Kapitel 28

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Das Telefon klingelte. Was ein Klischee, das war einfach mal so typisch. Mit geschlossenen Augen griff ich nach dem Handy, als genau darauf eine weitere Hand auf meiner lag. Moment, mein Handy war das ganz bestimmt nicht. Was zur Hölle?

Ruckartig drehte ich mich um und riss die Augen auf.

"Was machst du hier?", krächzte ich und rutschte einwenig von ihm weg. Gott, wir waren keinen Millimeter voneinander entfernt. Und dieses Brummen im Hirn. Was hab ich getan?

"Ehm, okay. Ist ja nicht so, dass das mein Zimmer ist.", murmelte er und hob sein Telefon ab.

"Hallo?" Er rieb sich über das Gesicht und seufzte. Warum war er in Boxer? Warum ich in Unterwäsche? Mir wurde -ohne Witz- einfach nur schlecht.

Oh nö.

Er machte den Lautsprecher an.

"-keine zwei Wochen in Malle und dann kommt so 'ne Scheiße! Wo ist der?" Georg. Wow, was für ein Blitzmerker.

"Du, Georg, das wüsste ich auch gern. Ich hab kein Plan wo der steckt.", antwortete Bill.

"Kein Plan? Habt ihr mal die Polizei verständigt? Was sagt David? Habt ihr überhaupt mal was gemacht? Ohne Scheiß, es wundert mich warum nicht einmal Nancy dir eine dafür geschossen hat. Hat die sich auch verpisst?"

"Mach mal halblang, Günther.", kam ich zu Wort.

"Ja, guten Morgen."

"Hör zu, wir sind alle pissig, aber das ist kein Grund dafür den Sündenbock zu suchen. Der wird schon wieder auftauchen."

"Leute, mal im Ernst. Was ist mit meinem Job? Soll ich Toiletten putzen?"

"Im Seniorenheim, ja.", entgegnete Bill und kassierte sich einen Klatscher auf den nackten Oberarm.

"David hat sich nicht mehr gemeldet, der kommt schon klar.", infomierte ich ihn.

"David und klarkommen? Mal abgesehen davon. -Habt ihr mal gesehen, was mit den Fans abgeht? Die schneiden sich reihenweise die Pulsadern auf.", bemerkte er gereizt und Bill schellte seinen Blick zur Seite.

"Fuck, die Fans.", zischte er.

"Und ob "Fuck, die Fans". Deine Bettgeschichten waren ja kacke genug, aber dein Bruder scheint's ja mit seinen Störungen echt toppen zu können."

"Georg, kannst du mal deinen Arsch zusammenkneifen?", griff ich ihn zischend am Hals, als ich sah, wie Bills Gedanken wieder Marathon liefen.

"Der einzige, der sich die Arschbacken zusammenkneifen sollte, ist Trottel 2.0. Und zwar noch viel früher. Biegt den Mist wieder grade, ich hab kein Bock auf der Straße zu landen." Und dann war es still. Er hatte aufgelegt. Krasser Scheiß. So viel zum Thema "Band". Selbst aus kilometerweiter Entfernung fanden sie Gründe sich gegenseitig anzufahren. Und mal nebenbei. Konnte mir echt mal jemand erklären, wie ich in nicht meinem eigenen Bett gelandet bin? Bin ich entjungfert? Und warum regte mich das nicht auf? Wie hatte er es überhaupt hingekriegt?

Tom, was hast du bloß mit mir angestellt.

Er seufzte und ich schmiss das Handy vor ihn auf das Bett. Langsam rappelte ich mich auf die Beine und suchte meine Klamotten.

"Kannst du mir übrigens mal beibringen, was ich in deinem Zimmer mit dir auf einem Bett mache?", ergriff ich dann das Wort. Ja, ich war böse. Es war ein hässlicher Themawechsel. Aber leckt mich.

"Wonach sieht es denn aus?"

