heiß und kalt. Hatte er mich durchschaut? Wusste er, was ich dachte? War ich so durchschaubar?

Diesmal spürte ich nicht nur die Farbe auf meinem Gesicht sondern die Hitze, die um gefühlte 100 Grad immer weiter hoch drehte. Auf volle Kraft.

"Du willst mich.", sagte er knapp. In seiner Stimme lag Triumph. Wie selbstverliebt er doch war. Hastig, ohne sich noch einmal zu mir umzudrehen, verschwand er hinter seiner Zimmertür.

Ich schluckte und räusperte mich fast gleichzeit und stand auf. "Hör auf solchen Müll zu behaupten!", rief ich stark, doch spürte, wie meine Stimme drohte zu brechen. Ich war so nervös. so schrecklich nervös!

"Du musst nicht sauer werden, Süße!", lachte er nur. Natürlich, er machte sich lustig darüber.

"Wirklich, Blondi, pass auf, was du sagst!", schrie ich. Wut kochte in mir auf und wartete darauf zu explodieren. Meine Nervosität stellte sich schlagartig in den Hintergrund. 

Eine kurze Pause entstand, in der zu ahnen war, wie breit er grinste. "Mausi, echt, du musst mir dafür nicht danken!", rief er entgegen und lachte verkniffen.

"Arschloch!", brüllte ich und schmiss meine Tasse in die Spüle, die mit seiner zusammenstoß und laut glockte. Er lachte weiter, es hielt ihn nicht auf.

Ich graulte durch zusammengebissene Zähne. Warum?! Warum war er so?!

"Du bist so ein Mistvieh, halt einfach deine Dreckschnauze, Mann!", dröhnte ich laut und ging in die Richtung meines Zimmers.

"Hey!", ertönte es auf's Wort aus Toms Zimmer. "Verdammte Scheiße, kann man nicht mal morgens in Ruhe aufstehen ohne sich euer Gezicke anzuhören?", schrie der zweite heiser aus seinem Zimmer.

Tom war Bills Zwilling. Das totale Gegenteil. Er war schon seit 4 Jahren mit Julia zusammen und war kein widerwertiger Aufreißer wie Bill.

"Bedanke dich bei deinem Bruder!", gab ich ihm aufgebracht zur Antwort und knallte die Tür hinter mir zu. Ich lehnte mich sofort mit dem Rücken an das kalte glatte Holz der Tür und versuchte einen Gang runterzuschalten.

Ich hörte, wie Toms Zimmertür aufplatzte und er auf das Zimmer seines Bruder zusteuerte. "Musst du das machen, hm? Musst du sie jedes Mal so provozieren? Was ist falsch mit dir?", fuhr er seinen Bruder genervt an, doch sein Ton blieb relativ sanft.

Bill allerdings kicherte nur und verstand all die Aufregung überhaupt nicht. "Bleibt doch mal locker. Habt ihr beide Sexentzug? Mein Gott, scherzen darf man auch nicht mehr, oder was?", gab er von sich und seine Stimme wurde immer reizvoller.

Nicht zu glauben, was lief mit dem Kerl nicht richtig?

Ich legte meinen Kopf in den Nacken und lehnte mich an die Tür. Verzweifelt schloss ich die Augen und schürzte meine Lippen. Warum kann er bloß nicht genauso sein, wie er aussieht?

Fick ihn doch!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt