Fick ihn doch!

Kapitel 30

Auf dem Heimweg war es relativ still. Irgendwie scheiße, aber was soll's. Ich hatte außerdem vergessen im Café noch auf's Klo zu gehen, weshalb ich einen Zahn zulegte.

"Bill!" Schnelle Schritte prallten auf dem Asphalt auf und nicht nur ein Paar Füße waren zu hören.

"Oh nein.", brummte Bill und ich blickte in die Richtung.

Wer ist das denn?

"Bill, oh my god. It's you?", fragte eine und blieb im Sicherheitsabstand stehen.

"Yes.", antwortete er und setzte gezwungenermaßen ein Grinsen auf sein Gesicht. Der Gesichtsausdruck deutete auf Mitleid bei beiden und sie musterten Bill.

"Are you okay? Where is Tom?" Nagut, eigentlich waren sie echt niedlich. Zumindest sprangen sie nicht auf ihn los.

"Uhm." Er kratzte sich am Hinterkopf und blickte auf den Boden. "It's hard."

"What happened? Why did he do this?" Achso, klar. Sie wollten alles über Tom wissen.

"I don't know.", zuckte er mit den Schultern. "I really don't know. I just hope, that he'll come back soon."

"Yeah, we too.", murmelte die Blonde hinter der sonst sprechenden Brünetten. Beide waren noch sehr jung, aber waren im Gegensatz zu anderen Fans wirklich sanft und menschlich zu ihrem Idol.

"Here. It's my phone number. Call me, if you want. I'll be there for you."

Verkackt.

Das war auch schon wieder zu viel des Guten. Allerdings nahm er mit einem leichten Lächeln den Zettel entgegen.

"Thank you, girls." Und dann waren sie auch schon weg. Fragend starrte ich ihn an und schaute ihm dabei zu, wie er den Zettel ordentlich faltete und ihn in seine Hose steckte.

"Ist was?"

Ich hob die Augenbrauen. "Du willst sie nicht flachlegen?"

"Nö."

Diese Pilotenbrille. Zum Kotzen, ehrlich.

"Die waren mir zu tussihaft."

Zu Hause angekommen sperrte ich mich erstmal in der Toilette ein. Ich wollte etwas über meine erste Nacht wissen, das war Fakt. Aber wie sollte ich das anstellen?

"Hey, na? Ach übrigens, wie war's so in meiner Fotze? Eng? Habe ich laut gestöhnt?" Ich schüttelte den Kopf und schlug mir den Gedankengang aus dem Kopf. Es war doch alles scheiße.

"Jou.", erwiderte ich überrascht, als sie mir zurück auf dem Flur entgegen kam.

"Halt die Klappe, ich will duschen."

Okay.

Bill lachte kurz auf und ich blickte zu ihm.

"Was gibt's da zu lachen?", fragte ich gereizt.

"Hey, wow. Schalt mal 'nen Gang runter.", entgegnete er und zog sich den zweiten Schuh aus.

"War halt lustig."

Er ging an mir vorbei schnurstracks in die Küche.

"Ha-ha.", rief ich ihm ironisch zu und trapte ihm dann hinterher. Er nahm sich eine Dose Hundefutter aus dem Kühlschrank und machte sie auf. Mein Magen begann zu knurren.

"Stehst du auf Hundefutter?", feixte Bill und streckte mir den Deckel vor mein Gesicht. Ich wich aus und trat einen Schritt zurück.

"Ich hab Hunger.", erwiderte ich nur und fasste an meine Nase, wo er es doch tatsächlich geschafft hatte eine Spur zu hinterlassen.

Er ignorierte meine Aussage und quetschte die Dose auf dem Näpfchen von Pumba aus.

"Pumba!"

Dieser kam angewatschelt und roch an seinem Essen, schlenderte dann aber wieder zurück.

Bill wusch sich die Hände und beobachtete das Geschehen.

"Hä?"

Ich setzte mich auf eines der Stühle und klopfte mit den Fingernägeln auf der Tischoberfläche herum.

"Das geht schon seit Tagen so.", murmelte er und kratzte sich an der Brust. Er zog sein Shirt aus.

"Oh Mann, Bill.", brunmte ich nur und drehte mich weg.

"Ey, jetzt tu mal nicht so. Du hast schon viel mehr gesehen."

Ich verzog mein Gesicht und senkte meinen Kopf. Depremierend war es schon, wenn ich mir überlegte mein erstes Mal mit ihm gehabt zu haben und keinerlei Erinnerungen daran zu besitzen. Wie zur Hölle kam es überhaupt dazu?

"Verdammt, musstest du das machen?", fragte er dann und ich schaute zu ihm. Vorsichtig fuhr er mit den Fingerspitzen über sein Herrtattoo worauf ich meine kratzige Unterschrift hinterlassen hatte.

"Ja, musste ich."

"Wir verstehen uns wenig, ist mir klar. Aber Gewalt ist echt keine Lösung.", murmelte er und betrachtete das Kunstwerk.

"Krank, zu welch Furien ihr Mädels werdet. Und das nur, weil ich dich geküsst hab.", fügte er dann hinzu.

"Nur? Bill, wir sind Freunde und du-"

"Schon lange nicht mehr.", schnitt er mir das Wort ab. Ich hielt Inne und sog die Aussage ein. Ich verstand nur Eisenbahn. Als ich gerade fragen wollte, kam er mit einem Themawechsel.

"Das Shirt von Tom steht dir. Auch wenn es deine Figur nicht betont."

Er setzte sich auf einen Stuhl schräg neben mir und wartete meine Antwort ab. Das ging zu schnell. Ich kam überhaupt nicht mit. Was wollte ich noch gleich von ihm wissen? Ach genau. -Der Sex.

"Wie war ich eigentlich?"

Ich hätte mir den Kopf gegen die Wand rammen können. Noch übler konnte ich die Frage nicht stellen. Anstatt einer Antwort, wurde Bills Gesicht absolut bleich und seine Augen widmeten sich nicht mir sondern meinem Hintergrund. Ich hob meine Hand um ihm vor dem Gesicht zu winken und er griff an meinem Handgelenk.

"Tom.", hauchte er. Mein Herz setzte aus.

Was?!

Ich drehte mich um und schaute geradewegs auf die Terasse. Tatsächlich, dort war Tom. Er war alleine, ohne Koffer, sah allerdings nicht ungepflegt oder fertig aus. Im Gegensatz zu uns. Bill rannte auf die Terassentür zu und öffnete sie.

"Tom.", krächzte er diesmal und fiel seinem vermissten Bruder um den Hals. Verdammt, sah das herzzerreißen aus. Dennoch gab es einen Haken. Tom sah genervt zur Seite und machte gar keine Anstalten die Umarmung seines Zwillings zu erwidern. Als es ihm dann zu viel war, drängte er Bill langsam weg und machte sich somit den Weg frei.

Bills Augen waren glasig, seine Mundwinkel zu seltenst leicht runtergesetzt und er war nervös. Es tat mir fast leid.

Mich ignorierte Tom vollkommen. Nicht Mal für einen Augenblick schaute er mich an. Er trat an mir vorbei und sagte rein gar nichts.

Die Augen von Bill trafen die meine und wir beide dachten an das Gleiche.

Autsch.