Ich griff nach meinem T-Shirt und blickte ihn an.

"Ey, es ist nicht dein scheiß Ernst." Das war keine Feststellung. Viel mehr eine Frage. Oder doch eine Feststellung.

Shit. Ganz toll.

"Ich hab das Spiel gewonnen." Genau, jetzt grinste er. Richtig, das machte ihn jetzt total geil. Rücksicht auf anderes in seinem Leben war wohl überbewertet.

Ich rannte wortlos in mein Zimmer und ehe ich einen klaren Gedanken fassen konnte, klingelte auch mein Handy. Oh nö. Musste das sein? Ich hob ab.

"Hallo?"

"Nancy? Alles in Ordnung bei dir? Du hörst dich nicht gut an." Mein Boss fehlte.

Nicht geil, wenn man gleich nach dem Aufwachen in Bills hässliche Visage blicken muss. Da kann man sich auch nicht gut anhören.

"Ja.", log ich.

"Ich habe da echt schlechte Nachrichten für dich. Du musst, wenn möglich, nächste Woche zu mir ins Büro für ein geschäftliches Gespräch"

"Kannst du das nicht einfach so sagen, James?" Geschäftliches Gespräch. Oh Mann.

"Nein Nancy, so geht das nicht."

"Bin ich gefeuert oder sowas?"

"Wir müssen dich leider entlassen." Pow! Geil. Ich griff mir in die Haare. Zum ersten Mal seit Langem raste mein Herz.

"James, ehrlich?", fragte ich. Noch mehr schief laufen konnte es nicht oder? Mein Magen knurrte. Ey, was für ein beschissenes Leben war das bitte?

"Ja, ehrlich. Es tut mir wirklich leid. Aber das mit der Band... Das gibt uns keinen guten Ruf." Ich fluchte irgendwas hässliches vor mich hin und drückte mit der Faust gegen meine Stirn. Woher zum Teufel kamen diese Kopfschmerzen?

"Komm bitte trotzdem nächste Woche ins Büro, du musst einiges Unterschreiben und dir dein Arbeitszeugnis holen." Ich nickte langsam. Diese furchtbaren Schmerzen. Ich konnte nach keinem Gedanken mehr greifen. Es ist mitten in der Früh, warum wollten so viele Menschen plötzlich was? Warum meldete sich James erst jetzt? Das ging mir so verdammt nochmal auf die Nerven.

"Ja.", antwortete ich und legte auf. Gefeuert. Ich nahm tief Luft.

Keine Zeit.

Ich brauchte Kaffee. Ach nein, haha. Wir hatten ja gar keine Milch mehr. Jou rührte sich keinen Millimeter. Langsam machte sie mir Angst. War sie tot? Der Gedanke eine Leiche neben mir liegen zu haben, war echt scheußlich. Ich rüttelte sie vorsichtig.

"Jou?" Ihr Rücken zeigte zu mir. Ich schluckte.

"Jou.", versuchte ich es nochmal. Sie bewegte sich nicht und ich erinnerte mich an den Vorfall gestern Nacht, als ich ihr auf den Fuß trat. Das war so ziemlich das einzige woran ich mich von der letzten Nacht erinnerte.

"Jou, steh auf!" Das war doch wohl nicht zu viel verlangt.

"Lass mich doch mal in Ruhe, Mann. Nerv mich nicht.", zischte sie und ich seufzte erleichtert. So faul ich auch war, ich entschied mich tatsächlich mich fertig zu machen und in ein Café in die Stadt zu gehen, also ging ich auf meinen Koffer zu um mir die Klamotten rauszuholen. Jeans war da, an Oberteilen hatte ich aber nurnoch Pullover. Hier in Los Angeles wäre es Selbstmord so rauszugehen. Ich musste andere Wege gehen.

"Jou, hast du ein Shirt für mich?"

"Nerv nicht, hab ich gesagt."

Nagut. Dann Bill.

Fick ihn doch!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt